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Eine Gemeinde darf Regenwasser nicht so aufstauen, dass Privatgrundstücke überflutet werden

Update Real Estate & Public 04/2020

April 2020

Hintergrund

§ 37 Abs. 1 S. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) schreibt vor, dass der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers auf ein tiefer liegendes Grundstück nicht zum Nachteil eines höher liegenden Grundstücks behindert werden darf. In dem vom BGH entschiedenen Fall (Urteil vom 09.09.2019 – III ZR 388/17) lag das Grundstück des Klägers oberhalb einer Gemeindestraße. Bei starkem Regen fließt das Wasser ungefasst von höheren Grundstücken über das Grundstück des Klägers und die darunter liegende Gemeindestraße auf noch tiefer gelegene Grundstücke. Im Zuge der Beseitigung von Überschwemmungsschäden erhöhte die Gemeinde die Gradiente der Straße erheblich. Nach dieser Erhöhung war davon auszugehen, dass das Wasser bei stärkeren Regenfällen von der erhöhten Straße aufgestaut und das Grundstück des Klägers deswegen überflutet werden würde. Der Kläger nahm die Gemeinde darauf in Anspruch, mit geeigneten Maßnahmen zu verhindern, dass dies geschieht. 

Die Entscheidung

Während die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, gab der BGH dem Kläger Recht. Ihm stehe ein Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i. V. m. § 37 Abs. 1 S. 1 WHG zu. Inhalt und Umfang des Anspruchs im Einzelnen ergeben sich aus den Bestimmungen des Nachbarrechts, das sich nicht nur aus dem BGB und den nachbarrechtlichen Vorschriften der Länder, sondern auch aus den Rechtsvorschriften ergibt, die die allgemeinen nachbarrechtlichen Bestimmungen ändern und sie ergänzen. Zu diesen Bestimmungen gehöre auch § 37 Abs. 1 S. 1 WHG. Bei der Planung und dem Bau von Straßen habe der Träger der Straßenbaulast die anerkannten Regeln der Straßenbautechnik und der Wasserwirtschaft zu beachten. Zu diesen gehörten auch die Vorschriften über die Veränderung des Ablaufs von wild, d. h. ungefasst abfließendem Wasser. Wenn dem Grundstück des Klägers infolge der deutlichen Erhöhung des Straßenniveaus Überschwemmungen wegen eines größeren Rückstaus von Wasser drohten, müsse er dies nicht hinnehmen. Vielmehr drohe ihm ein Nachteil im Sinne von § 37 Abs. 1 S. 1 WHG, den der Kläger gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB abwehren könne. 

Praxistipp

Die Entscheidung des BGH verdeutlicht, dass auch die Bestimmungen des WHG geeignet sind, die Rechtsbeziehungen zwischen Nachbarn maßgeblich zu gestalten. Bei der Planung von Bauvorhaben sind sie zu beachten und insbesondere Planer sind gut beraten, auch den Einfluss der vorgesehenen Baumaßnahmen auf den natürlichen Wasserabfluss zu beachten. 

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Christian Reuter
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