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Was passiert, wenn plötzlich Schulden einer bereits abgewickelten Gesellschaft auftauchen?

Update Deutsch-Spanische Gruppe 12/2018

Dezember 2018

In einem Urteil vom Mai 2017 hat der Oberste Gerichtshof Spaniens (Tribunal Supremo) eine sehr umstrittene Frage aufgegriffen: Erlischt die Rechtspersönlichkeit einer Kapitalgesellschaft, wenn die Gesellschaft aus dem Handelsregister gelöscht wird?

Nach dem spanischen Kapitalgesellschaftsgesetz (Ley de Sociedades de Capital) beginnt der Liquidationsprozess einer Gesellschaft, sobald die Geschäftsführer entlassen und die Liquidatoren ernannt wurden. Die Abwicklung erfasst alle Transaktionen, die notwendig sind, um die Forderungen der Gesellschaft einzuziehen, ihre Vermögensgegenstände zu verwerten und alle ihre Schulden zu begleichen. Nach Abschluss des Liquidationsverfahrens müssen die Liquidatoren eine öffentliche Urkunde über das Erlöschen der Gesellschaft ausstellen, in der sie u. a. angeben, dass alle Gläubiger bezahlt oder ihre Forderungen in die Bücher aufgenommen wurden und dass den Gesellschaftern die Liquidationsgebühr oder deren Betrag gezahlt wurde. Die öffentliche Urkunde muss in das Handelsregister eingetragen werden, und ab diesem Zeitpunkt werden alle Eintragungen, die die Gesellschaft betreffen, gelöscht.

Hinsichtlich der Aktiva und Passiva, die nach der Auflösung der Gesellschaft und der Aufhebung ihrer Eintragung auftauchen, sieht das spanische Kapitalgesellschaftsgesetz vor, dass bei Aktiva die Liquidatoren verpflichtet sind, das Vermögen zu verwerten und den zusätzlichen Überschuss an die ehemaligen Gesellschafter anteilsmäßig auszuschütten. Im Falle auftauchender Verbindlichkeiten haften die ehemaligen Aktionäre gesamtschuldnerisch für die nicht gezahlten Schulden bis zur Höhe dessen, was sie als Liquidationsanteil erhalten haben.

In der Literatur gibt es zwei Ansichten dazu, wann die Rechtspersönlichkeit einer Kapitalgesellschaft erlischt und welche Wirkung die Löschung der Eintragungen entfaltet. Einerseits argumentiert die Mehrheit der Autoren, dass mit der Löschung der Registereinträge die aufgelöste und liquidierte Gesellschaft automatisch ihre Rechtspersönlichkeit verliert und in eine Gemeinschaft umgewandelt wird. Folglich können sich die Gläubiger bei Schulden, die nach der Löschung der Eintragung entstehen, nur an die Gesellschafter wenden, da die liquidierte Gesellschaft mangels Rechtspersönlichkeit nicht verklagt oder in Anspruch genommen werden kann. Eine Klage gegen die Gesellschaft, deren Eintragung gelöscht wurde, kann nur erhoben werden, wenn gleichzeitig die Löschung der Eintragung und die Wiedereröffnung des Liquidationsverfahrens beantragt werden.

Andererseits argumentiert eine Minderheit der Rechtslehre, dass die Löschung ein formaler, registerrechtlicher Automatismus sei, der nicht dazu führt, dass die Rechtspersönlichkeit der Kapitalgesellschaft endet. Vielmehr überlebe die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft bis zum Abschluss aller Liquidationsvorgänge. Sie haftet deswegen für die nicht erfüllten alten Verpflichtungen und für die neu entdeckten Verpflichtungen.

Obwohl sich der Oberste Gerichtshof bereits überwiegend dieser Position angeschlossen hatte, gab es einige abweichende Entscheidungen. Mit dem neuesten Urteil bestätigt das Plenum der Zivilkammer vollumfänglich die Argumente dafür, dass die Löschung lediglich deklaratorische Wirkung hat und dass die erloschene Gesellschaft die Rechtsfähigkeit beibehält, verklagt zu werden. Grund hierfür ist, dass es Ansprüche gibt, bei denen eine gerichtliche Anerkennung der Forderung notwendig sein kann, wozu die Forderung gegen die Gesellschaft gerichtet werden muss.

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