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Reichweite gesellschaftsvertraglicher Wettbewerbsverbote

Update Gesellschaftsrechtliche Gestaltung 04/2022

April 2022

1. Allgemein: Wettbewerbsverbot nur bei „strategischem Einfluss“

Bereits gegenüber „regulären“ Gesellschaftern (die ihre Beteiligung nicht gekündigt haben) kann ein Wettbewerbsverbot nicht uneingeschränkt vereinbart werden. Unkritisch ist die Lage nur bei beherrschenden Gesellschaftern. Diesen ist es nach der Rechtsprechung selbst ohne entsprechende Satzungsregelung verboten, zu ihrer Gesellschaft in Konkurrenz zu treten. Gesellschafter, die zwar keine Mehrheit halten, aber aufgrund ihrer Beteiligung Einfluss auf strategische Fragen der Geschäftsführung ausüben können, können in der Satzung einem Wettbewerbsverbot unterworfen werden. Dagegen sind Wettbewerbsverbote gegenüber Minderheitsgesellschaftern, die keinen Einfluss auf strategische Fragen der Geschäftsführung ausüben können, grundsätzlich unwirksam. 

Sofern ein Gesellschafter auch Geschäftsführer der Gesellschaft ist, folgt ein Wettbewerbsverbot aus seiner Organstellung. In diesen Fällen ist die Höhe der Beteiligung damit ohne Relevanz. Das Wettbewerbsverbot kann auch auf eine gewisse Dauer nach Vertragsende erstreckt werden, wofür indes eine Karenzentschädigung zu leisten ist.

2. Vertragliches Wettbewerbsverbot nach Kündigung 

Kündigt ein Gesellschafter seine Gesellschafterstellung, so scheidet er häufig nicht sofort, sondern erst nach Ablauf einer Kündigungsfrist aus. Fraglich ist, ob für den Zeitraum der Kündigungsfrist gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote zu Lasten des kündigenden Gesellschafters weiterhin gelten sollen.

Diese Frage hatte das OLG Nürnberg jüngst zu klären – und beantwortete sie zu Gunsten des Gesellschafters. Allerdings enthielt der Fall, über den das OLG Nürnberg zu entscheiden hatte, eine Besonderheit: Für die Dauer der Kündigungsfrist sollte der kündigende Gesellschafter kein Stimmrecht mehr haben. Das OLG Nürnberg befand daher, dass der Verfügungskläger nicht anders behandelt werden könnte als ein Gesellschafter, der bereits ausgeschieden sei. Dem Gesellschafter sei es trotz fortbestehender Gesellschafterstellung versagt, in den Angelegenheiten der GmbH mitzusprechen und auf ihre künftige Entwicklung Einfluss zu nehmen. Es könne ihm daher nicht zugemutet werden, sich bis zur Umsetzung seines Austritts jeglichen Wettbewerbs mit der Gesellschaft zu enthalten. 

Die Entscheidung des OLG Nürnberg entspricht der aktuellen Tendenz in der Rechtsprechung, gesellschaftsvertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbote für kritisch zu erachten oder gar für unwirksam zu erklären. So entschied das OLG Stuttgart bereits im Jahr 2017, dass ein Geschäftsführer nicht dadurch gegen sein Wettbewerbsverbot verstoße, dass er eine rein kapitalistische Minderheitsbeteiligung an einem Konkurrenzunternehmen erwirbt, ohne Einfluss auf dessen Geschäftsführung und unternehmerische Entscheidungen nehmen zu können. Maßgeblich sei weniger die Höhe der Beteiligung als die innere Stellung des Gesellschafters in dem Konkurrenzunternehmen. In einem weiteren Urteil aus dem Jahr 2019 befand das OLG Stuttgart, dass das Wettbewerbsverbot gegenüber einem Minderheitsgesellschafter, der sein Dienstverhältnis mit der Gesellschaft beendet habe, unwirksam werde. Mit der Beendigung des Dienstverhältnisses bestehe keine Gefahr mehr, dass der Gesellschafter das Unternehmen von innen aushöhlen und seiner wirtschaftlichen Existenzgrundlage berauben könne. Die Entscheidung des OLG Stuttgart betraf ebenfalls einen ausscheidenden Gesellschafter. Jedoch lässt sich die Begründung des OLG Stuttgart auch auf Fälle übertragen, in denen der betroffene Gesellschafter seine Mitgliedschaft in der Gesellschaft nicht gekündigt hat. 

3. Schlussfolgerungen für die Praxis

Die aktuelle Rechtsprechung der Obergerichte gibt Anlass zur Überprüfung bestehender gesellschaftsvertraglicher Regelungen zum Wettbewerbsverbot. Zu rechnen ist damit, dass ein Wettbewerbsverbot generell nicht zu Lasten ausscheidender Gesellschafter vereinbart werden kann. Bereits der Umstand, dass ein Gesellschafter nach Ausspruch seiner Kündigung seine Stimmrechte nur noch eingeschränkt ausüben kann, dürfte das Wettbewerbsverbot zu Lasten des kündigenden Gesellschafters aushebeln. 

Gestärkt wird damit die Rechts- und Verhandlungsposition des ausscheidenden Gesellschafters: Er kann unmittelbar in Konkurrenz zu seiner Gesellschaft treten. Damit wächst auf Seiten der Gesellschaft und der verbleibenden Gesellschafter das Interesse, den kündigenden Gesellschafter möglichst rasch loszuwerden und ihm ggf. eine Abkürzung der Kündigungsfrist oder eine schnellere Auszahlung seiner Abfindung zu gewähren. 

Schützen kann sich die Gesellschaft möglicherweise dadurch, dass in der Satzung ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot geregelt wird. Allerdings ist die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes zu Lasten ausscheidender Gesellschafter nur in Ausnahmefällen zulässig und in jedem Fall auf das zeitlich, örtlich und gegenständlich erforderliche Maß zu beschränken. Man wird ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für grundsätzlich zulässig erachten können, wenn der betreffende Gesellschafter auch in der Geschäftsleitung des Unternehmens tätig war, sei es als Organmitglied oder als Arbeitnehmer auf oberer Führungsebene. Bei rein vermögensmäßig beteiligten Gesellschaftern dürften nachvertragliche Wettbewerbsverbote dagegen immer unzulässig sein. 

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Autoren

Foto vonDaniel Otte
Dr. Daniel Otte, LL.M. (Boston Univ.)
Partner
Köln