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Ein 6-Punkte-Guide für die erfolgreiche Realisierung eines BIM Projektes

Autoren

Nikolaus Weselik
Nikolaus Weselik
Partner
Wien

Tätigkeitsbereiche

Bei BIM-Projekten werden sowohl physikalische als auch funktionale Eigenschaften eines Bauwerks in einem gemeinsam bearbeiteten virtuellen Gebäudemodell vereint.1  Digitale und visuelle Gebäudemodelle werden nicht nur für die Bauphase eines Projekts, sondern auch für den Betrieb und die Instandhaltung von Gebäuden von immer größerer Bedeutung. Durch Building Information Modelling ist es auch möglich, Mängel, Verzögerungen oder Lieferengpässe infolge eines darstellbaren vereinheitlichen Gesamtbildes relativ frühzeitig zu erkennen. 3

Bei der Produktion und Verwaltung von digitalen und virtuellen Darstellungen von Bauprojekten kann speziell der angloamerikanische Raum als führend angesehen werden. Auf Grund der dynamisch zunehmenden Digitalisierung im Bau- und Planungsbereich wird es erforderlich werden, neben der Anwendung der bestehenden gesetzlichen Regelungen des §§ 1165 ff ABGB einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der in die österreichische Rechtsordnung implementiert wird. In Öster-reich wurde 2015 ein erster Schritt gesetzt und Bestimmungen in der ÖNORM A 6241-2 vorgesehen, welche Standards zur Verwendung von BIM bei Bauprojekten enthält. 

Welche Punkte sind nun für eine erfolgreiche Umsetzung eines BIM-Projektes aus rechtlicher Sicht besonders bedeutend? 

Mit 6 Punkten sicher durch ein BIM-Projekt

1) Frühzeitige Einbindung des Bauherrn 

Neben dem konventionellen Baustellenmanagement sind bei BIM-Projekten zusätzliche Herausforderungen technischer, wirtschaftlicher und juristischer Natur zu bewältigen. Empfehlenswert ist daher einerseits, dass alle Projektbeteiligten bereits in einem sehr frühen Stadium der Projektplanung eingebunden werden, um ihre besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen einbringen zu können.4  Vor allem aber der Bauherr sollte bei BIM-Projekten sehr frühzeitig in die Projektplanung involviert werden. Denn erklärt der Bauherr in diesem Stadium seine Vorstellungen im Zusammenhang mit der Projektplanung und -ausführung nicht ausreichend, erhöht sich dadurch bereits im Planungsprozess seine Eigenverantwortung. Ausführende Planer können dann nicht alleine für allfällige Planungsfehler verantwortlich gemacht werden. 5

2) Einsatz von BIM-Managern 

Bei der Umsetzung von BIM-Projekten liefert jeder Planungsbeteiligte in der Regel sein eigenes Fachmodell. Ein Planungsbeteiligter haftet somit grundsätzlich auch für sein eigenes Fachmodell. Darüberhinaus ergeben sich aber vielfällige Koordinationserfordernisse, sodass die Einsetzung eines BIM Managers empfehlenswert ist. Der BIM-Manager verpflichtet sich vertraglich, die Gesamtkoordination und die nachfolgende Zusammenführung der Fachmodelle zu übernehmen. Damit ist dann in der Regel eine klare Verantwortungs- und Haftungszurechnung nach klassischem Werkvertragsrecht möglich. 6 
Besonders bei größeren Projekten ist es wohl unerlässlich, dass die BIM-Leistungsbeschreibung auch administrative Pflichten vorsieht, wobei neben der Koordination auch auf gesamtheitliche Dokumentationspflichten der einzelnen Vertragspartner zu achten ist. 7

3) Schaffung eines rechtlichen Rahmens für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Projektes 

Bis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem Fachplaner hat der Bauherr jedenfalls noch weitreichende Möglichkeiten, einzelne Änderungen an den BIM Modellen vornehmen zu lassen. Um aber auch eine funktionell oder ökonomisch oft erforderliche Weiterentwicklung der einzelnen Fachplanungen zu gewährleisten, ist es empfehlenswert, vertraglich hierfür Vorsorge zu treffen, dass die einzelnen Unternehmer auch nach Ablieferung ihrer Pläne verpflichtet bleiben, den Bauherrn über potentielle Änderungen und Risiken zu unterrichten. Auf diese Weise erlangt der Bauherr auch jene Informationen für die Weiterentwicklung des Projektes, die ihn ausreichend in die Lage setzen, eine seinen Wünschen entsprechende Umsetzung des BIM-Projektes sicherzustellen. 

4) Vertragliche Regelung der Verwendung des BIM-Modells  

Damit die für ein bestimmtes BIM-Projekt angefertigten Modelle nicht für von Bauherrn nicht freigegebene Zwecke verwendet werden dürfen, sollten Art und Weise der zulässigen Verwendung erstellter BIM-Modelle vertraglich genau geregelt werden. Der Bauherr sollte sich entsprechend weitgehende Verwertungsrechte einräumen lassen, um sicherzustellen, dass das erarbeitete BIM- Modell von niemand anderem verwertet werden darf8   Die Informationen der einzelnen Gewerke sind zur Gewährleistung der Nachvollziehbarkeit und Zuordenbarkeit jeweils getrennt in eigenen Dateien darzustellen. 9

5) Vertragliche Erweiterung der Warnpflichten  

Da es sich bei BIM-Projekten um die Umsetzung neuwertiger Arbeitsmethoden handelt, kommt während der Projektumsetzung der Warnpflicht der Projektbeteiligten besondere Bedeutung zu. Es können im Zuge des Baufortschritts unvorhergesehene Hindernisse auftreten  oder Anweisungen des Bauherrn erteilt werden, die die Planungsgrundlagen ändern und zu einem Misslingen der Werkleistung führen können.11
Wenngleich beim Einsatz neuer Verfahren und Methoden vergleichsweise intensiver zu prüfen ist, muss der ausführende Unternehmer jedenfalls umfangreiche, technisch schwierige oder kostenintensive Untersuchungen von Gesetzes wegen nicht durchführen, sodass die Aufnahme BIM-spezifischer vertraglicher Regelungen empfehlenswert ist.12  Vertraglich zu klären ist auch, inwieweit über die Auswirkungen nachträglicher Projektänderungen zu warnen ist. Dabei gilt es aber jedenfalls, ein wirtschaftlich vernünftiges Verhältnis zwischen zumutbarem Prüfungsaufwand und der eigentlichen Werkleistung zu wahren.13

 6) Vertragliche Vereinbarung von BIM-AGBs

Um eine rechtlich einheitliche Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten zu gewährleisten, ist die Vereinbarung von BIM-AGBs (Allgemeine Geschäftsbedingungen) sehr zu empfehlen.14 Aufgabe solcher Bestimmungen ist die entsprechende Organisation der Rahmenbedingungen und die Regelung der rechtlichen Problemfelder.15  Dienliche Orientierungshilfen für derartige AGB sind etwa das „BIM-Addendum“16  oder das „AIA Building Information Modeling and Digital Data Exhibit“. 

Ausblick

Speziell im deutschsprachigen Raum stellt Building Information Modelling zwar noch eine relativ neue Projektpraxis dar, was dazu führt, dass zu den relevanten rechtlichen Themen noch keine inländische Rechtsprechung existiert. Es ist daher besonders wichtig, dass BIM relevante Verträge so gestaltet werden, dass sie die speziellen Anforderungen und Problembereiche von BIM Projekten entsprechend berücksichtigen.17  BIM kann bei entsprechender Transparenz zwischen den Projektbeteiligten durch terminoptimierte Planungsprozesse zu Effizienzsteigerungen und beträchtlichen Kosteneinsparungen bei der Projektumsetzung führen. Building Information Modelling wird in der Bau- und Planungsbranche daher bei Projektrealisierungen in absehbarer Zukunft nicht mehr wegzudenken sein. 

Autoren: Dr. Nikolaus Weselik, Maximilian Weselik LL.B


 1Vgl. Bergthaler, Gottardis, Neuhauser,; BIM und Recht in Österreich - Rechtliche Fallstricke und Lösungsansätze bei der Anwendung; Austrian Standards plus GmbH; S.11. 
 2 Vgl. Frame, Ritter, Weselik, Beuthan; CMS Guide; S.7. 
 3 Vgl. Benes, Fritz, Madl; in Berlakovits/Hussian/Kletečka (Hrsg); BIM – Building Information Modeling Folgen der Anwendung von BIM auf Warnpflicht und Haftung; Festschrift Georg Karasek;   S.73.
 Vgl. Benes, Fritz, Madl; in Berlakovits/Hussian/Kletečka (Hrsg); BIM – Building Information Modeling Folgen der Anwendung von BIM auf Warnpflicht und Haftung; Festschrift Georg Karasek;   S.65.
 Woolford; Legal Issues with Building Information Modeling, Legal Brief 2010, S.12.
6 Vgl. Benes, Fritz, Madl; in Berlakovits/Hussian/Kletečka (Hrsg); BIM – Building Information Modeling Folgen der Anwendung von BIM auf Warnpflicht und Haftung, Festschrift Georg Karasek;   S.66.
Vgl. Bergthaler, Gottardis, Neuhauser; BIM und Recht in Österreich - Rechtliche Fallstricke und Lösungsansätze bei der Anwendung; Austrian Standards plus GmbH; S. 25.
Vgl. Woolford; Legal Brief 2010; S.12.
 9 ÖNORM A 6241-1:2015 07 01 – Digitale Bauwerksdokumentation, Teil 1: CAD- Datenstruktur und Building Information Modeling (BIM) – Level 2; S.8.
10  Vgl. M. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger (KBB), Kurzkommentar zum ABGB5 (2017) § 1168a Rz 7. 
 11Vgl. Benes, Fritz, Madl; in Berlakovits/Hussian/Kletečka (Hrsg); BIM – Building Information Modeling Folgen der Anwendung von BIM auf Warnpflicht und Haftung; Festschrift Georg Karasek;   S.68.
12   Vgl. Benes, Fritz, Madl; in Berlakovits/Hussian/Kletečka (Hrsg); BIM – Building Information Modeling Folgen der Anwendung von BIM auf Warnpflicht und Haftung; Festschrift Georg Karasek; S.71. 
 13 Vgl. Karasek; ÖNORM B 21103; Rz 758.
14  Vgl. Bergthaler, Gottardis, Neuhauser; BIM und Recht in Österreich - Rechtliche Fallstricke und Lösungsansätze bei der Anwendung; Austrian Standards plus GmbH; S.30.
15  Marboe, Andert; bauaktuell (2015); S.43 
16  Lowe, Muncey; ConsensualDOCS 301 BIM Addendum; The Construction Lawyer Vol. 29; Number 1 (2009).
 17Vgl. Carlin, Legal Risks 3 f.