Europa und Deutschland haben sich ambitionierte Klimaziele gesetzt. Nicht zuletzt infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine rücken die Transformation des europäischen Energiemarktes und der dazugehörige Netzausbau noch stärker in den politischen und gesellschaftlichen Fokus. Dabei geht es nicht nur um elektrische Energie, auch der Markthochlauf von Wasserstoff nimmt – insbesondere durch die Fortschreibung der nationalen Wasserstoffstrategie (NWS 2023) – weiter Fahrt auf.
Verabschiedung der RED III-Richtlinie
Die Änderung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III) ist Teil des bereits im Juli 2021 von der EU-Kommission vorgelegten Legislativpakets „Fit for 55“. Mit der nunmehr am 9. Oktober 2023 förmlich verabschiedeten und am 31. Oktober 2023 im EU-Amtsblatt verkündeten Fassung der Richtlinie (EU) 2023/2413 vom 18. Oktober 2023 (RED III) setzt der europäische Gesetzgeber ein weiteres Zeichen und höhere Klimaziele: Bis 2030 soll der Bruttoendenergieverbrauch aus erneuerbaren Energien 45% betragen. Davon gelten 42,5% als verbindliches und 2,5% als indikatives zusätzliches Ziel. Die vorherige Fassung der Richtlinie ((EU) 2018/2001 - RED II) sah lediglich einen Anteil von 32% vor. Daher müssen hierfür nicht nur gewaltige Erzeugungskapazitäten geschaffen werden, auch ein integrierter und beschleunigter Ausbau der Netzinfrastrukturen in Europa ist unerlässlich. All dies (und mehr) greift der europäische Gesetzgeber in der geänderten RED III-Richtlinie auf.
Europäischer Ausbau von Erzeugungs- und Transportkapazitäten
Der Ausbau der Erzeugungs- und Transportkapazitäten muss europäisch gedacht werden. Das erkennt auch RED III an und verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Umsetzung gemeinsamer Projekte. Bis Ende 2030 müssen sich die Mitgliedstaaten auf zwei gemeinsame Projekte zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen einigen. Bis Ende 2033 sollen sich Mitgliedstaaten mit einem jährlichen Stromverbrauch von mehr als 100 TWh – also auch Deutschland – auf ein drittes Projekt einigen. Dabei wird explizit auf den Ausbau der Offshore-Windenergie gemäß den Regelungen der TEN-E-Verordnung Bezug genommen. Danach müssen die Mitgliedstaaten für bestimmte Meeresgebiete bereits heute eine Vereinbarung über die gemeinsame Zusammenarbeit zur Umsetzung der Offshore-Netzausbauziele treffen und erstmals zum 24. Januar 2024 einen übergeordneten strategischen integrierten Offshore-Netzentwicklungsplan als Teil des sog. „Ten Year Network Development Plan“ vereinbaren. Beide Vereinbarungen sind unverbindlich. Durch die Neuregelung in RED III wird nunmehr die Umsetzung einzelner Projekte verbindlich angeordnet – ein Novum.
Mehr Tempo bei Planungs- und Genehmigungsverfahren
Schlüssel zum Erfolg ist dabei die beschleunigte Umsetzung von Erzeugungs- und Transportanlagen. Auch hier setzt RED III an und enthält Regelungen zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Fort- und festgeschrieben werden im Wesentlichen die schon in der EU-Notfallverordnung ((EU) 2022/2577 vom 22. Dezember 2022) enthaltenen (ursprünglich befristet geltenden) Regelungen. Damit können in von den Mitgliedstaaten festgelegten speziellen Gebieten für erneuerbare Energien und Netzinfrastrukturen (sog. Vorrang- bzw. Beschleunigungsgebiete) auf Umwelt- und Artenschutzprüfungen auf Projektebene entfallen, wenn diese bereits auf der Planungsebene durchgeführt wurden. Neu und weitgehender ist aber, dass auch mit Blick auf das strenge Natura 2000-Regime Erleichterungen statuiert werden. RED III verpflichtet die Mitgliedstaaten außerdem sicherzustellen, dass die Genehmigungsdauer für erneuerbare Energien Anlagen in diesen sog. Beschleunigungsgebieten 12 Monate nicht überschreitet.
Mut bei nationaler Umsetzung und Anwendung
Diese Entwicklung zur Beschleunigung ist begrüßenswert, sind es doch insbesondere die hohen materiellen Anforderungen der europäischen Umweltrichtlinien, die zu Verzögerungen der Genehmigungsverfahren führen. Mit der EU-Notfallverordnung wurde ein erster und wichtiger Schritt gemacht, der jetzt durch RED III fortgesetzt wird. Damit auch Deutschland die nationalen und europäischen Klimaziele erreicht, muss die Richtlinie entsprechend mutig in nationales Recht umgesetzt werden, wofür Deutschland ab Inkrafttreten der Richtlinie – am 20. November 2023 – nun 18 Monate Zeit hat. Dies allein ist aber nicht ausreichend. Wirkliche Beschleunigung erfordert auch Mut bei der Anwendung. 2024 wird zeigen, ob Gesetzgeber, Vorhabenträger, Behörden und Gerichte diesen Mut aufbringen.
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