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Arbeitsrecht – schnell notiert ...

Verabschiedung des Entgelttransparenzgesetzes

Januar 2017

Zu Beginn des Jahres hat das Bundeskabinett das „Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern“ (Entgelttransparenzgesetz - EntgTransG) beschlossen. Es soll noch vor der Sommerpause in Kraft treten.

Der ursprüngliche stark umstrittene Referentenentwurf aus dem Familienministerium wurde mehrmals nachgebessert. Ersatzlos gestrichen hat man das Erfordernis der Angabe von Mindestentgelten bei Stellenausschreibungen und ein zusätzliches Mitbestimmungsrecht bei der „Durchführung von Maßnahmen im Sinne der tatsächlichen Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern“. Auch kleine und mittelständische Unternehmen sind nicht mehr Adressaten des nun erlassenen Gesetzes.

1. Gesetzliche Neuerungen

a) Individueller Auskunftsanspruch

Nach dem neuen Gesetz haben alle Beschäftigten gegen ihren Arbeitgeber einen Anspruch auf die Zahlung des Entgeltes, das zu zahlen gewesen wäre, wenn keine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung beim Entgelt aufgrund des Geschlechts vorgelegen hätte. Dafür gilt die dreijährige Regelverjährungsfrist nach §§195, 199 BGB. Eine rückwirkende Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers ist ausdrücklich gewollt. Gleichzeitig sind Vereinbarungen in Arbeits- oder Tarifverträgen, die eine kürzere Ausschlussfrist gegenseitiger Ansprüche vorsehen, unwirksam.

Im Gegensatz zum Referentenentwurf können nur Arbeitnehmer in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber einen individuellen Auskunftsanspruch geltend machen. Im Vergleich zum Referentenentwurf muss der Arbeitnehmer zudem seine Vergleichsgruppe im Antrag angeben. Hat ein Arbeitnehmer Hinweise, dass mindestens sechs Kollegen des anderen Geschlechts bei gleicher oder gleichwertiger Leistung besser bezahlt werden, kann er sein Einkommen mit dem Durchschnittseinkommen vergleichen lassen. Dabei werden Informationen über die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung und auch bis zu zwei Entgeltbestandteile wie die private Nutzungserlaubnis des Dienstwagens, Jubiläumszuwendungen oder Prämienregelungen erfasst. Dem Antragsteller ist allerdings nur das Durchschnittsentgelt mitzuteilen, da sämtliche personenbezogenen Daten anderer Mitarbeiter vom Arbeitgeber zu anonymisieren sind. Vom Auskunftsanspruch sind auch nur solche Entgeltregelungen umfasst, die in demselben Betrieb und bei demselben Arbeitgeber Anwendung finden. Regional unterschiedliche Entgeltregelungen bei demselben Arbeitgeber fallen aus dem Anwendungsbereich heraus.

Bei tarifgebundenen Unternehmen ist hingegen der Betriebsrat Ansprechpartner der Arbeitnehmer. Dieser hat alle Auskunftsverlangen zu bündeln und kann in die Entgelttabellen des Arbeitgebers Einsicht nehmen.

Aufgrund bestehender Übergangsregelungen kann der Auskunftsanspruch frühestens sechs Monate nach Verkündung des Gesetzes geltend gemacht werden. Wer in den ersten drei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes Auskunft verlangt, kann dies erst nach drei Jahren wiederholen, später alle zwei Jahre.

b) Betriebliches Prüfverfahren

Darüber hinaus sind Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten aufgefordert, mithilfe betrieblicher Prüfverfahren ihre Entgeltregelungen und die verschiedenen gezahlten Entgeltbestandteile sowie deren Anwendung mindestens alle fünf Jahre auf die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots hin zu überprüfen. Für tarifgebundene Unternehmen mit einem Betriebsrat entfällt das betriebliche Prüfverfahren ersatzlos. Das Prüfverfahren gilt auch als erfüllt, wenn ein herrschendes Unternehmen das Prüfverfahren für seine Tochtergesellschaften übernimmt. Eine vorherige Genehmigungspflicht entworfener Entgeltkonzepte bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes wird im Gesetz nicht mehr verlangt.

c) Berichtspflichten

Abschließend müssen Unternehmen mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten, die zur Erstellung eines Lageberichts gemäß §§264, 289 HGB verpflichtet sind, berichten, ob und wie sie Frauen fördern und wie sie Lohngerechtigkeit herstellen. Dabei ist der Bericht erstmals für das Jahr 2018 zu erstellen. Danach müssen tarifgebundene Betriebe im Rhythmus von fünf Jahren, alle anderen großen Unternehmen im Rhythmus von drei Jahren über Lohngleichheit und Frauenförderung berichten.

2. Wichtige Eckpunkte für Unternehmen

Der Arbeitgeber ist zur Auskunft innerhalb von drei Monaten verpflichtet. Es schadet nicht, bereits jetzt entsprechende Entgeltdaten vorzubereiten. Kommt der Arbeitgeber dem Verlangen nicht nach, wird die Ungleichbehandlung vermutet. Zwar steht es dem Arbeitgeber frei, verhältnismäßige Rechtfertigungsgründe für eine ungleiche Bezahlung vorzutragen. Für das Vorliegen arbeitsmarktbezogener Gründe oder außergewöhnlicher Leistungen des bevorzugten Mitarbeiters trägt er allerdings die Darlegungs- und Beweislast.

Unabhängig davon sind – mit Ausnahme des Imageschadens und der Lohnnachzahlungspflicht nach entsprechendem Urteil – keine Sanktionen für ungleich bezahlende Arbeitgeber in das Gesetz aufgenommen worden.

Bei ungleicher oder nicht gleichwertiger Arbeit besteht kein Auskunftsanspruch. Wenn der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer angegebenen Tätigkeiten für nicht vergleichbar hält oder die Tätigkeiten in der gelebten Praxis nicht gleich oder gleichwertig ausgestaltet sind, muss er eine andere Vergleichstätigkeit angeben, oder – bei Nichtvorhandensein einer entsprechenden Tätigkeit – dies begründen. Eine Pflicht, unterschiedliche Beschäftigtengruppen miteinander zu vergleichen, besteht nicht. Ist das Unternehmen tarifgebunden und hat einen Betriebsrat, kann nur dieser die Ansprüche der Arbeitnehmer geltend machen. Der Arbeitgeber kann diesem Begehren mit Verweis auf die tarifvertraglichen Regelungen relativ simpel begegnen.

Im Vergleich zur Vorgängerversion muss der Arbeitgeber geschlechterbedingte Ungleichbehandlungen auch nicht „unverzüglich beseitigen“, sondern lediglich „geeignete Maßnahmen zu deren Beseitigung ergreifen“.

Mit den besagten 200 regelmäßig beschäftigten Mitarbeitern wurde – an §§27, 38 BetrVG angelehnt – für den Auskunftsanspruch ein neuer Schwellenwert geschaffen, den man bei der Personalplanung im Auge behalten sollte.

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Autoren

Anke Kuhn