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Umlage von nicht näher definierten Betriebskosten in Gewerberaummietverträgen

Update Real Estate & Public 09/2020

September 2020

Hintergrund

Der Vermieter macht gegenüber seiner Mieterin die Nachzahlung von Betriebskosten geltend. Der Geschäftsraummietvertrag enthielt dabei folgende individuell ausgehandelte Betriebskostenregelung: „Sämtliche Betriebskosten werden von dem Mieter getragen. Hierunter fallen insbesondere die Kosten der Be- und Entwässerung, sowie der Heizungs- einschließlich Zählermiete und Wartungskosten. (...)“ Gestützt auf diese Regelung legte der Vermieter in seinen Betriebskostenabrechnungen die Grundsteuer auf die Mieterin um. Hiergegen wendete sich die Mieterin mit der Begründung, dass nur die ausdrücklich genannten Kosten von ihr zu tragen seien. Die Vorinstanz (OLG Celle, Urteil vom 09.11.2018 – 2 U 81/18) ist der Mieterin gefolgt und wies die Zahlungsklage des Vermieters ab. Hiergegen richtete sich die Revision des Vermieters.

Die Entscheidung

Mit Erfolg! Nach dem BGH (Urteil vom 08.04.2020 – XII ZR 120/18) wurde die Umlage der Grundsteuer wirksam vereinbart. Der BGH führt zunächst aus, dass zwar nach dem gesetzlichen Leitbild der Vermieter die Betriebskosten zu tragen hat, diese jedoch durch eine Individualvereinbarung auf den Mieter umgelegt werden können. Voraussetzung hierfür ist, dass die Umlagevereinbarung bestimmt oder zumindest bestimmbar genug formuliert ist, sodass der Mieter erkennen kann, welche zusätzlichen Kosten auf ihn zukommen können. Im Unterschied zu einer Abrede in AGB, wo es auf einen objektiven Maßstab und die Wahrung einer hinreichenden Transparenz ankommt, hat der BGH hier auf die Grundsätze der Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB abgestellt. Danach ist der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen, wobei die Erklärung derart auszulegen ist, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Wenn ein von den Vertragsparteien verwendeter Begriff bereits gesetzlich definiert ist, könne diese Legaldefinition für die Auslegung nach §§ 33, 157 BGB herangezogen werden. Dies trifft auf den Begriff „Betriebskosten“ zu, da dieser seit den 1950er Jahren durch Rechtsverordnung und später durch Gesetz (§ 556 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i. V. m. § 2 BetrKV) definiert wird. Von Anfang an waren in der gesetzlichen Definition die laufenden öffentlichen Lasten und war namentlich die Grundsteuer als Betriebskostenart aufgeführt. Der gesetzlich für die Wohnraummiete in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB und § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrKV definierte Betriebskostenbegriff sei auch für Gewerberaummietverträge maßgeblich. Dies gelte unabhängig davon, dass § 556 BGB mangels Nennung in § 578 BGB auf Gewerberaummietverträge nicht anwendbar ist. In Anbetracht dessen ist der in der Individualvereinbarung getroffene Verweis auf „sämtliche Betriebskosten“ trotz fehlender Bezugnahme auf die BetrKV hinreichend bestimmt. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Parteien in der Individualvereinbarung einige Kostenarten aus dem Betriebskostenkatalog ausdrücklich genannt haben, da die Parteien durch die Einleitung „insbesondere“ klar zum Ausdruck gebracht haben, dass es sich hierbei um keine abschließende Aufzählung handelt. 

Praxishinweis

Die Praxisrelevanz dieser Entscheidung für das Gewerberaummietrecht hält sich entgegen dem ersten Anschein in Grenzen, da der BGH hier über eine individualvertragliche Abrede zur Umlage von Betriebskosten zu entscheiden hatte. Allein für diesen Fall kann der gesetzlich in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB und § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrKV definierte Begriff der Betriebskosten für die Auslegung, welche einzelnen Positionen hierunter zu subsumieren sind, auch auf Geschäftsraummietverhältnisse angewandt werden. Hätte es sich – wie bei Gewerberaummietverträgen üblich – um eine allgemeine Geschäftsbedingung gehandelt, wäre die Entscheidung mangels Wahrung einer hinreichenden Transparenz für den Mieter wohl anders ausgefallen. Auch bleibt anzumerken, dass in der Gewerberaummiete über § 2 Nr. 17 BetrKV oftmals bedeutsame Kostenpositionen auf den Mieter umgelegt werden, die im Katalog des § 2 BetrKV nicht aufgeführt sind.

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Autoren

Foto vonLukas Potstada
Lukas Potstada
Counsel
Stuttgart