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Internal Investigations und DSGVO: Private Arbeitnehmerdaten als Beweismittel im Entlassungsprozess?

11/2019

In arbeitsgerichtlichen Verfahren müssen Arbeitgeber die Gründe für eine berechtigte Entlassung oder teils auch eine Kündigung nachweisen. Legt der Arbeitgeber private E-Mails oder Dateien des Arbeitnehmers aus dem betrieblichen Postfach vor, war bislang unklar, ob und unter welchen Voraussetzungen das zulässig ist. Für diese für die Praxis wichtige Frage lohnt sich ein Blick auf die OGH-Entscheidung zu 6 ObA 1/18t.

Internal Investigations und die DSGVO unter einen Hut zu bringen, mag nicht immer einfach sein. Denn gerade der Umgang mit privaten Arbeitnehmerdaten wirft hier Fragen auf. Besteht ein Beweisverwertungsverbot für das Gericht? Kann der Arbeitnehmer die Verwendung der Beweismittel mit Unterlassungsklage oder Widerrufsanspruch verhindern?

Ein Geschäftsführer wurde wegen Verstoß gegen das Konkurrenz- und Nebenbeschäftigungsverbot entIassen. Nach der Entlassung retournierte er den firmeneigenen Laptop, löschte jedoch zuvor alle seine darauf befindlichen privaten Dateien. Der Arbeitgeber beauftragte ein externes Unternehmen mit der Rekonstruktion der gelöschten Daten sowie einer Analyse seines (zentral gespeicherten) E-Mail-Postfaches. Im Prozess legte er sodann Ausdrucke von privaten E-Mails und Dateien des entlassenden Geschäftsführers zum Beweis für die berechtigte Entlassung vor. Der Geschäftsführer setzte sich dagegen – erfolglos – mit einer Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzklage zur Wehr. Folgende Erkenntnisse können aus der Entscheidung für die Praxis gewonnen werden.

Datenschutzrechtliche Vorgaben bei Internal Investigations

Bei der Suche nach Verfehlungen des Arbeitnehmers spielen insbesondere der firmeneigene Laptop, das Mobiltelefon und der betriebliche E-Mail-Account eine zentrale Rolle. Dabei ist jedoch zu beachten, dass jede Benutzung von Computer, Internet oder E-Mail den Vorgaben der DSGVO unterliegt. Datenschutzrechtliche Vorgaben sind daher auch dann einzuhalten, wenn gelöschte Dateien oder Ordnerstrukturen von privaten Ordnern rekonstruiert oder E-Mails untersucht und teilweise ausgedruckt werden.

Zulässige Untersuchungsmethode bei der Ermittlung von privaten Arbeitnehmerdaten

Keinen Einwand hatte der OGH gegen folgende Maßnahmen des Unternehmens zum Beweis eines Entlassungsgrundes:

  • Auftrag eines externen Unternehmens mit der Analyse von Daten, der Wiederherstellung von gelöschten Daten mit einer forensischen Software und der Untersuchung des E-Mail-Accounts
  • Gezielte Suche nach einem konkreten Stichwort, das für den Entlassungs-/Kündigungsgrund relevant ist (z.B. „Honorarnote“, um die verbotene Nebenbeschäftigung beweisen zu können)
  • Gefundene Daten sind nach Abschluss der Analyse ausschließlich dem Arbeitgeber zugänglich.
  • Untersuchung des E-Mail-Accounts nach einer (beruflichen und privaten) Korrespondenz des Arbeitnehmers und einer anderen konkreten Person, die mit Entlassungs-/Kündigungsgrund in Zusammenhang steht. 
  • Nach Einsicht in die E-Mail-Korrespondenz: Ausdruck der relevanten E-Mails

Zielt die Untersuchung ausschließlich darauf ab, den Entlassungs- oder Kündigungsgrund nachweisen zu können, liegt bloß eine individuelle Kontrolle (des ehemaligen Arbeitnehmers) vor. Diese Maßnahme bedarf nicht der Zustimmung des Betriebsrats nach § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG (oder des Arbeitnehmers nach § 10 AVRAG). 

Kein Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch des Arbeitnehmers gegen Beweismittel 

In der Praxis wurde teilweise vertreten, dass der Arbeitnehmer gegen rechtswidrig erlangte Beweismittel mit einer Unterlassungs- und Beseitigungsklage vorgehen könne. Damit bestünde ein Beweisverwertungsverbot. Das Gericht dürfte bestimmte Beweismittel dann nicht verwerten. Dieser Ansicht hat der OGH – im konkreten Fall – nun jedoch deutlich widersprochen: 

  • Nach Ansicht des OGH steht jedenfalls kein Unterlassungsanspruch zu, wenn die Beweismittel im Entlassungsprozess vom Arbeitgeber bereits im Verfahren als Urkunden vorgelegt wurden.
  • Darüber hinaus besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers, der den Arbeitgeber dazu zwingt, ein Vorbringen oder ein Beweismittel im arbeitsgerichtlichen Verfahren zu widerrufen – selbst wenn dieses private Arbeitnehmerdaten betrifft und rechtswidrig durch eine Datenschutzverletzung vom Arbeitgeber erlangt wurde. 
  • Da die Daten außerhalb des Verfahrens niemanden zugänglich gemacht wurden, hat der Arbeitnehmer überdies keinen Anspruch auf Schadenersatz (wegen Verletzung der Privatsphäre) gegen den Arbeitgeber. 
  • Allerdings ist der Arbeitgeber nach Ansicht des OGH nach Vorlage der (privaten) Arbeitnehmerdaten als Beweismittel im Prozess verpflichtet, die privaten Arbeitnehmerdaten unverzüglich zu löschen.

Zusammenfassend enthält die Entscheidung wichtige Richtlinien für die Durchführung von Internal Investigations und bringt zugleich eine Erleichterung für die Verwertung von Beweisen im Entlassungs- bzw. Kündigungsprozess. Hält der Arbeitgeber Grundregeln bei Untersuchungen ein und legt Arbeitnehmerdaten als Beweismittel im Gerichtsverfahren vor, muss er diese Daten zwar unverzüglich löschen. Er muss aber keine Unterlassungs-, Beseitigungsansprüche oder Schadenersatzansprüche fürchten. Durch die aufgezeigten Vorgehensweisen werden die Rechte des Arbeitnehmers nicht verletzt. Ein Beweisverwertungsverbot lehnt der OGH im konkreten Fall ab. Ob dies generell gilt, bleibt abzuwarten. Das deutsche Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied 2017, dass der unzulässige Einsatz eines Software-Keyloggers als verdeckte Kontrolle der Mitarbeiter ein Beweisverwertungsverbot zur Folge hat (BAG 27.7.2017, 2 AZR 681/16).

Autoren

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Jens Winter
Partner
Wien
Miriam Mitschka