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Auswege aus den Russland-Sanktionen

Oktober 2014

Als Reaktion auf die EU-Sanktionen hat Russland am 6. August 2014 ebenfalls Sanktionen in Form eines Lebensmittelembargos gegen einzelne westliche Staaten erlassen. Dies erfolgte durch die Unterzeichnung des Dekrets Nr. 560 "Über die Anwendung von Sonderwirtschaftsmaßnahmen für die Gewährleistung der Sicherheit der Russischen Föderation" durch den Präsidenten der Russischen Föderation Wladimir Putin. In der Praxis hat sich aber mittlerweile gezeigt, dass die betreffenden Bestimmungen nicht ganz so wasserdicht gegen Umgehungen sind, wie es den Anschein hatte. In dieser Newsletter-Ausgabe informieren wir Sie über den Inhalt der russischen Sanktionen und zeigen mögliche Gestaltungsspielräume auf.

I. Inhalt der russischen Sanktionen

Landwirtschaftliche Produkte, die in einer Liste einzeln nach Produktgruppen aufgeführt sind, dürfen nicht mehr nach Russland eingeführt werden, wenn sie aus den USA, der EU, Kanada, Australien oder Norwegen kommen.

Von dem Einfuhrverbot sind im Einzelnen die folgenden Produkte betroffen:

  • Rindfleisch;
  • Schweinefleisch;
  • Geflügelfleisch und Schlachtnebenprodukte;
  • Rauchfleisch, Trockenfleisch, Pökelfleisch;
  • Fisch, Krebstiere, Muscheln und andere wirbellose Wassertiere;
  • Milch und Milchprodukte;
  • Gemüse, Wurzelgemüse und Knollenfrüchte;
  • Obst und Nüsse;
  • Würste und analoge Produkte;
  • Endprodukte, einschließlich Käse und Quark, auf Basis pflanzlicher Fette.

Dieses Verbot gilt zunächst für ein Jahr. Für den Fall der Veränderung der politischen oder wirtschaftlichen Situation hat sich die Regierung der Russischen Föderation jedoch vorbehalten, die Dauer und den Inhalt der verhängten Maßnahmen zu ändern. Einzelne Änderungen, mit denen Produkte wieder ausgenommen wurden, sind bereits erlassen worden.

Das russische Sanktionsregime zeigt erhebliche Auswirkungen auf den Einzelhandel. In den sanktionierten Staaten sind insbesondere Exporteure von Agrarprodukten betroffen. Die Beschränkungen weiten sich in Russland über den Import der gelisteten Ware ferner auch auf die Verarbeitung von Lebensmitteln wie Wurst, Marmelade, Saft und Getränken sowie Müsli und Kartoffelchips aus. Anders als die EU-Sanktionen lassen die russischen Sanktionen jedoch Raum für Gestaltung.

II. Mögliche Gestaltungsspielräume

1. Änderung des Herkunftslandes

Maßgebliches Kriterium für das Importverbot ist das Herkunftsland. Es besteht also die Möglichkeit, ein deutsches Produkt in einem nicht sanktionierten Land selbst oder durch Dritte so umzuarbeiten, dass das Drittland als Herkunftsland gilt. Maßgeblich dafür sind die örtlichen Vorschriften - in der GUS oder in der Eurasischen Wirtschaftsunion ist eine „ausreichende Verarbeitung“ (sufficient processing) erforderlich. Die Ware muss also in einem gewissen Maße bearbeitet werden. Umverpackung reicht insoweit nicht aus.

Eine Umarbeitung der Ware etwa in Weißrussland mit dem Ergebnis, dass Weißrussland als Herkunftsland gälte, würde daher die Lieferung der verbotenen Lebensmittel legalisieren. Derartige Gestaltungen werden bereits praktiziert. So hat sich beispielsweise die Lieferung von norwegischem Fisch nach Weißrussland seit August 2014 verdreifacht. Die Ware bekommt nach der Umarbeitung in Weißrussland – oft auf den Verarbeitungslinien von russischen Firmen – eine neue Zollkennzahl, die die Weiterlieferung nach Russland ermöglicht.

2. Verlagerung der Produktion

Ist das Herkunftsland der Ware kein sanktioniertes Land, greifen die Einfuhrverbote nicht. Ein deutscher Produzent, der ebenfalls in der Türkiye produziert, könnte somit deutsche Lieferungen durch Lieferungen aus der Türkiye ersetzen. In Betracht kommt auch die teilweise oder vollständige Verlagerung der Produktion in ein nicht sanktioniertes Land, oder die Einbindung lokaler Partner bei der Verarbeitung der Ware.

3. Keine systematischen Grenzkontrollen innerhalb der Zollunion

Bemerkenswert ist weiter, dass die Eurasische Zollunion, deren Mitglied Russland ist, sich den Sanktionen nicht angeschlossen hat. Auch sanktionierte Produkte können daher die Außengrenzen der Zollunion, beispielsweise in Weißrussland oder Kasachstan, ungehindert überschreiten. Liefert der weißrussische Empfänger nach Russland weiter, findet keine systematische Grenzkontrolle mehr statt.

Offiziell gibt es eine Verständigung zwischen Russland, Weißrussland und Kasachstan, solche Ware aus den anderen Mitgliedsländern der Zollunion nicht nach Russland gelangen zu lassen. Russland hat insoweit bislang kaum Sonderkontrollen eingerichtet. Würde solche Ware von Weißrussland nach Russland verbracht, wäre dies ein Verstoß gegen die Sanktionen. Dieser Verstoß ist durch die russischen Behörden allerdings nur schwer zu kontrollieren.

III. Fazit

Die von Russland verhängten Gegensanktionen schmerzen hierzulande viele Unternehmer. Da das russische Sanktionsregime aber anders als die EU- und US-Sanktionen konzipiert ist und keinen Umgehungsschutz enthält, lohnt es sich, alternative Gestaltungsmöglichkeiten bei der Einfuhr von betroffenen Produkten, insbesondere unter Einbeziehung Weißrusslands, in Betracht zu ziehen. Zusammen mit unseren weißrussischen Kollegen der Partnerkanzlei Raidla Lejins Norcus in Minsk ist CMS in der Lage, Ihnen umsetzbare Lösung anzubieten.

Ihr Ansprechpartner

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