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Schluss mit fiktiven Mängelbeseitigungskosten!

Update Real Estate & Public 09/2018

September 2018

Hintergrund

Der BGH hat zu Jahresbeginn ein Grundsatzurteil gefällt, mit dem er seine Rechtsprechung zur Ersatzfähigkeit von sogenannten „fiktiven Mängelbeseitigungskosten“ änderte (Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46 / 17).
Bislang hatte der BGH dem Besteller einer zu vertretenden mangelhaften Werkleistung einen Schadenersatzanspruch in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten zugestanden. Der Schadensersatz konnte also in Höhe der hypothetischen Sanierungs- / Reparaturkosten verlangt werden, auch wenn der Mangel tatsächlich nicht beseitigt wurde und die dafür notwendigen Kosten demgemäß „fiktiv“ geblieben sind. Diese Berechnungsmethode hat der BGH nun für unzulässig erklärt.

Die Entscheidung

Bei Errichtung eines Einfamilienhauses wurden Naturstein-, Fliesen- und Abdichtungsarbeiten ausgeführt. Zwei Jahre nachdem die Arbeiten abgenommen worden waren, zeigten sich Risse und Durchfeuchtungsschäden. Zur Beseitigung dieser Mängel klagte der Besteller zunächst auf Zahlung eines Vorschusses. Während des Berufungsverfahrens veräußerte der Besteller das Objekt, ohne die Mängel beseitigen zu lassen, und begehrte nun Ersatz der fiktiven Mängelbeseitigungskosten.

Diese Art der Schadensbemessung hat der BGH für unzulässig erklärt. Der BGH begründet dies damit, dass Reparaturkosten erst dann zum Vermögensschaden werden würden, wenn sie tatsächlich angefallen sind. Bis dahin bestehe das als Schaden zu betrachtende Leistungsdefizit darin, dass die erbrachte hinter der geschuldeten Leistung zurückbleibt. Dieses Leistungsdefizit werde durch fiktive Mängelbeseitigungskosten nicht zutreffend abgebildet. Vielmehr könne es auf diesem Wege zu einer Überkompensation auf Seiten des Bestellers kommen. Denn, wie der BGH wörtlich ausführt, hängt „der (fiktive) Aufwand einer Mängelbeseitigung von verschiedenen Umständen ab, z. B. von der Art des Werks, dem Weg der Mängelbeseitigung, dem Erfordernis der Einbeziehung anderer Gewerke in die Mängelbeseitigung, und kann die vereinbarte Vergütung, mit der die Parteien das mangelfreie Werk bewertet haben, (nicht nur in Ausnahmefällen) deutlich übersteigen“.

Der BGH benennt sodann zwei Wege, wie die Schadensberechnung stattdessen erfolgen kann. Zum einen besteht die Möglichkeit, den Schaden nach den allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen aus der „Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel [zu] ermitteln“ oder den Schaden alternativ anhand der Minderung „in der Weise [zu] bemessen [...], dass ausgehend von der für das Werk vereinbarten Vergütung der Minderwert des Werks wegen des (nicht beseitigten) Mangels geschätzt wird“.

Praxistipp

Die Entscheidung ist im Bereich des gesamten Werkvertragsrechtes zu beachten, also auch dann, wenn die VOB / B vereinbart wurde.

Der Besteller, der auf Bezahlung von tatsächlich (noch) nicht angefallenen Reparaturkosten klagt, kann die Klage auf Vorschusszahlung umstellen.
Der Besteller, der den Mangel nicht beseitigen lassen will, muss seinen Schaden künftig aufwendiger ermitteln und darstellen als bisher.

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Autoren

Jessica Böttinger