23/09/2021
Restrukturierungsverfahren
Allgemeines Mit dem mit 17. Juli 2021 in Kraft getretenen Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (RIRL-UG) wurde die Restrukturierungsrichtlinie (RIRL) in Österreich umgesetzt. Das Herzstück dieses Gesetzes ist die Einführung der Restrukturierungsordnung (ReO). Dadurch soll ein europaweit harmonisierter präventiver Restrukturierungsrahmen in Österreich geschaffen werden. Dieses vorgelagerte Restrukturierungsverfahren soll bestandfähigen Unternehmen die Möglichkeit einer finanziellen Restrukturierung bieten, um so eine Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Wer hat Zugang? Juristische Personen und natürlich Personen, soweit diese ein Unternehmen betreiben, können als Schuldner ein Restrukturierungsverfahren beantragen, wenn eine Insolvenz wahrscheinlich ist. Eine Insolvenz gilt als wahrscheinlich, wenn der Bestand des Unternehmens des Schuldners ohne Restrukturierung gefährdet wäre, insbesondere bei drohender Zahlungsunfähigkeit. Wahrscheinliche Insolvenz wird bei Erreichen der URG-Kennzahlen (Eigenmittelquote unter 8 % und fiktive Schuldentilgungsdauer über 15 Jahre) vermutet. Vom Anwendungsbereich ausgenommene Schuldner sind u. a. natürliche Personen (soweit diese kein Unternehmen betreiben), Versicherungsunternehmen, Pensionskassen, Wertpapierfirmen oder öffentliche Stellen. Wie erfolgt die Einleitung? Ein gerichtliches Restrukturierungsverfahren kann nur auf Antrag des Schuldners eröffnet werden. Der Schuldner hat das Vorliegen der wahrscheinlichen Insolvenz im Antrag darzulegen. Dem Antrag beizufügen sind insbesondere ein Restrukturierungskonzept bzw. ein Restrukturierungsplan, ein Finanzplan für die folgenden 90 Tage und (bei Schuldnern, die zur Aufstellung verpflichtet sind) Jahresabschlüsse der letzten 3 Jahre. Reicht der Schuldner lediglich ein Restrukturierungskonzept ein, so hat er binnen einer vom Gericht festzusetzenden Frist von höchstens 60 Tagen einen Restrukturierungsplan (siehe dazu genauer unten) vorzulegen. Die ReO sieht für die Durchführung des Verfahrens grundsätzlich die Eigenverwaltung des Schuldners vor. Das Gericht kann jedoch dem Schuldner während laufenden Verfahrens die Vornahme gewisser Rechtshandlungen ohne Zustimmung des Gerichts oder eines allfälligen Restrukturierungsbeauftragen verbieten. Der Schuldner hat gemeinsam mit dem Antrag grundsätzlich einen Kostenvorschuss zur Deckung der Anlaufkosten des Verfahrens sowie der Entlohnung des Restrukturierungsbeauftragten zu erlegen. Restrukturierungsplan als Herz des Verfahrens
Das Kernstück des Restrukturierungsverfahrens ist der Restrukturierungsplan. In diesem hat der Schuldner insbesondere die konkreten Restrukturierungsmaßnahmen, die Laufzeit sowie die Auswirkungen der Restrukturierung darzulegen. Weiters hat dieser einen Finanzplan, eine bedingte Fortbestehensprognose und eine Vergleichsrechnung zu Insolvenzszenarien zu enthalten. Der Schuldner hat im Restrukturierungsplan einen Vorschlag für die Auswirkungen der Restrukturierung, insbesondere den angestrebten Schuldenschnitt, auf die verschiedenen Gläubigerklassen darzulegen. Folgende Klassen können in den Plan einbezogen werden: besicherte Gläubiger unbesicherte GläubigerAnleihegläubiger schutzbedürftige Gläubiger (mit Forderungen unter EUR 10.000)nachrangige GläubigerForderungen von (aktuellen oder ehemaligen) Arbeitnehmern, Forderungen zur betrieblichen Vorsorge, nach Verfahrenseinleitung entstehende Forderungen, Forderungen auf gesetzlichen Unterhalt sowie Geldstrafen wegen strafbarer Handlungen sind nicht vom Restrukturierungsplan umfasst.
Zur Annahme des Restrukturierungsplans bedarf es der Mehrheit der (bei der Tagsatzung anwesenden) betroffenen Gläubiger in jeder Klasse (Kopfmehrheit) sowie einer Kapitalmehrheit von 75 % der (bei der Tagsatzung anwesenden) betroffenen Gläubiger in jeder Klasse. Wurde ein Restrukturierungsplan mit den erforderlichen Mehrheiten angenommen, bedarf er zusätzlich der gerichtlichen Bestätigung. Lehnt eine Gläubigerklasse den Restrukturierungsplan ab, kann das Gericht den Restrukturierungsplan auf Antrag des Schuldners dennoch bestätigen (klassenübergreifender Cramdown). Ein ablehnender Gläubiger kann eine Überprüfung beantragen, ob er durch den Restrukturierungsplan schlechter gestellt würde als in einem Insolvenzverfahren nach der Insolvenzordnung (Kriterium des Gläubigerinteresses). Wurde ein solcher Antrag gestellt, darf das Gericht einen angenommenen Restrukturierungsplan nur bei Erfüllung dieses Kriteriums bestätigen.
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