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Neue Regeln zu Vorstandsvergütung und Corporate Governance

04/12/2019

Nachdem im Jahr 2009 die 1. Aktionärsrechterichtlinie ins deutsche Recht umgesetzt wurde, wird in Kürze das Gesetz zur Umsetzung der 2. Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) in Kraft treten. Das Gesetz ändert einige praxisrelevante Bestimmungen, bringt für die Emittenten jedoch keine „bösen Überraschungen“. Parallel dazu hat die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) den Kodex umfassend revidiert; auch er wird in Kürze in Kraft treten.

1. Hauptversammlungsvotum zum Vergütungssystem

Neu ist, dass der Aufsichtsrat einer börsennotierten Aktiengesellschaft künftig ein klares und verständliches System zur Vergütung der Vorstandsmitglieder beschließen muss, das auch die Maximalvergütung der Vorstandsmitglieder festzulegen hat. Die Hauptversammlung beschließt sodann mindestens alle vier Jahre – oder bei einer wesentlichen Änderung – über die Billigung des vom Aufsichtsrat vorgelegten Vorstandsvergütungssystems (Say-on-Pay). Dieses Votum hat allerdings grundsätzlich keine verbindliche Wirkung, sondern wirkt nur beratend.

Das vollständige Vergütungssystem ist mit der Einberufung zur Hauptversammlung bekanntzumachen und nach deren Billigung auf der Internetseite der Gesellschaft zu veröffentlichen. Falls die Hauptversammlung das vorgelegte Vergütungssystem nicht billigt, ist der nächsten Hauptversammlung ein vom Aufsichtsrat überprüftes – aber nicht zwingend auch überarbeitetes – Vergütungssystem vorzulegen.

Die Kompetenz zur Festsetzung der Vorstandsvergütung verbleibt weiterhin allein beim Aufsichtsrat. Einzige Maßgabe ist, dass die Festsetzung der Vergütung in Übereinstimmung mit einem Vergütungssystem erfolgen muss, das der Hauptversammlung einmal zur Billigung vorgelegt wurde.

Daneben sieht das ARUG II ein Votum der Hauptversammlung über die Aufsichtsratsvergütung wenigstens alle vier Jahre vor. Künftig wird damit ein sogenannter „Einheitsbeschluss“ zu fassen sein, mit dem über das abstrakte Vergütungssystem und über die konkrete Vergütung zu entscheiden ist.

2. Neuregelungen zum Vergütungsbericht

Neu ist, dass Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft jährlich einen Bericht über die Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung erstellen müssen, in dem u. a. zu erläutern ist, wie die festgelegte Maximalvergütung eingehalten wurde. Die Hauptversammlung muss jährlich über die Billigung des Vergütungsberichts beschließen.

3. Related Party Transactions

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde die Zustimmungspflicht zu Geschäften zwischen börsennotierten Gesellschaften und diesen nahestehenden Unternehmen und Personen (Related Party Transactions) intensiv diskutiert.

Ein Geschäft mit nahestehenden Personen bedarf der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats, wenn sein wirtschaftlicher Wert allein oder zusammen mit anderen im laufenden Geschäftsjahr getätigten Geschäften 1,5 % der Summe aus Anlage- und Umlaufvermögen übersteigt. Ausnahmen bestehen z. B. bei Geschäften, die im ordentlichen Geschäftsgang zu marktüblichen Bedingungen getätigt werden, die der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen, oder bei Geschäften mit 100%igen Tochtergesellschaften.

Die Gesellschaft muss alle Geschäfte mit nahestehenden Personen unverzüglich öffentlich bekanntmachen.

4. Identifikation und Information der Aktionäre

Das ARUG II sieht umfangreiche Regelungen zur besseren ldentifikation und lnformation der Aktionäre vor. Neu ist insbesondere, dass börsennotierte Gesellschaften einen lnformationsanspruch gegenüber lntermediären (wie Depotbanken) auf Mitteilung der ldentität des Aktionärs haben, für den Aktien verwahrt werden. Dies gilt auch, wenn lnhaberaktien ausgegeben wurden, sodass die „Anonymität“ der Aktionäre künftig entfällt.

5. Grundlegende Neufassung des DCGK

Der neue DCGK ist kürzer und vollständig neu gegliedert. Den Empfehlungen und Anregungen des Kodex werden – als weitere Kategorie – neu eingeführte Grundsätze vorangestellt, die wesentliche rechtliche Vorgaben verantwortungsvoller Unternehmensführung wiedergeben.

6. Empfehlungen zu Vorstandsvergütung und Amtszeit

Eine zentrale Neuregelung des DCGK betrifft die Vergütung von Vorstandsmitgliedern. Danach sollen Unternehmen künftig eine Zielvergütung für ihre Vorstände festlegen, die gezahlt wird, wenn alle festgelegten Ziele zu 100 % erfüllt werden. Darüber hinaus ist eine Maximalvergütung festzulegen, die auch bei Übererfüllung der Ziele nicht überschritten werden darf. Die Vergütung soll im Vergleich zur Vergütung der Führungskräfte und der Belegschaft vermittelbar sein.

Hinsichtlich der Vergütungsarten legt der DCGK fest, dass die Vorstände neben dem Festgehalt eine variable Vergütung erhalten sollen, die sich teils an kurzfristigen und teils an langfristigen Zielen orientiert. Die langfristigen Vergütungselemente sollen die kurzfristigen übersteigen. Die langfristige Vergütung soll zudem überwiegend in Aktien (mit vierjähriger Haltefrist) bestehen.

Wird eine Person erstmals zum Vorstand bestellt, soll die erste Amtszeit künftig auf drei Jahre begrenzt sein.

7. Neue Anforderungen an Aufsichtsräte 

Künftig soll mehr als die Hälfte der Aufsichtsräte, die von den Aktionären gewählt werden, unabhängig von der Gesellschaft und vom Vorstand sein. Der neue Kodex enthält erstmals Indikatoren, die gegen eine Unabhängigkeit sprechen, z. B. wenn die Person

  • in den letzten zwei Jahren Vorstand der Gesellschaft war,
  • mit einem Vorstand verwandt ist,
  • eine wesentliche geschäftliche Beziehung mit der Gesellschaft unterhält (etwa als Kunde, Kreditgeber oder Berater) oder
  • dem Aufsichtsrat seit mehr als zwölf Jahren angehört.  

Kein Mitglied des Aufsichtsrats soll mehr als fünf Aufsichtsratsmandate haben, wobei ein Aufsichtsratsvorsitz doppelt zählt. Ist das Aufsichtsratsmitglied zugleich Vorstand eines börsennotierten Unternehmens, soll die Zahl der Mandate sogar auf zwei begrenzt sein und keinen Aufsichtsratsvorsitz umfassen.

Nach der Neufassung des DCGK soll im Aufsichtsratsbericht angegeben werden, an wie vielen Sitzungen jedes der Aufsichtsratsmitglieder teilgenommen hat. Bisher galt dies lediglich für Mitglieder, die nur an der Hälfte oder weniger der Sitzungen teilgenommen haben.


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Dr. Richard Mayer-Uellner, LL.M. (University College London)
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