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Abbruch von Kaufvertragsverhandlungen führt grundsätzlich nicht zu Schadensersatz

Update Real Estate & Public 04/2020

April 2020

Hintergrund

Bereits vor Unterzeichnung eines Grundstückskaufvertrages entstehen dem Interessenten oft Kosten für die Erstellung von Gutachten oder die Planung der Bebauung sowie der Ankaufprüfung etc. Grundsätzlich kann aber jede Seite die Vertragsverhandlungen abbrechen, ohne dass dies zu Ersatzansprüchen der anderen Seite führt. Der Grundsatz „pacta sunt servanda“ („Verträge sind einzuhalten“) gilt gerade erst ab Vertragsschluss. Eine vorvertragliche Haftung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.

In dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall wollte die Klägerin von dem Beklagten ein Grundstück erwerben und hatte bereits während der Verhandlungen einen Architekten einbezogen. Als der Kauf scheiterte, verlangte die Klägerin Schadensersatz wegen unnützer Planungskosten. Die Vorinstanz bejahte eine Haftung wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung, da der Beklagte mit Blick auf die Planung der Klägerin nicht umfassend über die Grundstückssituation informiert habe. 

Die Entscheidung

Das OLG stellte in seinem Urteil vom 17.12.2019 – I 24 U 21/19 – dagegen klar, dass eine vorvertragliche Haftung wegen Verletzung einer allgemeinen Aufklärungspflicht bei späterem Abbruch der Vertragsverhandlungen nicht bestehe, und wies die Klage ab. Die Beklagte ist Miteigentümerin eines Grundstücks, das die Klägerin erwerben wollte. Die Klägerin wollte darauf ein Gebäude mit mehreren Wohneinheiten errichten und beauftragte einen Architekten mit der Planung. Auf dem Grundstück befand sich eine – weder im Grundbuch noch im Baulastenverzeichnis erfasste – unterirdisch verlaufende Wasserleitung. Zudem bestand ein Rechtsstreit mit den Nachbarn über eine auf der Grenze zum Nachbargrundstück stehende sanierungsbedürftige Giebelwand. Um das Planungskonzept realisieren zu können, hätte die Wasserleitung verlegt und die Giebelwand saniert werden müssen. Die Klägerin behauptete, dass sie in Kenntnis dieser Kosten kein Interesse an dem Grundstück gehabt hätte, und verlangte von der Beklagten Ersatz ihrer Planungskosten. Zu Unrecht, wie das OLG entschied. Eine vorvertragliche Haftung sei nur dann anzunehmen, wenn der Grundstückseigentümer mit seinem Verhalten das berechtigte Vertrauen des Interessenten schaffe, dass er diesem das Grundstück sicher verkaufen werde, und dann grundlos den Vertrag nicht schließe. Zudem gebe es keine allgemeine Pflicht, einen Kaufinteressenten über alle Einzelheiten der Immobilie aufzuklären. Grundsätzlich müsse sich jeder Teil die für ihn erforderlichen Informationen – auf eigene Kosten und eigenes Risiko – selbst beschaffen. Ein Ersatzanspruch wegen der Planungskosten käme nur in Betracht, wenn die Beklagte die Klägerin dazu motiviert hätte, die Planungsleistungen in Auftrag zu geben. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen. Gerade beim Grundstückskauf könne wegen der Beurkundungsbedürftigkeit eine vorvertragliche Haftung nur in Ausnahmefällen bestehen, da andernfalls ein indirekter Druck zum Vertragsschluss begründet würde. Dies wäre jedoch mit dem Zweck des Beurkundungserfordernisses, das die Parteien gerade vor übereilten Entscheidungen schützen soll, unvereinbar. 

Praxistipp

Das OLG hat mit seiner Entscheidung die Grenze für die Reichweite der Aufklärungspflicht bei Vertragsverhandlungen gezogen und das Eigenverantwortlichkeitsprinzip bei der Informationsbeschaffung betont. Für Immobilientransaktionen bedeutet dies, dass jede Seite vor Abschluss des Vertrages grundsätzlich auf eigenes Risiko handelt und gegebenenfalls die Kosten für die Planung des Bauvorhabens etc. auch dann zu tragen hat, wenn der Vertrag nicht zustande kommt. 

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Foto vonElena Mackh
Dr. Elena Mackh