Home / Veröffentlichungen / Neues zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsg...

Neues zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen

Update Banking & Finance 08/2018 - Rechtsprechung

August 2018

Der Gesetzgeber hat neue Regelungen zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen beschlossen, die im Moment jedoch noch nicht anwendbar sind. Was bedeutet dies für den Steuerpflichtigen?

Der Verzicht auf eine Forderung gegen eine Gesellschaft führt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) bei dieser grundsätzlich zu einem steuerpflichtigen Ertrag. Dies gilt auch bei einem Forderungsverzicht in Sanierungsabsicht. Die sich in der Krise befindende Gesellschaft wird somit noch durch eine Steuerschuld belastet, welche die Gesellschaft endgültig in die Insolvenz stürzen kann, soweit nicht ausreichende Verlustvorträge existieren. Lediglich in Fällen, in denen ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft auf seine Forderung verzichtet, kann der Ertrag bei der Gesellschaft in Höhe des werthaltigen Teils der Gesellschafterforderung vermindert werden, da der gesellschaftsrechtlich veranlasste Forderungsverzicht eine mit dem Teilwert zu bewertende verdeckte Einlage darstellt, welche das Einkommen nicht erhöht.

Nachdem im Jahr 1997 eine gesetzliche Regelung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen aufgehoben wurde, veröffentlichte 2003 das Bundesfinanzministerium (BFM) den sog. Sanierungserlass. Dieser sah unter bestimmten Voraussetzungen einen Erlass aus Billigkeitsgründen vor. Mit Beschluss vom 28. November 2016 erklärte der Große Senat des BFH den Sanierungserlass für rechtswidrig, da es allein dem Gesetzgeber obliege, einen generellen Verzicht auf Steuerforderungen anzuordnen. Die Finanzverwaltung ordnete daraufhin Vertrauensschutz an, wenn der Forderungsverzicht bis zum 8. Februar 2017 (Tag der Beschlussverkündung) vollzogen würde. Diese Auffassung verwarf der BFH allerdings wieder mit Urteil vom 23. August 2017, da auch hierfür keine gesetzliche Grundlage existiert. Das BMF erklärte mit einem Nichtanwendungserlass vom 29. März 2018 dieses Urteil für nicht anwendbar.

In der Zwischenzeit reagierte auch der Gesetzgeber auf den Wegfall des Sanierungserlasses und fügte unter anderem den neuen § 3 a in das Einkommensteuergesetz ein. Danach werden Betriebsvermögensmehrungen grundsätzlich von der Steuer freigestellt, wenn diese aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung resultieren. Betriebsausgaben, die mit einem steuerfreien Sanierungsertrag in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, dürfen nicht abgezogen werden, mindern jedoch den Sanierungsertrag. Durch Einfügung des neuen § 7 b GewStG wird zudem klargestellt, dass Sanierungserträge generell auch für Zwecke der Gewerbesteuer steuerbefreit sind.

Eine unternehmensbezogene Sanierung liegt nach dem Gesetzeswortlaut vor, wenn der Steuerpflichtige für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweist. Dabei stellt das Gesetz tatbestandlich auf die Voraussetzungen des früheren Sanierungserlasses ab.

Bereits aus dem Wortlaut wird deutlich, dass betriebliche Gründe für den Schuldenerlass vorliegen müssen. Dies ist nicht der Fall, soweit die Gründe für den Schuldenerlass gesellschaftsrechtlich veranlasst sind. So dürfte z. B. der isolierte Forderungsverzicht eines Gesellschafters nur schwer unter § 3 a EStG fallen, da es hier regelmäßig an betrieblichen Gründen fehlen wird. Anders ist dies nur, wenn neben dem Gesellschafter auch Drittgläubiger auf ihre Schulden (teilweise) verzichten und somit deutlich wird, dass betriebliche Gründe hierfür maßgeblich sind. Weitere Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist u. a., dass der Steuerpflichtige im Sanierungsjahr und Folgejahr steuerliche Wahlrechte gewinnmindernd ausübt (z. B. Wahlrecht zur Teilwertabschreibung).

Liegen die Voraussetzungen der Neuregelungen vor, so wird der Sanierungsertrag zunächst um die nicht abziehbaren Sanierungskosten gemindert. Um Doppelbegünstigungen zu vermeiden, wird anschließend der verbleibende Sanierungsertrag durch vorrangige Verrechnung mit bestehenden Verlustpositionen des Unternehmens und u. U. nahestehender Personen gemindert.

Ein verbleibender Sanierungsertrag bleibt dann steuerfrei.

So wünschenswert diese Neuregelungen für den Steuerpflichtigen sind, so sind sie zurzeit dennoch nicht anzuwenden. Da die Vorschriften eine europarechtswidrige Beihilfe darstellen können, stehen sie noch unter EU-Vorbehalt. Wie man aus dem BMF hört, verlaufen die Verhandlungen schwierig, so dass nicht abzusehen ist, ob die Genehmigung durch die Kommission erteilt wird.

Tipp für die Praxis

Was bedeutet dies nun für den Steuerpflichtigen? Auf Sanierungsgewinne aus einem Schuldenerlass vor dem 8. Februar 2017 finden die Neuregelungen keine Anwendung. Aufgrund des Nichtanwendungserlasses des BMF vom 29. März 2018 kann der Steuerpflichtige jedoch darauf hoffen, dass er nach wie vor auf den früheren Sanierungserlass vertrauen kann. Erfolgt der Schuldenerlass hingegen nach dem 8. Februar 2017, so hängt das weitere Vorgehen davon ab, wie sich die EU-Kommission verhält. Genehmigt sie die Vorschriften, so ist ein Sanierungsgewinn unter den darin festgelegten Voraussetzungen steuerfrei. Erklärt die EU-Kommission hingegen die Neuregelungen nicht mit dem europäischen Beihilferecht für vereinbar, so kommt es wohl zu einer Besteuerung des Sanierungsgewinns. Abhilfe kann in diesem Fall nur ein Antrag des Steuerpflichtigen auf abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen nach §163 AO oder auf einen Erlass des Steueranspruchs gemäß § 227 AO bringen. Hierfür muss jedoch im anhand einer Einzelbeurteilung geprüft werden, ob persönliche oder sachliche Gründe für eine solche Billigkeitsmaßnahme vorliegen. Ein Rückgriff auf die typisierenden Tatbestandsvoraussetzungen des bisherigen Sanierungserlasses ist nicht zulässig.


Dieser Artikel ist Teil des Updates Banking & Finance, welches Sie hier abonnieren können.

Neues zur steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen
Newsletter
Update Banking&Finance, August 2018
Download
PDF 982 kB

Autoren

Foto vonAlexander Schmitt
Alexander Schmitt, M.Jur. (Oxon)