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Auf einen Blick: Compliance-Regelungen gemäß Börsegesetz und ECV 2007

2012-01

Unternehmen wurden in den letzten Jahren einer Vielzahl von Regulierungen und Anforderungen hinsichtlich einer stärkeren Kontrolle und Reglementierung unternehmensinterner Prozesse ausgesetzt. In diesem Zusammenhang ist in der Praxis immer häufiger vom Begriff „Compliance“ die Rede. Dieser umfasst generell die strukturierte Überwachung der Unternehmensorganisation im Hinblick auf die Einhaltung gesetzlicher Regelungen

Der kapitalmarktrechtliche Compliance-Begriff umfasst die Summe interner präventiver Organisationsmaßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs von Insiderinformationen sowie Grundsätze für die Weitergabe vertraulicher Informationen im Unternehmen. Rechtsgrundlagen kapitalmarktrechtlicher Compliance sind das Börsegesetz („BörseG“) und die Emittenten-Compliance-Verordnung 2007 („ECV“). Die Compliance-Regelungen des BörseG richten sich an Emittenten, Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Pensionskassen, jene der ECV an Emittenten, deren Aktien oder aktienähnliche Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt im Inland zugelassen sind.

Bis zum Inkrafttreten der Novelle zur ECV am 1. Februar 2012 waren Organisationsmaßnahmen in Bezug auf Insiderinformationen Gegenstand der ECV. Mit der Novelle wurde nun der neue Begriff von „Compliance-relevanten Informationen“ geschaffen, der über Insiderinformationen hinaus auch sonstige Informationen umfasst, die vertraulich und kurssensibel sind. Seit 1. Februar 2012 unterliegen demnach auch für Compliance relevante Informationen dem Compliance-Regime und sind in unternehmensinterne Präventivmaßnahmen miteinzubeziehen.

Der Begriff „Insiderinformation“

Eine Insiderinformation ist jede „öffentlich nicht bekannte, genaue Information, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten von Finanzinstrumenten oder ein Finanzinstrument betrifft und die, wenn sie öffentlich bekannt wäre, geeignet wäre, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder sich darauf beziehender derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen, weil sie ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde“.

Pflichten der Emittenten zur Vermeidung von Insiderhandel

Gemäß BörseG hat jeder Emittent zur Hintanhaltung von Insidergeschäften

  • seine Dienstnehmer und sonstige für ihn tätige Personen über das Verbot des Miss-brauchs von Insiderinformationen zu unterrichten,
  • interne Richtlinien für die Informationsweitergabe im Unternehmen zu erlassen,
  • deren Einhaltung zu überwachen und
  • geeignete organisatorische Maßnahmen zur Verhinderung einer missbräuchlichen Verwendung oder Weitergabe von Insiderinformationen zu treffen.

Gemäß ECV sind Emittenten verpflichtet, im Unternehmen eine interne Compliance-Richtlinie zu erlassen und den Mitgliedern der Geschäftsleitung, den Arbeitnehmern und den sonst für den Emittenten tätigen Personen, die nach allgemeiner Erfahrung typischerweise Insiderinformationen (und seit 1. Februar 2012 Compliance-relevante Informationen) erlangen und daher einem Vertraulichkeitsbereich angehören, zur Kenntnis zu bringen. Weiters sind Emittenten verpflichtet, Vertraulichkeitsbereiche zu ermitteln und in der Compliance-Richtlinie festzuhalten. Als ständige Vertraulichkeitsbereiche gelten insbesondere der Aufsichtsrat, die Geschäftsleitung, der Zentralbetriebsrat, die Gesamtheit der im Unternehmen des Emittenten gewählten Betriebsräte (sofern nicht ein Zentralbetriebsrat besteht), sowie die für Controlling, Finanzen, Rechnungswesen und Kommunikation zuständigen Unternehmensbereiche.

Präzisierung von Compliance-Regeln durch das Rundschreiben der FMA

Die österreichische Finanzmarktaufsicht („FMA“) hat weiters am 6. Februar 2012 ein Rundschreiben zu den Compliance-Regelungen gemäß BörseG und ECV veröffentlicht, welches einzelne Regelungen betreffend Compliance im BörseG und der ECV aus der Sicht der FMA präzisiert:

Nach Ansicht der FMA ist es unbedingt erforderlich sicherzustellen, dass bereits Compliance-relevante Informationen, also vertrauliche und kurssensible Informationen, den Regelungen der ECV unterstellt werden – auch wenn sie noch nicht die Eigenschaften einer Insiderinformation besitzen. Im Gegensatz zu Insiderinformationen weisen Compliance-relevante Informationen noch nicht kumulativ die Eigenschaft der erheblichen Kursrelevanz sowie der Genauigkeit, wie zum Beispiel die hinreichende Wahrscheinlichkeit und Bestimmtheit, auf, die für die Qualifikation als Insiderinformation wesentlich wären. Gemäß Rundschreiben der FMA sind Informationen, bei denen ein verständiger Investor bei sorgfältiger Betrachtung und Erwägung aller Umstände ausschließen würde, dass sich diese Informationen in Zukunft zu Insiderinformationen entwickeln bzw. für einen Insider-Sachverhalt relevant sein könnten, keine vertraulichen, kurssensiblen Informationen.

Auswirkungen auf die Praxis

Als Teil seiner Leitungspflicht trifft den Vorstand von Emittenten eine Pflicht zur Unternehmenskontrolle, wobei entsprechend eingerichtete Kontroll-systeme Werkzeuge zur Haftungs-vermeidung für Emittenten darstellen. Das Rundschreiben der FMA beinhaltet konkrete Empfehlungen im Hinblick auf die Umsetzung von Compliance-Regelungen des BörseG und der ECV. Diese sind bei der Einrichtung von Compliance-Systemen in Unternehmen, so z.B. durch Schulung und Unterrichtung von Mitarbeitern, möglichst genau einzuhalten.

Autoren

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Martin Zuffer
Partner
Wien