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Entscheidungsübersicht DSGVO und Wettbewerbsrecht

27/08/2020

Die Frage, ob Datenschutzverstöße von Mitbewerbern abgemahnt und nach dem UWG mit Erfolg geltend gemacht werden können, beschäftigte die Literatur und Rechtsprechung schon vor der DSGVO. 

Mit Anwendbarkeit der DSGVO ist vor allem in Deutschland der Meinungsstreit neu entbrannt. Die eine Seite hält das Sanktionssystem der Art. 77 bis 84 DSGVO für abschließend und damit Rechtsbehelfe nach dem UWG für ausgeschlossen, die andere Seite hält unseres Erachtens mit besseren Argumenten dagegen. Eindeutig beantworten lässt sich diese Frage aber nicht. 

Auch die Rechtsprechung der (deutschen) Gerichte ist uneinheitlich, wobei sich ein Trend gegen eine „Sperrwirkung“ der DSGVO gegenüber dem UWG abzuzeichnen scheint, wie folgende Tabelle zeigt. 

                                                                                                                                                Sanktionssystem der DSGVO abschließend?
GerichtDatumGZ             JA          NEIN
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LG Bochum7.8.2018I-12 O 85/18             X 
LG Würzburg13.9.201811 O 1741/18 UWG              X
LG Frankfurt am Main8.10.20182-06 O 349/18              X
LG Wiesbaden5.11.20185 O 214/18             X 
LG Hamburg7.11.2018 (?)327 O 332/18              X
OLG Hamburg25.10.20183 U 66/17              X
OLG München7.2.20196 U 2404/18              X
OLG München21.3.20196 U 3377/18              X
LG Stuttgart20.5.201935 O 68/18 KfH             X 
OLG Naumburg14.11.20199 U 24/19              X
KG Berlin20.12.20195 U 9/18              X
OLG Stuttgart27.2.20202 U 257/19              X
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Der OGH hat in seiner rezenten Rechtsprechung (OGH 26.11.2019, 4 Ob 84/19k) die Aktivlegitimation von Unternehmensvereinigungen im Sinne des § 14 Abs 1 UWG (im Anlassfall die freiwillige Interessenvertretung der österreichischen Psychotherapeuten) zur Geltendmachung eines Verstoßes gegen die DSGVO als Rechtsbruch nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG verneint. Ansprüche nach der DSGVO können – zumindest was die Verletzung individueller Rechte der Betroffenen betrifft – mit Verweis auf die Rsp zu Ausschließlichkeitsrechten Dritter nur vom jeweils Berechtigten aufgegriffen werden. 

Ob das Sanktionssystem der DSGVO abschließend ist und diese daher eine „Sperrwirkung“ gegenüber den Rechtsbehelfen nach dem UWG entfaltet, lässt der OGH offen. Das letzte Wort zum Verhältnis von DSGVO und unlauterem Wettbewerb ist daher noch nicht gesprochen, zumal der deutsche BGH mit Beschluss vom 28.5.2020 im Verfahren zu I ZR 186/17 den EuGH die Frage vorgelegt hat, ob das Sanktionssystem der DSGVO abschließend ist. 

 

Verneint der EuGH die Sperrwirkung der DSGVO, wäre unseres Erachtens die Frage, ob das Recht auf Datenschutz ein nur persönlich geltend zu machendes Ausschließlichkeitsrecht ist, neu zu bewerten und die Frage von den Gerichten zur Klärung dem EuGH vorzulegen. 

Autoren

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Gabriela Staber
Partnerin
Wien
Johannes Scharf