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Kostenobergrenze ist keine Beschaffenheitsvereinbarung (Mindermeinung)

Update Real Estate & Public 04/2019

April 2019

Sachverhalt

Für die Konvertierung eines ehemaligen Kasernengeländes in Wohnraum wurde ein Architekt mit der Planung betraut. Teil der auszuführenden Bauleistungen war die Verlegung von Fertigparkett. Die Klägerin moniert, dass für dieses Gewerk eine Kostenobergrenze i. H. v. EUR 101.010,15 vereinbart worden sei, die um EUR 8.827,04 überschritten wurde. Nach klägerischer Ansicht liege hierin eine Pflichtverletzung des Architekten, die zur Geltendmachung von Schadensersatz berechtige.

Nach herrschender Meinung handelt es sich bei einer vereinbarten Kostenobergrenze um eine Beschaffenheitsvereinbarung in Bezug auf die Architektenleistung. In Ausnahmefällen kommt eine Garantievereinbarung in Betracht, an die jedoch hohe Anforderungen zu stellen sind, weil den Architekten ansonsten möglicherweise eine wirtschaftlich unangemessene Einstandspflicht treffen kann.

Die Entscheidung

Mit Urteil vom 28.08.2018 – 21 U 24 / 16 – hat das KG entschieden, dass die Vereinbarung einer Kostenobergrenze bei einem Architektenvertrag keine Beschaffenheitsvereinbarung eines Architektenwerks darstellen könne. Vielmehr würde die Vereinbarung einer Obergrenze die „kostenbezogenen Vertragspflichten des Architekten“ konkretisieren und beispielsweise eine Hinweispflicht begründen für den Fall, dass die Baukosten überschritten werden. Zwar sei theoretisch auch eine Garantievereinbarung denkbar, hierbei müsse aber insbesondere ein gesteigerter Einstandswille des Architekten feststellbar sein. Die Beschaffenheit – also die Eigenschaften der vom Architekten zu erbringenden Werkleistung – könne nicht die Kosten der Planumsetzung umfassen, da die Preise des Bauwerks nicht oder allenfalls in Teilen von Architekten beeinflusst werden könnten. Auch würde ein ansonsten entstehender Schadensersatzanspruch dem Betrag entsprechen, um den die Kostenobergrenze überschritten wurde; dies könne bei größeren Bauvorhaben zu erheblichen und unangemessenen Summen führen. Im Übrigen läge hierin eine unzulässige Haftung des Architekten für die Kosten von Leistungen Dritter.

Tipp für die Praxis

Das KG stellt sich mit dieser Entscheidung gegen den BGH. Nach dessen ständiger Rechtsprechung ist die Vereinbarung eines Kostenrahmens oder einer Obergrenze eine Beschaffenheitsvereinbarung. In einzelnen Fallkonstellationen kann schon die einseitige Nennung von Kostenvorstellungen durch den Auftraggeber ausreichen, um eine solche Vereinbarung zu begründen, ohne dass es einer entsprechenden Willenserklärung des Architekten bedarf. Im Falle einer Überschreitung des vereinbarten Kostenlimits kann der Auftraggeber Nacherfüllung in Form einer Planungsüberarbeitung verlangen oder den Architektenvertrag kündigen. Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Kürzung des Architektenhonorars, da als anrechenbare Kosten maximal der Betrag der Kostenobergrenze zugrunde gelegt werden darf.

Nach der Entscheidung des KG würde nur im Falle der Verletzung von Hinweispflichten oder allgemeinen Kosteneinsparungspflichten ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen. In der Entscheidung des KG liegt keine Trendwende bei der rechtlichen Bewertung von Kostenobergrenzen, die im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH nach wie vor als Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 633 BGB zu qualifizieren ist.

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Autoren

Foto vonStephan Kraatz
Dr. Stephan Kraatz
Partner
Leipzig