Mit 1. Jänner 2017 trat das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz in Kraft. Die modifizierten Bestimmungen führen zu einer ausgeweiteten Haftung als Bürge und Zahler – erstmals auch für private Auftraggeber. Auftraggebern und Generalunternehmern ist daher dringend zu raten, ihre bestehenden Bauverträge entsprechend anzupassen und sich nach Möglichkeit einen vertraglichen Regressanspruch zu sichern. Dafür bestehen vertraglich verschiedene Möglichkeiten.
Mit der Novelle zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) wurden die wesentlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping aus dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) und Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) herausgelöst und ein formal neues Gesetz geschaffen.
Vorrangiges Ziel der Vorschriften des novellierten Gesetzes ist es, den Entgeltanspruch aller in Österreich tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen. Nicht nur die Unterentlohnung selbst steht dabei unter beträchtlicher Strafandrohung (EUR 1.000 bis EUR 50.000 im Wiederholungsfall), sondern auch Handlungen, die eine Kontrolle erschweren oder vereiteln. Erfasst sind gleichermaßen Arbeitnehmer von inländischen und ausländischen Arbeitgebern.
Neben der Verpflichtung zum Mindestentgelt sowie Verwaltungsstrafbestimmungen bei Unterentlohnung enthält das neue Gesetz auch drei Haftungstatbestände: die Haftung für Entgeltansprüche eines Arbeitnehmers, der von einem Drittstaat nach Österreich entsandt wurde (§ 8 LSD-BG), die Haftung eines Auftragnehmers eines öffentlichen Auftraggebers, der seine Subunternehmer im Vergabeverfahren nicht bekannt gegeben hat (§ 10 LSD-BG). sowie eine nun neue erweiterte Auftraggeberhaftung (§ 9 LSD-BG). Während die beiden ersten Haftungstatbestände im Wesentlichen schon im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz enthalten waren, wurde die Bestimmung des § 9 LSD-BG in Umsetzung des Art 12 der Durchsetzungs-Richtlinie zur Entsende-Richtlinie (2014/67/EU) neu geschaffen.
- Nach dem nunmehrigen § 8 LSD-BG haftet ein inländischer Auftraggeber als Unternehmer für die Entgeltansprüche der von Arbeitgebern mit Sitz in einem Drittstaat entsandten Arbeitnehmer als Bürge und Zahler (§ 1357 ABGB). Dies bedeutet, dass Arbeitnehmer frei wählen können, ob sie ihre offenen Entgeltansprüche vom ausländischen Arbeitgeber oder vom österreichischen Auftraggeber einfordern. (Eine Haftungserleichterung gilt nach dem zweiten Absatz der Norm nur im Falle einer Arbeitskräfteüberlassung, wobei im Detail auf die Bestimmung des § 14 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz und vergleichbare österreichische Rechtsvorschriften verwiesen wird.)
- Auch § 10 LSD-BG sieht nun eine Haftung als Bürge und Zahler vor: So haftet ein Generalunternehmer, der Auftragnehmer öffentlicher Auftraggeber ist, für die aus dem Inlandseinsatz zustehenden Entgeltansprüche der vom jeweiligen Subunternehmer eingesetzten Arbeitnehmer als Bürge und Zahler, wenn er zumindest einen Teil seines Auftrags entgegen bestehender Rechtsvorschriften oder einer vertraglichen Vereinbarung an einzelne innerhalb der EU, EWR oder Schweiz niedergelassene Unternehmen weitergegeben hat. Ob der Subunternehmer die Arbeitnehmer gewöhnlich in Österreich einsetzt oder diese nach Österreich entsendet oder überlässt, ist für die Frage der Haftung irrelevant¹. Jedoch trifft die eben genannte Haftung auch Subunternehmer, die zumindest einen Teil des Auftrags in unzulässiger Weise an Unternehmen innerhalb Österreichs oder Unternehmen mit Sitz im EU/EWR-Raum oder in der Schweiz weitergeben.
Nach alter Rechtslage konnte der Generalunternehmer gemäß § 1355 ABGB hingegen erst dann belangt werden, wenn der ausländische Auftraggeber seine Verbindlichkeit nicht erfüllt hatte². - Die neue, zentrale Norm ist aber § 9 LSD-BG, der nun eigene Haftungsbestimmungen für den Baubereich vorsieht. Demnach haften nun Unternehmen, die mit Bauarbeiten beauftragt werden und dafür Fremdfirmen einsetzen, als Bürge und Zahler nach § 1357 ABGB für Mindestentgeltansprüche und BUAG-Zuschläge von Arbeitnehmern, die von einem Auftragnehmer entsandt oder grenzüberschreitend überlassen wurden. Für Auftraggeber, die selbst nicht Auftragnehmer der beauftragten Arbeiten sind, gilt, dass diese nur dann haften, wenn sie vor der Beauftragung von der Nichtzahlung des Entgelts wussten oder dies auf Grund offensichtlicher Hinweise ernsthaft für möglich halten mussten und sich damit abfanden. Es besteht daher auch eine Haftung des Endkunden, wenn diesem erkennbar war oder erkennbar sein musste, dass der Auftragnehmer seine Arbeitnehmer nicht vollständig entlohnen wird. Gibt hingegen ein Auftragnehmer einen Auftragsteil an einen Subunternehmer weiter, kommt es für die Haftung des Auftragnehmers auf die Erkennbarkeit der nicht vollständigen Entlohnung nicht an.
Neu: Auch private Auftraggeber können betroffen sein
Die neu geregelten Haftungen bei der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping sind etwas unübersichtlich und für den Nicht-Juristen nicht leicht verständlich. Wir empfehlen jedoch dringend auch Privatpersonen, sich mit den neuen Haftungsbestimmungen zu befassen, da mit der Auftraggeberhaftung des § 9 LSD-BG erstmals eine Haftungsgrundlage besteht, die durchaus auch private Auftraggeber treffen kann.
Aufgrund der nun geltenden verschärften Rechtslage sollten daher Auftraggeber, Generalunternehmer sowie weiterbeauftragende Auftragnehmer jedenfalls danach trachten, dass allfällige Ansprüche der Arbeitnehmer nach dem LSD-BG durch einen durchsetzbaren vertraglichen Regressanspruch gegen die nicht vollständig entlohnende Vertragspartei abgesichert werden: Dafür kommen insbesondere
- die Vereinbarung eines Deckungs- oder Haftrücklasses (also durch Einbehalte vom an sich fälligen Entgelt) sowie
- die Besicherung durch eine abstrakte Bankgarantie
in Frage. Auch die Vereinbarung von sachgerecht zu bemessenden Vertragsstrafen für den Fall eines Verstoßes des Arbeitgebers gegen die bestehenden gesetzlichen Entgeltzahlungspflichten ist eine Möglichkeit.
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¹ 1111 der Beilagen XXV. GP 10.
² vgl Rechtslage bis 31.12.2016, § 7c Abs 2 AVRAG.
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