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EU-Verbriefung neu: Einfach, transparent und standardisiert

07/12/2018

Seit der Finanzkrise haftet so genannten Verbriefungen ein wahrlich schlechter Ruf an. Da sie für Unternehmen jedoch ein ideales Finanzierungsinstrument darstellen, galt es für die EU die Verbriefungsmärkte wiederzubeleben – aber natürlich unter einem neuen Regelwerk.

Deshalb tritt am 1. Jänner 2019 die EU-Verbriefungsverordnung (Verordnung (EU) 2017/2402 vom 12. Dezember 2017) in Kraft. Gegenstand dieser Verordnung ist die Schaffung sogenannter "STS-Verbriefungen": Das heißt Verbriefungen sollen einfach, transparent und standardisiert ("simple, transparent and standardised") ausgestaltet werden.

Damit werden europäischen Unternehmen weitere und umfangreichere Finanzierungsquellen eröffnet. Die Entlastung der Bankbilanzen, die aus einer verstärkten Verbriefungsaktivität resultiert, soll zudem eine Ausweitung der Darlehensvergabe an die Realwirtschaft ermöglichen.

Fehler der Vergangenheit

Die Verbriefung gebündelter Forderungen war bereits in der Vergangenheit ein beliebtes Finanzinstrument. Aufgrund mangelnder Transparenz gilt sie jedoch als Mitverursacher der Finanzkrise im Jahr 2008. Damals haben Kreditinstitute de facto wertlose Forderungen verbrieft, abgetreten und über Zweckgesellschaften (SPVs) als Wertpapiere an Anleger vertrieben. Diese verließen sich auf ein unrichtiges Rating der entsprechenden Wertpapiere und hatten kaum Möglichkeit einzusehen, woraus die Wertpapiere eigentlich bestanden. Der Ausdruck Asset-Backed Securities (weil hinter den Wertpapieren ja tatsächliche Forderungen stehen) bestärkte zudem den Eindruck, dass das übernommene Risiko zumindest durch eine entsprechende Wertanlage gedeckt ist.

Die EU-Verordnung setzt sich nunmehr das Ziel aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und die neue verbesserte STS-Verbriefung mit ausreichend Schutzmechanismen zu versehen.

Wenn aus Forderungen Wertpapiere werden

Unter einer Verbriefung versteht man die Umwandlung von Forderungen zu handelbaren Wertpapieren. Diese werden über Zweckgesellschaften (SPVs) an Anleger verkauft, wobei die Wertpapiere mit den jeweiligen zugrundeliegenden Forderungen hinterlegt sind. Die Verbriefung ermöglicht also einem Kreditgeber oder einem Gläubiger — in der Regel einem Kreditinstitut bzw. einem Unternehmen — die Refinanzierung von Darlehen, Risikopositionen oder Forderungen (wie etwa Immobiliendarlehen, Darlehen für Kfz-Käufe oder Kfz-Leasinggeschäfte, Verbraucherdarlehen, Kreditkarten- oder Handelsforderungen) durch ihre Umwandlung in handelbare Wertpapiere.

Der Kreditgeber bündelt im Zuge der Verbriefung ausgewählte Teile seines Darlehensportfolios und ordnet sie unterschiedlichen Risikokategorien für unterschiedliche Anleger zu. Auf diese Weise wird den Anlegern die Investition in Darlehen oder andere Risikopositionen ermöglicht, zu denen sie üblicherweise keinen unmittelbaren Zugang haben. Die Anlegerrenditen werden aus den Zahlungsflüssen der verbrieften Darlehen erwirtschaftet.

Die drei Anforderungen an STS-Verbriefungen

Simple:

  • Um als einfach eingestuft zu werden, muss das Eigentum an den verbrieften Forderungen auf die Zweckgesellschaft (das SPV) übergehen. Es muss sich also um einen sogenannten "True Sale" handeln. Im Gegensatz dazu werden bei synthetischen Verbriefungen die Forderungen nicht tatsächlich übertragen, sondern es gehen nur bestimmte mit den zugrundeliegenden Risikopositionen verbundene Rechte und Pflichten über. Allerdings können die STS-Privilegierungen in einem engen Rahmen auch für synthetische Verbriefungen angewendet werden.
  • Die der Verbriefung zugrundeliegenden Risikopositionen müssen homogen sein, also im Wesentlichen aus demselben Geschäftszweig stammen.
  • Die Risikostandards bei der ursprünglichen Kreditvergabe, etwa durch Banken, dürfen im Falle der späteren Verbriefung nicht weniger streng ausfallen.

Transparent:

  • Die künftig geltenden Transparenzregeln verpflichten unter anderem die Verbriefungszweckgesellschaften dazu, den Inhabern von Verbriefungspositionen umfassende Informationen bereitzustellen. Je nach Art der Information gilt dies zum Teil bereits vor dem Eingehen einer Verbriefungsposition und zum Teil im Rahmen eines regelmäßigen Berichtswesens.
  • Eine Stichprobe der zugrundeliegenden Forderungen der Verbriefung wird einer externen Prüfung unterzogen.

Standardisiert:

  • Der ursprüngliche Kreditgeber einer Verbriefung behält kontinuierlich einen materiellen Nettoanteil von mindestens 5 % an dieser Verbriefung als Risikoselbstbehalt. Dies hat zur Folge, dass das wirtschaftliche Risiko nicht zur Gänze auf die Anleger übertragen werden kann.
  • An einen Referenzwert gebundene Zinszahlungen für die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Verbriefung müssen auf marktüblichen Zinssätzen basieren.

Verbot von Wiederverbriefungen

Durch die Verordnung wird ein grundsätzliches Verbot der Wiederverbriefungen eingeführt. Es ist also verboten ein bereits verbrieftes Instrument erneut zu verbriefen. Dies dient dazu die Komplexität der Verbriefungen, die sich aus der erfolgten Verschachtelung derselben ergeben hat, zu verringern und Transparenz für den Anleger zu schaffen. Hintergrund ist, dass solche Wiederverbriefungen teilweise komplex ausgestaltet sind, was die Einschätzung der Risiken schwierig macht.

Die Richtung stimmt

Es wird sich zeigen, inwiefern der Markt die neu aufbereiteten Verbriefungsmöglichkeiten annehmen wird. Zu begrüßen ist jedenfalls, dass die verbesserte STS-Verbriefung der Wirtschaft ein Finanzinstrument zurückgibt, das für alle Beteiligten gewichtige Vorteile bieten kann. Sie schafft Flexibilität für Unternehmen und renditeversprechende Investitionsmöglichkeiten für Anleger – abgestuft nach der jeweiligen Risikoklasse. Der Fokus auf einfache, standardisierte und transparente Vorgaben ist hierfür sicherlich der richtige Ansatz.

Autoren

Foto vonAnna Wieser
Anna Wieser
Anwältin
Wien