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Wirtschaftssanktionen: Was ist zu tun?

17/05/2018

Staatliche Machtdemonstrationen spielen sich längst nicht mehr nur auf politischem Parkett ab. Wirtschaftssanktionen, Handelssperren und Embargos gehörten zur Tagesordnung, wie verschiedenen Vorfälle der letzten Wochen wieder einmal deutlich gemacht haben. Auch Schweizer KMU sind tangiert.

Reto Hunsperger und Matthias Kuert

In der Schweiz ist die Rechtslage bezüglich der Auswirkung von internationalen Wirtschaftssanktionen auf Exportverträge noch nicht vollständig geklärt. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, wie am besten mit der bestehenden Rechtsunsicherheit umzugehen ist und welche Regelungen die Vertragsparteien treffen können, um die Risiken zu minimieren.

Problemstellung

Obwohl die Medien häufig von Wirtschaftssanktionen und Embargos berichten, werden die rechtlichen Konsequenzen solch einschneidender Ereignisse nur selten in Exportverträgen geregelt. Die Auswirkungen von Embargos auf konkrete Vertragsverhältnisse werden oft unterschätzt. Werden bei laufendem Vertrag Ausfuhr- oder Zahlungsverbote angeordnet, kann unter Umständen der Vertrag nicht mehr erfüllt werden, sei es weil keine Bank mehr die notwendigen Transaktionen ausführt oder weil Embargo-Verstösse drohen. Insbesondere bei Vertragsverhältnissen, deren Erfüllung während eines längeren Zeitraums geschuldet ist, erhöht sich das Risiko, dass sie von Wirtschaftssanktionen betroffen werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn neben der Lieferung eines komplexen Werks ins Ausland auch die regelmässige Wartung desselben vereinbart wird.

Rechtslage

Gemäss Schweizer Recht besteht die Möglichkeit, dass Ausfuhrsperren die Vertragserfüllung unmöglich machen und die Exporteurin von ihrer Vertragserfüllungspflicht befreien. Dies ist aber nur dann sicher der Fall, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Es muss sich um eine Ausfuhrsperre handeln, die von Schweizer Behörden angeordnet wurde.

2. Die Ausfuhrsperre muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses «nicht voraussehbar» gewesen sein.

Fehlt eine dieser Voraussetzungen, droht der Exporteurin, die versprochene Leistung erbringen zu müssen – unabhängig davon, ob dabei gegen eine Ausfuhrsperre verstossen wird und eine Sanktionierung droht. Ausfuhrsperren sind nämlich von aussen- und sicherheitspolitischen Wertungen geprägt, die bekanntlich zwischen den Staaten sehr unterschiedlich ausfallen können und denen oft kein internationaler Konsens zugrunde liegt. Aus diesem Grund wird von verschiedenen Rechtsgelehrten verlangt, dass Schweizer Gerichte nur von Schweizer Behörden angeordnete Handelsembargos beachten dürfen, nicht aber solche, die von ausländischen Behörden erlassen wurden. Ausländische Wirtschaftssanktionen, die über die schweizerischen hinausgehen, haben entsprechend nicht zwingend dieselbe befreiende Wirkung wie Schweizer Ausfuhrsperren. Vielmehr soll die Exporteurin bei ausländischen Wirtschaftssanktionen unter Umständen verpflichtet bleiben, den Vertrag zu erfüllen.

Aber auch Exportverbote, die von Schweizer Behörden erlassen werden, haben nicht immer leistungsbefreiende Wirkung. In Zeiten zunehmender «weltpolitischer Geplänkel» dürfte es immer schwieriger werden, Wirtschaftssanktionen als nicht voraussehbar zu qualifizieren. Deshalb kann sich eine Exporteurin selbst bei Schweizer Embargos nicht immer auf die unmögliche Vertragserfüllung berufen. Vor diesem Hintergrund ist vor Vertragsabschluss schwierig vorherzusagen, welche Auswirkungen eine potenzielle Ausfuhrsperre auf das zugrunde liegende Vertragsverhältnis haben wird. Fehlt eine klare Regelung im Vertrag, bleibt es für eine Exporteurin ungewiss, ob sie bei Verweigerung ihrer Leistung wegen eines Embargos im Verhältnis zu ihrem Abnehmer trotzdem einen Vertragsbruch begeht und folglich schadenersatzpflichtig wird. Darüber hinaus ist unklar, unter welchen Bedingungen eine von ihrer Leistungspflicht befreite Exporteurin die bereits empfangene Gegenleistung zurückerstatten muss. Ferner liess es das Bundesgericht bislang offen, welche Verjährungsfristen für die Rückerstattungspflicht gelten. Ebenso wenig ist entschieden, ob die Verjährung auch dann läuft, wenn aufgrund der Wirtschafssanktionen gar keine Rückerstattung stattfinden kann.

Handlungsoptionen

Gerade wegen der bestehenden Rechtsunsicherheit ist es wichtig, dass ein Exportvertrag, der Schweizer Recht unterstellt wird, eine klare Regelung betreffend die Konsequenzen nachträglich erlassener Wirtschaftssanktionen enthält. Rechtsrisiken können durch eine durchdachte Vertragsredaktion minimiert werden. Dabei sind insbesondere drei Punkte zu beachten:

1. Die Exporteurin sollte sich ein vertragliches Recht ausbedingen, den Vertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen, sobald eine schweizerische oder ausländische Wirtschaftssanktion angeordnet wird. Wichtig ist dabei, dass jegliche Pflicht zur Bezahlung von Schadenersatz ausgeschlossen wird.

2. Für den Fall, dass eine teilweise Erfüllung möglich ist (z.B. Lieferung eines Werks und spätere Wartung desselben), sollte im Vertrag auch die Möglichkeit einer teilweisen Kündigung vorgesehen werden (z.B. hinsichtlich der Wartungsleistungen), wobei die bereits erfolgten Lieferungen gültig und das hierfür vereinbarte Entgelt geschuldet bleibt.

3. Schliesslich sollten die Parteien vereinbaren, dass der Anspruch auf Rückerstattung der zu viel bezahlten Vergütung (z.B. im Kaufpreis enthaltene Entschädigung für spätere Wartung) nur entsteht, falls eine entsprechende Rückzahlung möglich ist (z.B. erst nach Aufhebung der Wirtschaftssanktionen).

Artikel aus der Zürcher Wirtschaft | Ratgeber

Veröffentlichung
Zürcher Wirtschaft Ratgeber Mai 2018
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Reto Hunsperger, LL.M.
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Zürich
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Dr. Matthias Kuert, LL.M.
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Dr. iur. Susanna Gut