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Ein Behältnis und sein Inhalt – Wiederbefüllung als Markenverletzung?

Update Gewerblicher Rechtsschutz & Kartellrecht 05/2019

Mai 2019

In der Praxis begegnen Verbrauchern immer wieder Geräte, für deren Betrieb Verbrauchsmaterialien erforderlich sind, die nicht oder nicht notwendigerweise vom Hersteller des Geräts stammen. Zu denken ist dabei etwa an Kaffeekapseln, Staubsaugerbeutel, Druckertintenpatronen oder Flüssigseife in Spendern. Werden Geräte, die regelmäßig mit einer Marke gekennzeichnet sind, mit Verbrauchsmaterialien dritter Hersteller wieder befüllt, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Verletzung der Marke vorliegt, mit der das Gerät gekennzeichnet ist.

In dem BGH vorliegenden Fall ging es um Papierhandtuchspendersysteme, die von der Klägerin unter der Wort-/Bildmarke „TORK“ vertrieben werden. Diese Marke beansprucht u. a. Schutz für Gestelle, Halterungen und Spender für Küchen- und Toilettenpapier und für Papier/nicht Textil zum Abtrocknen, Trocknen, Polieren und Reinigen sowie für Abtrocken-, Trocken-, Polier- und Reinigungstücher aus Papier. Neben Papierhandtuchspendersystemen vertreibt die Klägerin unter dieser Marke dazu passende Papierhandtücher auf Rollen als Nachfüllware für die Gastronomie, die Industrie und das Gesundheitswesen. Die Beklagte, die einen Großhandel mit Hygieneprodukten betreibt, bietet u. a. Papierhandtuchrollen als Nachfüllware für Spender an, die sie mit dem Hinweis „passend auch für Tork-Spender“ bewirbt. Die Klägerin hatte die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch genommen.

Der BGH hat mit Urteil vom 17. Oktober 2018 – I ZR 136 / 17 – entschieden, dass grundsätzlich eine Markenverletzung vorliegt, wenn ein mit der Marke des Originalherstellers gekennzeichnetes wiederbefüllbares Behältnis mit Waren eines anderen Herstellers nachgefüllt wird und der Verkehr die Marke auf dem Behältnis als Hinweis nicht nur auf die betriebliche Herkunft des Behältnisses selbst, sondern auch auf die betriebliche Herkunft des Inhalts versteht.

Das OLG München hatte in der Vorinstanz eine Verletzung der Klagemarke unter Hinweis auf das aus seiner Sicht maßgebliche Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise verneint. Nach seiner Auffassung ist der Verkehr mittlerweile daran gewöhnt, dass es bei einer Vielzahl von Waren Geräte gibt, zu deren Betrieb Verbrauchsmaterialien eingesetzt werden, die nicht vom Hersteller des Geräts selbst stammen. Der Verkehr unterscheide deshalb zwischen der Kennzeichnung eines Geräts zur Abgabe von Waren einerseits und der Kennzeichnung der Ware selbst andererseits. Solange kein konkreter Anlass bestehe, beziehe der Verkehr die auf dem Gerät angebrachte Kennzeichnung nicht zugleich auch auf die abgegebene Ware.

Dieser Bewertung hat sich der BGH nicht angeschlossen. Aus seiner Sicht kann es darauf ankommen, ob die Nachfüllware selbst ein für den Verkehr bei der Benutzung der Ware erkennbares Kennzeichen trägt. Ferner müssten die Bedingungen, unter denen die Nachfüllware ausgetauscht werde, berücksichtigt werden. Zudem könne es – so der BGH – darauf ankommen, ob die Verbraucher es gewohnt sind, dass das Behältnis mit Ware anderer Hersteller bestückt wird. Schließlich könne es auch eine Rolle spielen, ob die Verbraucher den Vorgang der Befüllung selbst vornehmen. In seiner Entscheidung hat der BGH ausdrücklich darauf abgestellt, dass der Verbraucher hier nicht in der Lage sei, die unbedruckten und von außen nicht sichtbaren Handtuchrollen der Beklagten zuzuordnen.

Insoweit unterscheidet sich dieser Sachverhalt von der „Seifenspender“-Entscheidung des BGH (Urteil vom 16. März 2006 – I ZR 51 / 03). In diesem Fall wurde eine Flasche mit Reinigungsmittel, auf der das Herkunftszeichen deutlich erkennbar aufgebracht war, in einen Metallspender eingesetzt. Nach Auffassung des BGH konnte bei dieser Konstellation nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Verkehr in der Marke auf dem Spender einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Reinigungsmittels sehe.

Anders im vorliegenden Fall: Hier kann es nach Auffassung des BGH auch eine Rolle spielen, ob Marken in diesem Produktbereich weniger bedeutsam sind als bei anderen Produkten und ob es eine Vielfalt vorhandener Handtuchspender und -systeme gibt. Sollte bei der Benutzung von Papierhandtüchern in öffentlichen Waschräumen und Toiletten überhaupt nicht oder weniger auf Marken geachtet werden, wobei diese Produkte von den Verbrauchern nicht selbst erworben, sondern regelmäßig kostenlos in Anspruch genommen werden, könnte dies im Ergebnis dazu führen, dass unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung eine Markenverletzung letztlich verneint wird.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der BGH das angefochtene Urteil des OLG München aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Erwägungen des BGH zeigen, dass in derartigen Fällen unter Berücksichtigung des Produktumfelds und des Einsatzbereiches des Behältnisses das konkret vom Verletzungsgericht festzustellende Verkehrsverständnis für die Frage maßgeblich ist, ob eine Markenverletzung vorliegt. Für eine generalisierende Betrachtungsweise ist somit kein Raum.

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Autoren

Dr. Thomas Manderla