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EU Company Law Package – digital und crossborder

04/12/2019

2018 vorgestellt, 2019 bereits beschlossen – das Company Law Package ist der EU wichtig. Es geht um Erleichterungen für Unternehmen und einheitlichere Regeln im Gesellschaftsrecht über alle EU-Staaten hinweg. Dazu setzt die EU an zwei Stellen an: Sie will den Einsatz digitaler Werkzeuge flächendeckend ermöglichen sowie die grenzüberschreitende Mobilität von Unternehmen bei Reorganisationsprozessen vereinfachen und vereinheitlichen.

Digitalisierungsrichtlinie

Kapitalgesellschaften sollen künftig komplett online gegründet, Gesellschaftsunterlagen online eingereicht und selbst Zweigniederlassungen online registriert werden können. In Deutschland betrifft dies die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und als Variante auch die Unternehmergesellschaft (UG (haftungsbeschränkt)). Für die Gründung werden Muster zur Verfügung gestellt, die allerdings nicht genutzt werden müssen. Ziel ist es, die Bargründung einer Kapitalgesellschaft innerhalb von maximal zehn Tagen online wirksam vornehmen zu können. Ein persönliches Erscheinen vor einem Notar, einer Behörde oder einem Gericht soll dazu nicht mehr erforderlich sein.

Hier wird in Deutschland ein Schwerpunkt auf der Diskussion um die Umsetzung liegen. Das deutsche Handelsregister genießt einen guten Ruf und bietet im Rechtsverkehr sehr zuverlässige Informationen über die dort eingetragenen Gesellschaften und ihre Gesellschafter. Das soll auch so bleiben. Es wird also insbesondere darum gehen, Wege zu finden, die Identität der handelnden Personen zu überprüfen. Auch rein technisch werden noch einige Herausforderungen und Schnittstellen zu meistern sein.

Das gilt auch für die vorgesehene Vernetzung der bestehenden Register. Die Mitgliedstaaten sollen künftig mehr Informationen austauschen. Basisinformationen zu registrierten Gesellschaften sollen für alle Bürger kostenlos zugänglich sein.

Am 20. Juni 2019 wurde die Richtlinie zum Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren verabschiedet, am 31. Juli 2019 trat sie in Kraft. Jetzt haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen; bei besonderen Schwierigkeiten können sie ein Jahr Fristverlängerung beantragen. Eine Ausweitung auf Aktiengesellschaften (AG) oder Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) ist derzeit nicht zu erwarten.

Mobilitätsrichtlinie

Das EU Company Law Package umfasst daneben eine Richtlinie in Bezug auf grenzüberschreitende Formwechsel, Verschmelzungen und Spaltungen. In Rekordzeit haben sich das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission auf einen politischen Kompromiss geeinigt. Am 18. November 2019 wurde die Richtlinie im Rat verabschiedet. Nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt müssen die Mitgliedstaaten die Richtlinie innerhalb von drei Jahren in nationales Recht umsetzen.

Die Mobilitätsrichtlinie schafft künftig für europäische Kapitalgesellschaften spezielle, einheitliche Regelungen für grenzüberschreitende Formwechsel und grenzüberschreitende Spaltungen zur Neugründung. Darüber hinaus soll das bereits EU-weit harmonisierte Verfahren der grenzüberschreitenden Verschmelzung verbessert werden. Die neuen Verfahrensvorschriften orientieren sich weitgehend an den Verfahren, die im Zusammenhang mit der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) und der grenzüberschreitenden Verschmelzung bereits bekannt sind. Das wird den Unternehmen den praktischen Umgang mit ihnen erleichtern.

Eine wichtige Neuerung ergibt sich hinsichtlich des Verschmelzungs-, Formwechsel- bzw. Spaltungsberichts: Die Gesellschaft kann künftig entscheiden, ob sie zwei gesonderte Berichte für Gesellschafter und Arbeitnehmer erstellt oder einen einzigen Bericht mit zwei separaten Abschnitten. Für beide Berichte bzw. Berichtsteile gibt es gesonderte Ausnahmetatbestände zu Entbehrlichkeit und Verzicht, die den Aufwand erheblich reduzieren können.

In mitbestimmungsrechtlicher Hinsicht hält die Mobilitätsrichtlinie an Bewährtem fest. Unter bestimmten Umständen kommt das europäische Mitbestimmungsregime zur Anwendung. In diesen Fällen wird die Mitbestimmung durch Verhandlungen zwischen den Leitungen und einem besonderen Verhandlungsgremium der Arbeitnehmer bestimmt. Scheitern die Verhandlungen, greift die gesetzliche Auffanglösung. Sie schützt den Bestand vorhandener Mitbestimmungsrechte. Wie bisher kann mit dem europäischen Mitbestimmungsregime das vorhandene Mitbestimmungsniveau eingefroren werden. Eine wichtige Neuregelung ermöglicht deutschen nicht mitbestimmten Gesellschaften mit mehr als 400 Arbeitnehmern zukünftig sogar, ihre Mitbestimmungsfreiheit einzufrieren.

Bei aller Freude über die Fortschritte der Mobilitätsrichtlinie schwingt auch etwas Kritik mit: Der Anwendungsbereich der Mobilitätsrichtlinie ist leider auf Kapitalgesellschaften und bei Spaltungen auf solche zur Neugründung begrenzt. Es bleibt zu hoffen, dass die nationalen Gesetzgeber – unter Ausnutzung ihres Umsetzungsspielraums – die Richtlinie überschießend auch für Personengesellschaften und grenzüberschreitende Spaltungen zur Aufnahme umsetzen. Soweit dies nicht geschieht, bleibt den betroffenen Unternehmen nur wie bisher der steinige Weg, unter Berufung auf die Niederlassungsfreiheit ihre Mobilitätsrechte in gesetzlich nicht geregelten Verfahren durchzusetzen.


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