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Eine verspätete Bedenkenanmeldung ist wirkungslos

Update Real Estate & Public 04/2019

April 2019

Hintergrund

Will sich ein Auftragnehmer auf die fehlerhafte Vorleistung eines Dritten berufen, muss er Bedenken anmelden. Geschieht dies nicht ordnungsgemäß, haftet er gleichwohl für mangelhafte Leistungen, die auf der fehlerhaften Vorleistung beruhen. Der Bedenkenanmeldung kommt daher eine erhebliche Bedeutung zu. In seiner Entscheidung vom 28.09.2018 – 11 U 128 / 17 – legt das OLG Hamburg nochmals die inhaltlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Bedenkenanmeldung dar. Demnach darf sie insbesondere nicht zu spät erfolgen.

Die Entscheidung

In dem vom OLG Hamburg entschiedenen Fall war der Auftragnehmer u. a. mit der Verlegung eines PVC-Bodens in einer Arztpraxis beauftragt. Der Beauftragung lag eine vom Auftraggeber bereitgestellte Planung eines Spezialisten für Praxisausstattungen zugrunde, die u. a. auch das zu verwendende Produkt im Detail vorgab. Dem Produktdatenblatt war zu entnehmen, dass der PVC-Boden nur für Möbel mit weichen Rollen geeignet war, da sich ansonsten Rillen zeigen würden. Dem Auftragnehmer war bekannt, dass die Praxismöbel des Arztes diesen Anforderungen nicht entsprachen. Gleichwohl verlegte er den vorgegebenen PVC-Boden.

Gegen die Mangelbeseitigungsklage des Auftraggebers wandte der Auftragnehmer ein, es liege schon kein Mangel vor, da er genau das Produkt verlegt habe, das ihm vorgegeben wurde. Zudem habe er Bedenken angemeldet, indem er dem Auftraggeber vor Übergabe der Praxisfläche das Produktdatenblatt des PVC-Bodens übergeben habe, in dem auf die Nutzungsanforderungen hingewiesen wurde. Rillen seien in dem PVC-Boden nur entstanden, weil der Auftraggeber diese Nutzungsanforderungen nicht beachtet habe.

Das OLG Hamburg erteilte beiden Argumenten eine Absage. Der für die Frage des Vorliegens eines Mangels relevante Werkerfolg beschränke sich nicht allein auf die vereinbarte Leistung. Vielmehr werde die Leistungsvereinbarung von der Pflicht zur Herstellung eines nach den Vertragsumständen zweckentsprechenden funktionstauglichen Werks überlagert. Diese Funktionstauglichkeit sei nicht erreicht worden, da dem Vertrag der allseits bekannte Umstand zugrunde lag, dass der Auftraggeber auf dem PVC-Boden seine Praxismöbel aufstellen wollte. Diese Funktionserwartung wurde nicht erfüllt, sodass das Werk mangelhaft sei.

Auf die Tatsache, dass ihm der Einbau des PVC-Bodens vorgegeben wurde, könne sich der Auftragnehmer ebenfalls nicht berufen, denn er habe nicht ordnungsgemäß Bedenken gegen dessen Verwendung angemeldet. Ein Bedenkenhinweis habe zur rechten Zeit, in der gebotenen Form, in der gebotenen Klarheit und gegenüber dem richtigen Adressaten zu erfolgen. Die Versendung des Produktdatenblatts an den Auftraggeber erfülle diese Anforderungen nicht. Es handele sich schon nicht um einen ausdrücklichen Hinweis des Auftragnehmers. Vor allen Dingen aber sei die Versendung erst nach Verlegung des PVC-Bodens erfolgt. Dies genüge nicht, denn so werde der Auftraggeber nicht in die Lage versetzt, die Tragweite einer Nichtbefolgung des Hinweises zu erkennen und gegebenenfalls zu reagieren.

Tipp für die Praxis

Erkennt der Auftragnehmer eine Planung oder die Leistung seines Vorunternehmers als mangelhaft oder risikoreich, ist er gehalten, gegenüber seinem Auftraggeber Bedenken anzumelden, um sich auf diese Weise zu exkulpieren für den Fall, dass gleichwohl auf Basis der fehlerhaften Planung oder Vorleistung (weiter-)gebaut wird und dadurch ein Mangel auch in seiner Leistung entsteht. Der Exkulpationseffekt tritt aber nur dann ein, wenn die Bedenkenanzeige rechtzeitig, klar und an den Auftraggeber gerichtet platziert wird, sodass diesem das Risiko deutlich vor Augen gehalten wird. Aus Beweisgründen sollte die Anzeige unbedingt schriftlich eingereicht werden, was § 4 Abs. 3 VOB / B auch ausdrücklich verlangt.

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Martin Krause
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Köln