Die Steuerreform 2015/16 brachte unter Anderem grundlegende Änderungen bei der Grunderwerbsteuerpflicht von Anteilsabtretungen (Share Deals).
Nach bisheriger Rechtslage wurde eine Grunderwerbsteuer (GrESt) ausgelöst, wenn sämtliche Anteile an einer Kapitalgesellschaft in der Hand eines Erwerbers vereinigt wurden. Die Grunderwerbsteuerpflicht wurde bisher in der Praxis und mit Billigung durch die Rechtsprechung regelmäßig vermieden, wenn der Erwerber 100 Prozent der Anteile an der Kapitalgesellschaft nicht allein, sondern unter Hinzuziehung eines zweiten Erwerbers, erwirbt. Es genügte, dass dieser einen Zwerganteil erwirbt, mag dieser sogar treuhändig für den Haupterwerber erfolgt sein.
Die Steuerreform erschwert nunmehr ab 1.1.2016 einerseits GrESt-vermeidende Strukturen bei Kapitalgesellschaften und unterwirft auch Anteilserwerbe bei Personengesellschaften der GrESt-Pflicht, wenn sie zu einer Anteilsvereinigung oder Quasi-Anteilsvereinigung in einer Hand führen.
Allgemeine Regelung für Gesellschaften: Anteilsvereinigung
Werden 95 Prozent der Anteile einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, die ein Grundstück besitzt, übertragen oder in einer Hand vereinigt, wird GrESt in Höhe von 0,5% des Grundstückswertes der betreffenden Gesellschaft ausgelöst (§ 1 Abs 3 GrEStG).
Neu ist, dass die Grunderwerbsteuer nicht erst bei Übertragungen und Anteilsvereinigungen von 100 Prozent, sondern bereits bei 95 Prozent ausgelöst wird. Darüber hinaus wurde die Grunderwerbsteuer stark erhöht, weil sie bisher 3,5 Prozent der niedrigen 3-fachen Einheitswerte betragen hat.
Neu ist auch, dass die Beteiligungen von Gesellschaftern oder Erwerbern, die durch eine Steuergruppe (§9 KEStG) verbunden sind, zusammengerechnet und treuhändig gehaltene Anteile dem Treugeber zugerechnet werden.
Sonderbestimmung für Personengesellschaften
Zusätzlich wurde eine neue Sonderbestimmung für Personengesellschaften eingeführt: Gehen innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 Prozent der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft, die ein Grundstück besitzt, auf neue Gesellschafter über, wird ebenfalls GrESt ausgelöst (§ 1 Abs 2a GrEStG).
Auch hier werden treuhändig gehaltene Anteile dem Treugeber zugerechnet. Die 95 Prozent-Grenze bezieht sich auf Substanzbeteiligungen. Anteile von Arbeitsgesellschaftern, die in der Regel keine Substanzbeteiligung haben, bleiben daher unberücksichtigt.
Beispiel:
Die Gesellschafter A, B und C sind je zu 1/3 an einer OG beteiligt, die ein Grundstück besitzt. Die Gesellschafter A, B und C verkaufen sukzessive innerhalb eines 5-Jahres-Zeitraumes ihre Beteiligung an X, Y und Z.
Dies löst 0,5 Prozent GrESt vom Grundstückswert aus, weil insgesamt mehr als 95 Prozent der Anteile an neue Gesellschafter übertragen wurden, auch wenn jeder Gesellschafter nur 1/3 der Anteile verkauft hat und keine Verbindung der Erwerber durch eine Steuergruppe vorliegt.
Steuerschuldnerin ist in diesem Fall die Personengesellschaft. Die allgemeine Regelung für Anteilsvereinigungen kommt nicht zur Anwendung, wenn die Sonderbestimmung für Personengesellschaften anwendbar ist.
Grunderwerbsteuer-Vermeidung ab 2016
Zwerganteile
Die naheliegendste Möglichkeit der GreSt-Vermeidung ist der Erwerb der grundstücksbesitzenden Gesellschaft durch zwei Konzerngesellschaften, wobei darauf zu achten ist, dass der Zwerganteil mehr als 5 Prozent beträgt und die beiden Erwerber nicht in einer Steuergruppe sind. Es ist unseres Erachtens bereits ausreichend, wenn tatsächlich keine Gruppenbildung erfolgt ist, selbst wenn eine Gruppenbildung möglich wäre.
Doppelstöckige Struktur zur Vermeidung der GrESt
Bei Personengesellschaften löst auch der Erwerb sämtlicher Anteile durch zwei unverbundene Gesellschaften GrESt aus, weil hier nur auf die Übertragung von mindestens 95 Prozent der Anteile an der Personengesellschaft abgestellt wird.
Eine Lösungsvariante wäre hier der Erwerb über eine doppelstöckige Struktur:
Nach dem klaren Gesetzeswortlaut können nur Übertragungen von direkten Beteiligungen an der Grundstücksgesellschaft GrESt auslösen. Das gilt sowohl für Personen- als auch für Kapitalgesellschaften. Es wird daher keine GrESt ausgelöst, wenn die Anteile an der Muttergesellschaft der Grundstücksgesellschaft erworben werden – und nicht direkt die Anteile an der Grundstücksgesellschaft. Gleiches gilt, wenn die Anteile an der (alleinigen) Kommanditistin eine grundstückstragenden GmbH & Co KG erworben wird.
Auswirkungen für die Praxis
Die Grunderwerbsteuerpflicht im Fall einer Anteilsvereinigung kann bei sorgfältiger Strukturierung weiterhin vermieden werden. Aufgrund der Erhöhung der Bemessungsgrundlage vom 3-fachen Einheitswert auf den Grundstückswert – wenngleich dann nur 0,5 Prozent – erscheinen Vermeidungsstrukturen attraktiv.
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