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Gestaltung der Gesellschafterliste – es grüßen die formalen Vorgaben

Update Gesellschaftsrechtliche Gestaltung 04/2022

April 2022

Eine Entscheidung darüber, dass „neu“ nicht immer besser ist

In dem der Entscheidung des OLG Oldenburg zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um die Gesellschafterliste einer GmbH. Die beiden Gesellschafter übertrugen jeweils einen Teil ihrer Geschäftsanteile an drei neu hinzutretende Gesellschafter. Die erforderliche aktualisierte Gesellschafterliste reichte der beurkundende Notar zum Handelsregister ein. Zuvor hatte der Notar die existierenden 500 Geschäftsanteile aus Gründen der „Übersichtlichkeit“ neu nummeriert. Die Neunummerierung akzeptierte das Registergericht allerdings nicht – und wies diese zurück. Der hiergegen eingelegten Beschwerde des Notars gab das OLG Oldenburg nicht statt und entschied, dass die „bloße“ Übertragung bestehender Geschäftsanteile auf neue Gesellschafter eine Neunummerierung der Geschäftsanteile nicht rechtfertigt. 

Die Gesellschafterliste als Anknüpfungspunkt für Rechtsfolgen 

Es liegt nahe, dass eine Zurückweisung der Gesellschafterliste durch das Registergericht, das sich daran anschließende Beschwerdeverfahren und die Beseitigung formaler Fehler Zeit und manchmal auch Nerven kosten. Eine Verzögerung der Eintragung neuer und der Austragung ehemaliger Gesellschafter könnte aber tatsächlich weitaus gravierendere Folgen haben. Auf die Frage nach dem „Warum“ gibt das Gesetz mit § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG eine Antwort:

„Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist.“

Unterschieden wird dabei zwischen der formalen Gesellschafterstellung, die mit der Eintragung in die Gesellschafterliste erworben wird, und der materiell-rechtlichen Gesellschafterstellung. Letztere wird bereits durch die (beurkundete und wirksame) Übertragung eines Geschäftsanteils erlangt. Vereinfacht gesagt: Die Eintragung in die Gesellschafterliste ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine wirksame Übertragung von Geschäftsanteilen. Sehr wohl ist die formale Gesellschafterstellung nach § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG aber „Legitimationsbasis“ für die Geltendmachung von Gesellschafterrechten – selbst dann, wenn dem in der Gesellschafterliste eingetragenen „vermeintlichen“ Gesellschafter die Geschäftsanteile wegen wirksamer Übertragung gar nicht mehr gehören. Mit der fehlenden Legitimation zur Ausübung von Gesellschafterrechten gegenüber der Gesellschaft ist es aber nicht getan. Die Gesellschafterliste begründet einen Rechtsschein, der mit Ausnahme weniger Fälle den gutgläubigen Erwerb durch einen Nichtberechtigten ermöglicht (§ 16 Abs. 3 S. 1 GmbHG). Aus Praktikabilitätsgründen und zur Gewährleistung eines rechtssicheren Erwerbs von Geschäftsanteilen soll darauf vertraut werden können, dass die in der Gesellschafterliste ausgewiesenen Personen auch tatsächlich Gesellschafter sind. Kein Wunder also, dass neue Gesellschafter ein Interesse an einem zügigen Update der Gesellschafterliste und damit dem Gleichlauf mit der materiell-rechtlichen Rechtslage haben. 

Formalia, Formalia und nochmals Formalia

Für die begehrte zügige Hinterlegung der aktualisierten Gesellschafterliste im Handelsregister zuständig sind die Geschäftsführer der Gesellschaft (in vertretungsberechtigter Zahl) oder ein Notar, der an einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung mitgewirkt hat.
Unabhängig davon, durch wen die „neue“ Gesellschafterliste eingereicht wird, ist in jedem Fall auf die Einhaltung bestimmter Formalia zu achten. Die formalen Vorgaben finden sich zum einen in der Vorschrift § 40 Abs. 1 GmbHG, nach der etwa Personenangaben zu den die Geschäftsanteile übernehmenden Gesellschaftern, die Nennbeträge und die laufenden Nummern der übernommenen Geschäftsanteile anzugeben sind. Sinn und Zweck der Vorschrift sind das Schaffen von Transparenz über die Anteilseignerstrukturen und die Verhinderung von Geldwäsche. Zudem finden sich gesetzliche Vorgaben in der seit dem Jahr 2018 geltenden Verordnung über die Ausgestaltung der Gesellschafterliste. Aus der Verordnung über die Ausgestaltung der Gesellschafterliste (GesLV) ergibt sich unter anderem, dass Geschäftsanteile fortlaufend und eindeutig zu nummerieren sind. Zudem gilt nach § 1 Abs. 2 GesLV der Grundsatz der Nummerierungskontinuität: Eine für einen Geschäftsanteil einmal vergebene Nummer darf nicht für einen anderen Geschäftsanteil verwendet werden. Außerdem ist die Änderung von Nummern nur ausnahmsweise zulässig. 
Nur in begrenzten und gesetzlich genannten Ausnahmefällen, etwa im Falle einer Unübersichtlichkeit der Gesellschafterliste aufgrund der bisherigen Nummerierung (§ 1 Abs. 4 GesLV), ist eine Abweichung von dem in § 1 Abs. 2 GesLV geregelten Grundsatz zulässig. Bleiben Geschäftsanteile daher unverändert und wechselt lediglich der dazugehörige Gesellschafter, muss die Nummerierung nach der Verordnung über die Ausgestaltung der Gesellschafterliste beibehalten werden, was auch das OLG Oldenburg in seinem Beschluss deutlich aussprach:

„Insoweit steht es nicht im Belieben der Beteiligten, den Inhalt der von ihnen eingereichten Gesellschafterliste in Abweichung von gesetzlichen Vorgaben zu gestalten. Dem steht der auch insoweit geltende Grundsatz der Registerklarheit entgegen.“

Nach Auffassung des OLG Oldenburg war dem Gesetzgeber eine einheitliche Gestaltung der Gesellschafterliste derart wichtig, dass er im Rahmen der Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie eine Verordnungsermächtigung mit in das Gesetz aufgenommen hat, um Vorgaben für die Gestaltung der Gesellschafterliste zu schaffen. Hierzu führt das OLG Oldenburg aus:

„Diesem gesetzgeberischen Anliegen widerspräche es, wenn die Registergerichte Gesellschafterlisten auch dann in den Registerordner aufnehmen müssten, wenn die gesetzlichen Vorgaben der GesLV nicht eingehalten werden.“

Vor diesem Hintergrund ist bei einer Neunummerierung stets sorgfältig zu prüfen, ob eine die Neunummerierung rechtfertigende Ausnahme, insbesondere eine (vermeintliche) Unübersichtlichkeit der Gesellschafterliste aufgrund der bisherigen Nummerierung, vorliegt. Genau überprüfen wird dies spätestens das Registergericht, das nicht nur als „Verwahrstelle“ fungiert, sondern dem auch ein formales Prüfungsrecht (und eine Prüfungspflicht) zusteht.

Augen auf bei der Gestaltung der Gesellschafterliste

Wie man der Entscheidung des OLG Oldenburg entnehmen kann, ist für eine freie Gestaltung der Gesellschafterliste kein Platz. Die Erfüllung der formalen Voraussetzungen wird vom Registergericht streng überprüft und eine Missachtung mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer Zurückweisung der Gesellschafterliste geahndet – was nicht weiter tragisch wäre, wenn nicht das Risiko bestünde, dass sich ein gutgläubiger Dritter über den Erwerb von Geschäftsanteilen freut oder wenn der materiell-rechtliche Inhaber der Geschäftsanteile seine Gesellschafterstellung gegenüber der Gesellschaft weiter ausübt.

PS: In dem der Entscheidung des OLG Oldenburg zugrunde liegenden Fall erfolgte die Neunummerierung der 500 Geschäftsanteile mit den Nummern 501 bis 1000 anstelle der bisher vergebenen Nummern 1 bis 500 aus Gründen einer übersichtlicheren Gesellschafterliste. Weshalb die Gesellschafterliste durch die vorgeschlagene Neunummerierung „übersichtlicher“ sein sollte, erschloss sich dem OLG Oldenburg – und auch der Verfasserin – nicht.

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Autoren

Foto vonKatharina Ivic
Katharina Ivic
Senior Associate
Stuttgart