Home / Veröffentlichungen / Wann erfolgt die Rückgabe der Mietsache nach Mie...

Wann erfolgt die Rückgabe der Mietsache nach Mietende?

Update Real Estate & Public 09/2019

September 2019

Hintergrund

Der BGH (Urteil vom 27.02.2019 – XII ZR 63/18) beschäftigte sich mit der Frage, wann die kurze, mietrechtliche Sechs-Monats-Frist nach § 548 BGB zu laufen beginnt. Dies war von Bedeutung, nachdem sich die Parteien über Schadensersatzansprüche aus der Rückgabe von gewerblichen Mieträumen stritten. Im Mietvertrag war vereinbart, dass der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses die von ihm vorgenommenen Einbauten in die Mietsache zu entfernen hat. Der Mieter räumte die Mietsache nach seiner Kündigung vom 30.09.2012 im Oktober 2012, ohne die Einbauten zu entfernen. Mit Schreiben vom 09.11.2012 bot der Mieter dem Vermieter zwar die sofortige Rückgabe der Mietsache an, bat allerdings zugleich auch um einen Terminvorschlag für eine gemeinsame Besichtigung mit der Intention, eine Einigung über die Einbauten und gegebenenfalls eine Übernahme durch den Vermieter zu erzielen. Der Mieter führte nach einer gemeinsamen Besichtigung am 14.12.2012 die ihm vom Vermieter mitgeteilten Rückbauarbeiten in der Mietsache durch und gab die Mietsache am 08.02.2013 mitsamt den Schlüsseln an den Vermieter zurück. Der Vermieter war mit den geleisteten Rückbauarbeiten unzufrieden und forderte den Mieter zu weiteren Arbeiten auf, die dieser am 13.06.2013 endgültig verweigerte. Gegen die dem Mieter am 01.08.2013 zugestellte Klage verteidigte sich der Mieter u. a. mit der Verjährungseinrede. Die Vorinstanz (OLG Brandenburg, Urteil vom 19.06.2018 – 3 U 72/17) war dem Beklagten gefolgt und hatte die Klage als unbegründet zurückgewiesen.

Die Entscheidung

Der BGH hat der Verjährungseinrede anders als die Vorinstanz nicht stattgegeben. Dabei hat der BGH hervorgehoben, dass die Frist erst dann zu laufen beginnt, wenn der Vermieter die Mietsache zurückerhalten hat. Hierfür bedarf es einer Änderung der Besitzverhältnisse zu Gunsten des Vermieters, weil der Vermieter erst durch die unmittelbare Sachherrschaft in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache zu machen. Auch müsse der Mieter den Besitz vollständig und unzweideutig aufgeben. Nach dem BGH waren diese Voraussetzungen erst zum Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache am 08.02.2013 erfüllt, da der Vermieter auch während der gemeinsamen Besichtigung der Mietsache am 14.12.2012 sowie im Anschluss an die Besichtigung keinen ungestörten Alleinbesitz an der Mietsache erlangt hatte. Dieser lag bis zum 08.02.2013 weiterhin beim Mieter. Die in Rechtsprechung und Literatur viel diskutierte Frage, welche Auswirkungen es auf den Lauf der Verjährungsfrist hat, wenn der Vermieter mit dem Rücknahmeangebot des Mieters in Annahmeverzug gerät, musste der BGH nicht entscheiden. Anders als die Vorinstanz, die sich auf den Standpunkt gestellt hatte, dass es der Erlangung des unmittelbaren Besitzes der Mietsache durch den Vermieter gleichsteht, wenn sich der Vermieter durch Zurückweisung eines Angebots auf Rückgabe selbst die Möglichkeit nimmt, die unmittelbare Sachherrschaft auszuüben, war der BGH der Meinung, dass das Schreiben vom 09.11.2012 noch nicht mal als vorbehaltloses Rücknahmeangebot gewertet werden könne. Denn der Mieter begehrte in dem Schreiben noch eine nähere Abstimmung bezüglich der offenen Frage zu dem von ihm geschuldeten Rückbau der Einbauten. Eine Auslegung des Schreibens dahingehend, dass er die Sachherrschaft über die Mietsache bereits vor Klärung dieser Frage vollständig und endgültig aufgeben will, sei daher nicht möglich.

Praxistipp

Obwohl höchstrichterlich nach wie vor nicht geklärt ist, inwieweit ein Annahmeverzug des Vermieters den Lauf der kurzen mietrechtlichen Verjährungsfrist in Gang setzt, trägt die Entscheidung zu mehr Rechtssicherheit bei. Möchte der Mieter sicher die sechsmonatige Verjährungsfrist in Gang setzen, muss dies durch ein eindeutiges und vorbehaltloses Angebot in Kombination mit einer vollständigen Besitzaufgabe durch Übergabe sämtlicher Schlüssel erfolgen.

Dieser Artikel ist Teil des Update Real Estate & Public, das Sie hier abonnieren können.

Autoren

Foto vonLukas Potstada
Lukas Potstada
Counsel
Stuttgart