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Ende fiktiver Mängelbeseitigungskosten, stattdessen Vermögensbilanz, „Quasi-Minderung“ oder Kostenvorschuss

Update Real Estate & Public 04/2019

April 2019

Sachverhalt

Der Kläger ließ ein Mehrfamilienhaus errichten. Es wurde festgestellt, dass das Wärmedämmverbundsystem nicht entsprechend den Herstellervorgaben angebracht worden ist, insbesondere wurde der erforderliche Klebeflächenanteil von 40 % bei den Dämmplatten nicht erreicht. Der Sachverständige kam im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens zu dem Ergebnis, dass die Dämmung komplett erneuert werden müsse, und schätzte die hierfür erforderlichen Kosten auf EUR 131.300,00 bis EUR 178.342,00. Risse an der Fassade waren bislang nicht aufgetreten. Der Kläger sah deswegen von einer Sanierung ab.

Er nahm vielmehr den bauleitenden Architekten auf Zahlung eines Betrages in Höhe von EUR 150.000,00 in Anspruch mit der Begründung, dass er die Bauüberwachung mangelhaft durchgeführt habe. In den ersten beiden Instanzen erhielt der Kläger Recht.

Die Entscheidung

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Architekten hin hob der BGH die Entscheidung durch Urteil vom 08.11.2018 – VII ZR 100 / 16 – auf. Der BGH hatte bereits durch Urteil vom 22.02.2018 – VII ZR 46 / 17 – seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, wonach ein Schadensersatzanspruch, basierend auf den fiktiven Mängelbeseitigungskosten, erhoben werden konnte (vgl. Update vom September 2018, S. 15). Dass ein Schadensersatzanspruch nicht auf fiktive Mängelbeseitigungskosten gestützt werden kann, gilt auch für Ansprüche gegen den Planer bzw. den bauleitenden Architekten, von denen seit jeher keine Mängelbeseitigung, sondern ausschließlich Schadensersatz verlangt werden kann, soweit sich ein Defizit der Planung / der Bauüberwachung in einem Mangel am Bauwerk niedergeschlagen hat.

Tipp für die Praxis

Ein Schadensersatzanspruch im Umfang der Kosten der Mängelbeseitigung besteht gegen den Planer / bauleitenden Architekten nach wie vor dann, wenn der Bauherr die Mängel beseitigen lässt. Entsprechend kann vom Unternehmer ein Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung verlangt werden. Ein Schaden besteht auf Basis der neuen Rechtsprechung auch insoweit, als das Bauwerk im mangelhaften Zustand einen Minderwert gegenüber einem Bauwerk ohne den Mangel aufweist. Diese Betrachtung kann unter Heranziehung der vereinbarten Vergütungsparameter gewerkeweise angestellt werden. So könnte im vorliegenden Fall der Vergütungsanteil für die Tätigkeit des Anbringens der Dämmplatten wohl auf null reduziert werden. Ferner könnte der Vergütungsbestandteil für die Dämmplatten angemessen gemindert werden. Ähnlich ist das OLG Frankfurt vorgegangen im Urteil vom 31.08.2018 – 13 U 191 / 16 – in Bezug auf einen mangelhaft verlegten Parkettboden. Das Gericht hat die Möglichkeit, den Minderwert entsprechend § 287 ZPO zu schätzen. Der Bauherr hat im Übrigen nach neuem Bauvertragsrecht den Unternehmer zunächst unter Fristsetzung in Anspruch zu nehmen, bevor er sich an den bauüberwachenden Architekten wenden kann (§ 650 t BGB).

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Klaus-Dieter Schick
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Stuttgart