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Demokratisierung von Grundeigentum in der Schweiz durch Tokenisierung?

Spätestens seit der Welle an sogenannten Initial Coin Offerings (ICOs) insbesondere in den Jahren 2017 – 2018 gilt die Schweiz mit ihrem Crypto Valley und dem regulatorisch technologieneutralen Ansatz der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA als Vorreiterin für die Ausgabe von Token basierend auf der Distributed Ledger Technologie (DLT). Während in den Anfängen insbesondere die sogenannten Zahlungs- und Nutzungs-Token im Vordergrund standen, hat sich der Marktfokus zwischenzeitlich gerade auch auf die sogenannten Anlage-Token verlagert. Anders als bei den Zahlungs- oder Nutzungs-Token steht bei den Anlage-Token der Investitionsgedanke im Vordergrund, indem sie Vermögenswerte, wie Anteile an Realwerten, Unternehmen, Erträgen oder Ansprüche auf Dividenden oder Zinszahlungen, repräsentieren.

Gerade hinsichtlich der Ausgabe und Übertragung von Anlage-Token besteht seit dem Inkrafttreten der neuen schweizerischen DLT-Gesetzgebung im Jahr 2021 eine erhöhte Rechtssicherheit, indem neu die sogenannten Registerwertrechte eingeführt wurden. Diese Registerwertrechte entstehen durch die Eintragung in ein elektronisches Register, das bestimmte Anforderungen an die Funktionssicherheit und Integrität sowie an die Informationstransparenz für die Beteiligten erfüllt. Die rechtliche Neuerung besteht darin, dass die Eintragungen im elektronischen Register die gleiche Funktionalität und den gleichen Rechtsschutz wie physische Wertpapiere aufweisen.

Angesichts des soliden schweizerischen Rechtsrahmens für Anlage- Token einerseits und der stetig steigenden Kosten von Grundeigentum in der Schweiz andererseits lässt sich zu Recht fragen, ob die Tokenisierung von Grundeigentum als Ganzes oder in Anteilen (fractions) eine Möglichkeit darstellt, um dieses zu demokratisieren und einem breiteren Investitionspublikum zugänglich zu machen.

Da die Übertragung von Grundeigentum eines entsprechenden Eintrags im Grundbuch bedarf und ein solcher bislang nicht automatisiert, sondern händisch vorgenommen wird, kann mittels eines kryptographischen Tokens selbst nach geltendem schweizerischem Recht kein Grundeigentum direkt vermittelt, respektive übertragen werden. Dies könnte sich im Rahmen einer denkbaren Gesetzesänderung insbesondere dann ändern, wenn ein elektronisches Grundbuch mit DLT Wertrechteregistern gekoppelt werden kann. Zu diskutieren ist zudem die Tokenisierung von Schuldbriefen.

Mangels der Möglichkeit der direkten Tokenisierung von Grundeigentum nach geltendem schweizerischem Recht wird beispielsweise auf Strukturen ausgewichen, bei denen entweder die Aktien von Immobiliengesellschaften tokenisiert werden oder der Tokenhalter eine Forderung gegenüber dem Emittenten auf den Wert oder auf einen Bruchteil des Werts einer oder mehrerer Immobilien hat. Bei solchen Strukturierungen wird im Normalfall allerdings stringent darauf geachtet werden müssen, dass die Ausgabe der entsprechenden Token nicht in den Regulierungsbereich des Kollektivanlagenrechts fällt und unbeabsichtigt mögliche Lizensierungspflichten ausgelöst werden.

Soweit solche regulatorischen Hindernisse inklusive der Vorgaben der Lex Koller umschifft werden können, kann die indirekte Tokenisierung von Grundeigentum einer breiteren Schicht von Investoren zumindest die Partizipation am Wertzuwachs ermöglichen und somit zu einer gewissen Demokratisierung des Immobilienmarktes beitragen.

Dieser Artikel wurde von unseren Fintech und Real Estate Spezialistinnen Tina Balzli und Dr. Sibylle Schnyder verfasst. Nachfolgend finden Sie den Artikel zum Download. 

Akkreditierung: Mit freundlicher Genehmigung der MV Invest AG. Dieser Artikel wurde zuerst im IMMO Magazin veröffentlicht (erschienen Januar 2022). 

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Demokratisierung von Grundeigentum in der Schweiz durch Tokenisierung?
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Hauptansprechpartner

Tina Balzli, LL.M. (NYU), LL.M. (NUS)
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Head of Fintech & Blockchain, CMS Switzerland and Co-Head of the CMS Crypto, Digital Assets and FinTech International Focus Group
Zürich
T +41 44 285 11 11
Dr. Sibylle Schnyder, LL.M.
Partnerin
Fachanwältin SAV Bau- und Immobilienrecht
Zürich
T +41 44 285 11 11

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