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Zum Schadenersatzanspruch auf Verdienstentgang des verletzten GmbH-Gesellschafters

26/08/2016

Der verletzte Alleingesellschafter einer GmbH hat nur Anspruch auf Ersatz des ihm entgangenen Gewinnes der GmbH und nicht auf Ersatz der von der Gesellschaft getragenen Kosten für Ersatzkräfte. Für den Verdienstentgang ist die Verminderung seines Gewinnanteils an der Gesellschaft maßgeblich.

Die GmbH selbst ist bezüglich des Schadens, den der Gesellschafter an absoluten Rechten erleidet, lediglich mittelbar geschädigter Dritter, sodass der unfallbedingte Erwerbsausfall eines mitarbeitenden Gesellschafters nur diesem als unmittelbar Geschädigtem soweit zu ersetzen ist, als er sich in einer Verringerung seines Anteils am Gewinn der GmbH niederschlägt.

Der klagende Alleingesellschafter einer GmbH wurde als Radfahrer bei einem vom Erstbeklagten allein verschuldeten Verkehrsunfall verletzt. Er begehrte u.a. eine Verdienstentgangsentschädigung für die Jahre 2009 bis 2011 von jeweils netto mehr als € 100.000,- jährlich (insgesamt rund € 447.000,- s.A.) sowie eine monatliche Rente von € 19.500,- (brutto) ab 1.1.2013. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise, das Berufungsgericht ganz überwiegend Folge. Das Berufungsgericht lehnte allerdings die Wertsicherung der Rente ab dem Jahr 2013 ab, der OGH hingegen sprach die Wertsicherung zu.

Ferner lehnte der OGH die Einwände der Beklagten über die mangelnde Fälligkeit des Schadenersatzanspruchs ab: Selbst wenn nämlich – sofern ein Gewinnausschüttungsbeschluss in der GmbH überhaupt nötig ist (vgl § 35 Abs 1 Z 1, § 82 Abs 1 GmbHG) – ein solcher noch nicht gefasst wurde, hat der Gesellschafter immerhin einen durch den Ausschüttungsbeschluss bedingten Anspruch.

Ferner sind die in einer GmbH vor dem Unfall des Gesellschafters vorhandenen bzw erwirtschafteten Bilanzgewinne auch dann zur Bemessung des ihm unfallbedingt verminderten Anteil am Gesellschaftsgewinn entstehenden Verdienstentgangs des Gesellschafters heranzuziehen, wenn diese Bilanzgewinne vor dem Unfall nicht ausgeschüttet wurden oder vor dem Unfall nicht fällig waren. Der OGH verweist diesbezüglich auf den deutschen BGH (VersR 1977, 374 = NJW 1977, 1283), der u.a. ausführt:

„Vielmehr geht es hier allein um die richtige Bemessung des Schadens, die seinem eigenen (Gesellschafter-) Vermögen durch die Einbußen im Gesellschaftsvermögen vermittelt worden ist, und zwar unter Anlegung allgemeiner schadenrechtlicher Wertungsmaßstäbe, die es hier rechtfertigen, den Schädiger für den Umfang des zu ersetzenden Schadens nicht an den gesellschaftsinternen Faktoren, welche die Ausweisung des entzogenen Wertes, des entgangenen Gewinnes in der Bilanz der Gesellschaft beeinflussen, teilhaben zu lassen (…). Damit wird nicht die rechtliche Verselbstständigung der „ein-Mann-Gesellschaft“ gegenüber dem Alleingesellschafter gelockert, sondern lediglich auf die Bedeutung zurückgeführt, die die bei der Lösung von Schadenersatzfragen gebotene wirtschaftliche Betrachtung erfordert.“

Der BGH hat an dieser seiner Rechtsprechung ausdrücklich festgehalten (BGH NJW-RR 1989, 684). Der OGH ergänzte: Es geht darum, ob vor dem Unfall vorhandene Bilanzgewinne – seien sie nun vor dem Unfall ausgeschüttet worden oder nicht – zur Bemessung des durch den Unfall verursachten Verdienstentgangs des verletzten Gesellschafters heranzuziehen sind. Der OGH führte dazu ferner aus:

Die in einer GmbH vor dem Unfall des Gesellschafters vorhandenen bzw erwirtschafteten Bilanzgewinne sind auch dann zur Bemessung des im unfallbedingt verminderten Anteil am Gesellschaftsgewinn bestehenden Verdienstentgangs des Gesellschafters heranzuziehen, wenn diese Bilanzgewinne vor dem Unfall nicht ausgeschüttet wurden bzw vor dem Unfall nicht fällig waren (OGH 2 Ob 27/16h).

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Johannes Reich-Rohrwig
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Wien