Robert Räuchle

Alumnus aus dem Kölner Büro

Werdegang

Robert Räuchle war 2008 im Kölner Büro für CMS im Bereich Arbeitsrecht tätig. Robert ist Leiter für Politikgestaltung in der Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in Berlin.


Robert, wie verlief der Weg, den Sie nach Ihrer Zeit bei CMS genommen haben? Was waren besondere Herausforderungen oder Einsichten nach Ihrem Wechsel von CMS in den öffentlichen Dienst?

Ich bin vom Kölner CMS Büro in das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gewechselt und habe dort seit Ende 2008 verschiedene Tätigkeiten ausgeübt. Ich war zunächst für ungefähr fünf Jahre in der Arbeitsrechtsabteilung des BMAS in dem Referat tätig, das für die Entsende-Richtlinie und das Arbeitnehmer-Entsendegesetz zuständig ist. Dies war eine sehr spannende Zeit, da ich insbesondere die Möglichkeit hatte, eine europäische Richtlinie für das BMAS in Brüssel zu verhandeln. Anschließend habe ich eine Tätigkeit in der internationalen Abteilung des BMAS ausgeübt. Ich war zuständig für die europäische Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme. Von dort aus bin ich 2015 in eines der beiden „Spiegelreferate“ des BMAS in das Bundeskanzleramt gewechselt und schließlich im September 2018 wieder zurück ins BMAS gekommen, in meine jetzige Funktion in der Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft. 
Als besonderes Merkmal der anwaltlichen Tätigkeit bei CMS habe ich die konsequente Ausrichtung auf den Mandaten und seine/ihre Ziele empfunden. Darin liegt aus meiner Sicht auch einer der zentralen Unterschiede zur Tätigkeit im Ministerium: Unabhängig davon, dass es dort über die jeweilige Hausleitung auch bestimmte „Leitplanken“ gibt, sind bei der konkreten Arbeit, wie etwa der Ausarbeitung gesetzlicher Regelungen oder anderer konzeptioneller Ansätze, die Interessen aller relevanten Stakeholder im jeweiligen Prozess zu berücksichtigen und zu gewichten.

An was erinnern Sie sich besonders, wenn Sie an Ihre Zeit bei CMS zurückdenken?

Besonders gerne erinnere ich mich an die gute, kollegiale Atmosphäre innerhalb des Teams, in dem ich tätig war. Überhaupt hat mich die sehr angenehme Arbeitsatmosphäre positiv überrascht, die gar nicht dem Klischee einer Tätigkeit in einer Großkanzlei entsprach. Das hat meine Entscheidung zu wechseln, auch nicht erleichtert und ist mir noch heute in Erinnerung.

Können Sie ausführlicher beschreiben, welche Ziele die Arbeit der Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft hat und wie Sie und Ihre Kolleg*innen Ihre je unterschiedlichen beruflichen Hintergründe einbringen?

Die Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft ist der erste ministeriale Digitalisierungs-Think Tank. Sie verbindet die Aufgaben und Funktionen eines klassischen Think Tanks und die Aufgaben und Funktionen eines Labs. Insbesondere aufgrund ihrer Einbettung in die Struktur des BMAS ist die Denkfabrik einzigartig. 
Mit der Einrichtung der Denkfabrik werden die in der vergangenen Legislaturperiode mit dem Dialog-Prozess Arbeiten 4.0 begonnenen Ansätze verstetigt. Das Ziel ist, zentrale politische Spannungsfelder und Gestaltungsaufgaben in der digitalen Arbeitsgesellschaft zu identifizieren und im Dialog mit Partnern in der Wissenschaft und Praxis im In- und Ausland Lösungsmöglichkeiten auf regulatorischer und untergesetzlicher Ebene zu erarbeiten. Das Leitbild der Denkfabrik ist dabei eine „inklusive Digitalpolitik“, d.h. die digitale Transformation wird systematisch und konsequent von den Menschen her gedacht – in ihren verschiedenen Rollen als Bürgerinnen und Bürger, Erwerbstätige oder Verbraucher. Das Team, das ich verantworte, betrachtet die Digitale Transformation aus der juristischen und politikwissenschaftlichen Perspektive und erarbeitet konkrete Lösungsvorschläge. Das ist sehr spannend, weil das in einem interdisziplinären Austausch mit den anderen Teams und vielen Stakeholdern geschieht.
Die Arbeit der Denkfabrik ist konsequent auf die Zukunft ausgerichtet und wir denken weit über eine Legislaturperiode hinaus. Dafür entwickelt die Denkfabrik Instrumente zur strategischen Vorausschau und vernetzt sich sehr eng mit Akteuren im nationalen und internationalen Diskurs. Im Mittelpunkt steht dabei das Ziel, besser mit Komplexität umgehen zu können und in Szenarien zu denken, um flexibel und handlungsfähig zu sein. Eng damit verknüpft ist das Prinzip der partizipativen Innovation, bei dem Expertenarbeit und soziale Kommunikationsprozesse eng miteinander verwoben werden und insbesondere externe Expertise und externe Stakeholder frühzeitig einbezogen werden. 
Dieser Ansatz spiegelt sich auch in der organisatorischen Aufstellung der Denkfabrik wider: Die drei Teams (Dialog & Vernetzung, Analysen & strategische Vorausschau, Politikgestaltung) sind methodisch aufgestellt und bilden mit ihren Kompetenzen die Bandbreite der verschiedenen Zuständigkeiten des BMAS insgesamt ab. Die Themen werden dabei von Mitgliedern aus allen Teams bearbeitet, um die unterschiedlichen Kompetenzen und Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen möglichst frühzeitig im Sinne einer Synergie einzubringen.

In meinem Kennenlernen der Arbeit der Denkfabrik finde ich sehr bemerkenswert, welche Formen des miteinander Arbeitens und auch des miteinander Sprechens in öffentlichen Formaten probiert bzw. etabliert werden. Können Sie darüber mehr erzählen? 

Teil der Einrichtung der Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft ist auch die Entscheidung, selbst neue bzw. andere Formen der Zusammenarbeit auszuprobieren und insofern als Experimentierraum für das BMAS zu dienen. Wenn man so will, ist das der Lab-Anteil unserer Tätigkeit. Das fängt zunächst damit an, dass wir alle zusammen in einem Teamraum arbeiten und – anders als sonst im BMAS bzw. anderen Ministerien üblich – keine Einzelbüros haben. In Verbindung mit der organisatorischen Aufstellung der Teams und den damit überlappenden Verantwortungsbereichen bzw. Zuständigkeiten arbeitet die Denkfabrik interdisziplinär, themen- und hierarchieübergreifend zusammen. Das erleichtert Vieles, ist zugleich aber auch anstrengender als das Arbeiten in Einzelbüros und innerhalb fest vorgegebener Strukturen und einer klaren Hierarchie mit festgelegten organisatorischen Abläufen. Und es stellt viel höhere Anforderungen an die Kommunikations-, Diskussions- und Konfliktkultur, die man gemeinsam entwickeln und fortdauernd reflektieren muss. Darüber hinaus nutzt die Denkfabrik verstärkt agile Methoden, wie Design Thinking, Working out loud, Labs und partizipative Co-Creation-Prozesse, um sich den Themen aus verschiedenen Richtungen zu nähern und unterschiedliche Methoden wie Perspektiven einzufangen.

Die Arbeit der Denkfabrik widmet sich designiert Fragen der digitalen Arbeitsgesellschaft. Welche Potentiale sehen Sie in diesem Zusammenhang mit der in der Rechtsberatung gleichermaßen fortschreitenden Digitalisierung?

Die Digitalisierung wird nach meiner Überzeugung zu einer tiefgreifenden Veränderung der Art wie wir arbeiten, aber auch der Tätigkeiten selbst führen. Davon sind auch Juristen und ihre Tätigkeitsbereiche, insbesondere die Rechtsberatung nicht ausgenommen. Ich glaube aber nicht, dass dies dazu führen wird, dass Juristen die Arbeit ausgeht oder sie gar überflüssig werden. Insbesondere bei anspruchsvollen Tätigkeiten wie der juristischen Beratung werden neue Technologien, wie z.B. Künstliche Intelligenz zu einer Entlastung führen können und eine eher unterstützende Funktion haben. Als (frühes) Beispiel kann hier aus meiner Sicht das von CMS entwickelte Instrument zur Prüfung des Beschäftigungsstatus (FPE) angeführt werden.

Vielen Dank für das Gespräch, Robert! 

Das Interview fand im Dezember 2019 statt.