Hintergrund
Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche endet in den wenigsten Fällen für alle Vertragsleistungen einheitlich zu demselben Zeitpunkt. Häufig werden für Teile der Leistungen von vornherein längere Haftungszeiträume vereinbart – so z. B. für die Dachabdichtung –, zum Teil kommt es aufgrund von Mängelrügen oder Nachbesserungen zu Verjährungshemmungen hinsichtlich einzelner Vertragsleistungen, etwa gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B. Das OLG Frankfurt am Main hatte sich mit der Frage zu befassen, ob in diesen Fällen eine Gewährleistungsbürgschaft teilweise entlastet bzw. „anteilig“ zurückgegeben werden muss.
Die Entscheidung
Dies hat das OLG Frankfurt am Main in seinem Beschluss vom 12.07.2016 – 23 U 158/15 – verneint. Die hiergegen erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat der BGH mit Beschluss vom 21.05.2019 – VII ZR 325/16 – zurückgewiesen.
Das OLG Frankfurt am Main führt aus, eine Bürgschaft könne nicht stückweise, etwa durch Reduzierung der Bürgschaftssumme o. Ä., herausgegeben werden, sofern dies nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart ist. Vielmehr diene die Bürgschaft in der vereinbarten Höhe der Absicherung etwaig bestehender Gewährleistungsansprüche. Eine „Ermäßigung“ der Bürgschaft entsprechend im Umfang etwaiger in Streit stehender Gewährleistungsansprüche käme bereits nach der rechtlichen Konstruktion der Bürgschaft nicht in Betracht.
Die Entscheidung und deren Bestätigung durch den BGH überrascht, insbesondere im Lichte einer früheren Entscheidung des BGH vom 25.03.2015 (Az. VII ZR 92/14). Dort hatte der BGH noch dargelegt, dass es zwar grundsätzlich wegen der Akzessorietät einer Gewährleistungsbürgschaft im Bauvertrag keiner Rückgewähr bei dem teilweisen Wegfall des Sicherungszwecks bedürfe. Andererseits würden aber bei dem Unternehmer Nachteile und bei dem Besteller in gewissem Umfang Vorteile verbleiben. Die Interessenlage der Parteien würde es demnach erfordern, dass der Besteller diese erhaltenen Rechte und Vorteile aus einer geleisteten Sicherheit nach Wegfall des Sicherungszweckes nicht mehr behalten darf. In diesem Sinne müssten auch Rechte aus einer Bürgschaft zurückgegeben werden.
Es bleibt abzuwarten, ob sich der BGH zu dieser Frage nochmals eindeutig positionieren wird.
Praxistipp
Werden unterschiedliche Gewährleistungsfristen vereinbart, sollten Unternehmer darauf achten, bereits vertraglich einen Anspruch auf Teilfreigabe der Gewährleistungsbürgschaft oder ein entsprechendes Austauschrecht nach Ablauf der kürzesten Gewährleistungsfrist zu vereinbaren. Dies ist regelmäßig auch im Sinne des Bestellers, da er dadurch eindeutige Verhältnisse erzielt. Oftmals wird vom Auftraggeber zudem die Regelung in § 17 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B übersehen, wonach eine Gewährleistungsbürgschaft im Regelfall schon zwei Jahre nach Abnahme zurückzugeben ist, auch wenn eine längere Gewährleistungszeit vereinbart ist. Will der Auftraggeber die Sicherheit bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist behalten dürfen, muss er dies abweichend von § 17 Abs. 8 VOB/B vertraglich vereinbaren, was auch innerhalb von allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich ist.
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