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Erbrecht 2017: Neuerungen für Stifter und Begünstigte

08/11/2016

Mit dem neuen Erbrecht hält die Privatstiftung erstmals Einzug in das altehrwürdige ABGB, und dies nicht ausschließlich zur Freude von Stiftern und Begünstigten. Die neue Gesetzeslage stärkt einerseits die Privatstiftung als Methode der Nachlassplanung, fordert aber gleichzeitig eine stärkere Berücksichtigung von Pflichtteilsansprüchen. Stiftern und Begünstigten ist zu raten, die Konsequenzen der Erbrechtsreform, die am 1.1.2017 in Kraft tritt, rechtzeitig zu berücksichtigen.

1. Wie bisher: Zuwendung an Privatstiftungen als hinzurechenbare Schenkung

Nach gegenwärtiger wie neuer, ab 1.1.2017 anwendbaren Rechtslage ist die Privatstiftung im erbrechtlichen Sinne ein „Dritter“, dh sie ist grds weder dem Stifter noch einer pflichtteilberechtigten Person zuzurechnen. Zur Berechnung der Pflichtteile sind Vermögenswidmungen an eine Privatstiftung daher nur nach Maßgabe der 2-Jahresfrist vor dem Ableben des Verstorbenen dem Nachlass pflichtteilserhöhend „zuzurechnen“. Widmete der Erblasser daher vor dieser Frist sein Vermögen der Privatstiftung, konnte er grundsätzlich davon ausgehen, dass weder die Stiftung noch die Begünstigten Unternehmensvermögen oder Anteile veräußern mussten, um Pflichtteilsansprüche zu befriedigen und konnte so in weitgehend freier Gestaltung den Zusammenhalt des Vermögens in der nächsten Generation sichern.

Als Ausnahme hiervon ist der Vorbehalt eines (umfassenden) Änderungs- und Widerrufsvorbehalts seitens des Stifters zu nennen. In diesen Fällen nahm die Rechtsprechung an, dass das „Vermögensopfer“ des Stifters noch nicht erbracht war, daher die genannte 2-Jahresfrist noch nicht zu laufen begann. Diesfalls berechnete sich der Pflichtteil der Erben im Ergebnis am Nachlassvermögen zusätzlich des an die Privatstiftung gewidmeten Vermögens, und die Erben konnten etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche direkt gegen die Privatstiftung richten. Diese Rechtsprechung gilt weiterhin und hat nunmehr eine ausdrücklich gesetzliche Grundlage erhalten.

2. Neu: Berücksichtigung der Einräumung einer Begünstigtenstellung

Wesentlicher Unterschied zur bisherigen Rechtslage ist allerdings die Berücksichtigung der Einräumung einer Begünstigtenstellung als Schenkung. Das Gesetz unterstellt hier, dass jede Einräumung einer Begünstigtenstellung ein Geschenk des Stifters an den jeweiligen Begünstigten ist. Ist der Begünstigte nach dem Stifter pflichtteilsberechtigt, bspw sein Kind oder auch sein Enkelkind, sind Schenkungen bei der Pflichtteilsberechnung dem Nachlass zeitlich unbefristet hinzuzurechnen. Wenn der (übrige) Nachlass nicht ausreicht, um alle Pflichtteilsansprüche zu decken, bspw weil ein Kind des Stifters oder seine Ehefrau nicht Begünstigte der Privatstiftung sind, können die verkürzten Pflichtteilsberechtigen Ansprüche gegen die (pflichtteilsberechtigten) Begünstigten der Privatstiftung geltend machen.

Bedenkt man, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Bewertung einer Begünstigtenstellung alle Zuwendungen, die der Begünstigte erhalten hat und erhalten wird, zu berücksichtigen sind, können solche Ansprüche der Pflichtteilsberechtigten gegen die begünstigten Pflichtteilsberechtigten eine beträchtliche Höhe der Vermögenssubstanz der Privatstiftung erreichen. Dies auch dann, wenn die Begünstigten nicht über die Höhe der Ausschüttungen an sie bestimmen können.

Ungeklärt sind in diesem Zusammenhang auch zahlreiche praktische Fragen, etwa wie die vom Gesetzgeber etwas naive Unterstellung, dass sämtliche zukünftigen Ausschüttungen an Begünstigte so einfach bewertet werden können, oder wie die Rechtslage ist, wenn es mehrere Stifter gibt. Zumal nach neuer Rechtslage auch Schenkungen an „abstrakt“ Pflichtteilsberechtigte zeitlich unbefristet anrechenbar sind, stellt sich auch die Frage, ob bspw aktuell oder auch nur potentiell begünstige Enkel des Stifters, mögen diese auch noch nicht volljährig sein, zur Pflichtteilsdeckung beizutragen haben, nur weil die Stiftung in Zukunft voraussichtlich Ausschüttungen an sie tätigen wird.

3. Neu: Einräumung einer Begünstigtenstellung dient jedenfalls der Pflichtteilsdeckung

Als Stärkung der Privatstiftung in der Nachlassplanung kann die neue gesetzliche Regelung betrachtet werden, wonach der Pflichtteil nicht in Geld zu hinterlassen ist, sondern auch durch sonstige Zuwendungen, denen Bedingungen oder Belastungen anhaften, gedeckt werden kann. Ausweislich der Regierungsvorlage kann der Pflichtteil daher nunmehr jedenfalls durch die Einräumung einer Begünstigtenstellung erfüllt werden. Dies erlaubt Gestaltungen, in denen zB alle Pflichtteilsberechtigten als Begünstigte der Stiftung, aber mit unterschiedlich hohen Begünstigungsquoten festgesetzt werden. Generell wird man aber nach unserer Einschätzung bei Gestaltungen, in denen Pflichtteilsberechtigten lediglich ein unsicherer oder mit Belastungen versehener Anspruch zugedacht wird, behutsam zu prüfen haben, ob derartige Gestaltungen nicht sittenwidrig oder missbräuchlich sind bzw gegen auch verfassungsrechtlich verankerte Rechte der Pflichtteilsberechtigten verstoßen. Als gesetzliche Grundwertung erscheint uns in diesem Zusammenhang auch die Bestimmung, dass Pflichtteilsansprüche 5 bzw bei besonders berücksichtigungswürdigen Gründen maximal 10 Jahre gestundet werden können stets beachtenswert.

Näheres zu diesen und weiteren Fragestellungen der Erbrechtsreform findet sich im jüngst von CMS Reich-Rohrwig Hainz herausgegebenen Buch „Erbrecht 2017 – Richtig vererben, Fehler vermeiden“.

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