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Gravierende Mängel am Gemeinschaftseigentum bedürfen sofortiger Instandsetzung!

Update Real Estate & Public 09/2018

September 2018

Hintergrund

Der BGH beschäftigte sich mit der Frage, ob Feuchtigkeitsschäden im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums eines in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilten Altbaus von der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) saniert werden müssen, auch wenn die Mehrheit der Eigentümer dies ablehnt. Im entschiedenen Fall ging es um ein im Jahre 1890 errichtetes Gebäude, das 1986 in zwölf Wohnungen und drei Teileigentumseinheiten aufgeteilt worden war. Die drei Teileigentumseinheiten befinden sich im Souterrain des Gebäudes. Sie sind in der Teilungserklärung als „Laden“ bzw. „Büro“ bezeichnet und werden derzeit als Naturheilpraxis, Künstleragentur und Kommunikationsagentur genutzt. Nachdem die Wände dieser Teileigentumseinheiten Durchfeuchtungen aufgezeigt hatten, wurden seitens der WEG zwei Privatgutachten eingeholt. Obwohl beide Gutachten zu dem Ergebnis kamen, dass die Durchfeuchtungen auf dem Fehlen einer außenseitigen Sockelabdichtung sowie einer Horizontalsperre beruhen, lehnte die Mehrheit der Eigentümer in der Eigentümerversammlung einen von den Klägern gestellten Antrag auf Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden ab.

Die Entscheidung

Der BGH (Urt. v. 04.05.2018 – V ZR 203 / 17) hat eine Sanierungspflicht der WEG angenommen und den betroffenen Wohnungs- oder Teileigentümern einen Anspruch auf Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums zugebilligt. Begründet hat er dies damit, dass das gemeinschaftliche Eigentum jedenfalls in einem solchen baulichen Zustand sein muss, dass das Sondereigentum zu dem in der Teilungserklärung vorgesehenen Zweck genutzt werden kann. Sofern das Gemeinschaftseigentum gravierende bauliche Mängel aufweist, die die zweckentsprechende Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten erheblich beeinträchtigen oder sogar ausschließen, ist eine sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich. Bei den Feuchtigkeitsschäden in den Teileigentumseinheiten der Kläger handelt es sich um solche gravierenden baulichen Mängel, da die Innen- und Außenwände der Teileigentumseinheiten massiv durchfeuchtet sind und die Ursache hierfür in der fehlenden Abdichtung des Gebäudes und damit im Gemeinschaftseigentum liegt. Hieraus folgt, dass alle Wohnungseigentümer für die Sanierung verantwortlich sind. Da nach der Teilungserklärung die Einheiten als Büro bzw. Laden genutzt werden dürfen, müssen sie ebenso wie Wohnungen grundsätzlich dazu geeignet sein, als Aufenthaltsraum für Menschen zu dienen. Dies ist bei den massiven Durchfeuchtungen nicht der Fall, und zwar auch dann nicht, wenn gesundheitsschädlicher Schimmel (noch) nicht aufgetreten sein sollte.

Praxistipp

Der BGH hat mit seiner Entscheidung die wirtschaftlich bedeutende Frage beantwortet, was unter einer ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums zu verstehen ist. Für die Praxis folgt hieraus, dass in den Fällen geplanter Investitionen in ältere Bestandsimmobilien für die Kalkulation zukünftiger kostenaufwendiger Sanierungsarbeiten nicht mehr nur isoliert auf das Ergebnis einer fachgerechten Begutachtung der Bausubstanz abzustellen ist. Vielmehr muss auch dem in der Teilungserklärung festgelegten Nutzungszweck der einzelnen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten ausreichend Beachtung geschenkt werden. Nur so kann verhindert werden, dass ein Erwerber nicht durch kostspielige Sanierungskosten des Gemeinschaftseigentums überrascht wird.

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Autoren

Foto vonLukas Potstada
Lukas Potstada
Counsel
Stuttgart