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Ausschlussfristen nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes

UPDATE ARBEITSRECHT 09/2018

September 2018

Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, die nach dem Inkrafttreten des MiLoG abgeschlossen oder geändert wurden, verstoßen gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sie den Anspruch auf den Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnehmen. Dies entschied Anfang des Jahres das LAG Hamburg.

Im zu entscheidenden Fall ging es um den Arbeitsvertrag eines Hausmeisters, der für ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von EUR 2.000 von Anfang April 2016 bis Ende August 2016 bei seinem Arbeitgeber tätig war. Sein Vertrag enthielt eine Ausschlussfristklausel, nach der alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten, nachdem der jeweilige Gläubiger Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, schriftlich geltend zu machen sind. Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nahm der Arbeitnehmer keinen Urlaub. Mit Anwaltsschreiben vom 29. Dezember 2016 forderte er Zahlung von Urlaubsabgeltung von seinem Arbeitgeber. Dieser lehnte unter Hinweis auf die Ausschlussfrist jegliche Zahlung ab.

Die Richter des LAG Hamburg gaben der Klage des Mitarbeiters im Ergebnis jedoch statt. Sie hielten die Ausschlussfristklausel im Hinblick auf § 3 Satz 1 MiLoG für unwirksam. § 3 Satz 1 MiLoG lautet wie folgt:

„Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam."

Hinsichtlich der Wirksamkeit der Vereinbarung von arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen differenzierte das LAG Hamburg zwischen der Zeit vor und nach dem Inkrafttreten des MiLoG am 16. August 2014.

Vor Inkrafttreten des MiLoG in Arbeitsverträgen vereinbarte Ausschlussfristen seien nicht vollständig unwirksam, weil § 3 Satz 1 MiLoG die Unwirksamkeit von Ausschlussfristen nur „insoweit“ anordne. Diese Rechtsfolge reiche nicht weiter, als dies zum Schutz des Mindestlohnanspruchs erforderlich sei.

Demgegenüber verstoßen Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, die nach diesem Zeitpunkt abgeschlossen bzw. geändert wurden, nach Ansicht der Richter gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sie nicht den Anspruch auf den Mindestlohn ausdrücklich ausnehmen. Denn solche Ausschlussklauseln bildeten die Rechtslage nach Inkrafttreten des MiLoG nicht mehr zutreffend ab und seien damit nicht klar und verständlich. Vor diesem Hintergrund komme eine geltungserhaltende Reduktion der vereinbarten Ausschlussklausel nicht in Betracht und die Klauseln seien damit gänzlich unwirksam. Dieses Schicksal teilte auch die Regelung im zu entscheidenden Fall.

(LAG Hamburg, Urteil vom 20. Februar 2018 – 4 Sa 69/17)

Tipp für die Praxis:

Das BAG hatte mit Urteil vom 24. August 2016 – 5 AZR 703/15 – entschieden, dass eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV erfasst, unwirksam ist. Ob diese Rechtsprechung auch in Bezug auf Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn nach dem MiLoG gilt, ist bis dato vom BAG nicht geklärt.

Das LAG Nürnberg jedenfalls hat – anders als das LAG Hamburg – eine den gesetzlichen Mindestlohnanspruch nicht explizit ausnehmende Verfallklausel für wirksam erachtet – dies allerdings für einen Altvertrag, der vor Inkrafttreten des MiLoG abgeschlossen worden war (LAG Nürnberg, Urteil vom 9. Mai 2017 – 7 Sa 560/16). Nach Auffassung der Nürnberger Richter ist eine Klausel, die ein gesetzliches Verbot nicht wiedergibt, nicht intransparent, sondern nur „insoweit unwirksam“. Gegen das Urteil des LAG Nürnberg wurde Revision eingelegt (9 AZR 262/17), so dass alsbald mit einer Entscheidung des BAG zu dieser Frage zu rechnen ist.

Arbeitgeber sind derzeit jedenfalls gut beraten, ihre arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen entsprechend den Vorgaben des LAG Hamburg zu überarbeiten.


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