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Rechte des Arbeitgebers bei Erkrankung eines Mitarbeiters – Q&A

Update Arbeitsrecht 12/2019

Dezember 2019

Nach offiziellen Angaben des AOK-Fehlzeiten-Reports 2018 haben dort versicherte Beschäftigte im Jahr 2017 im Schnitt 19,4 Tage aufgrund einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gefehlt. Auf Platz 1 der Krankheitsgründe liegen Atemwegserkrankungen, auf Platz 2 Muskel- und Skeletterkrankungen und auf Platz 3 psychische Erkrankungen. Erleben Beschäftigte ihre Arbeit als sinnstiftend, so wirkt sich das laut AOK-Studie positiv auf ihre Gesundheit aus: Sie fehlen seltener am Arbeitsplatz, haben deutlich weniger arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden und halten sich im Krankheitsfall häufiger an die ärztlich verordnete Krankschreibung. Betriebliche Gesundheitsförderung ist mithin ein wichtiges Werkzeug, mit dessen Hilfe Krankheiten und Fehlzeiten vermieden werden können.

Kommt es dann aber doch zu Erkrankungen, ist es für den Arbeitgeber wichtig zu wissen, welche Rechte und Möglichkeiten er bei Krankschreibungen seiner Mitarbeiter hat – dies vor allem vor dem Hintergrund der sehr hohen Fehlzeiten und der damit verbundenen Kosten in deutschen Unternehmen.

Krankheitsbedingte Ausfälle sind aber nur die eine Seite der Medaille. Auch der sogenannte „Präsentismus“ ist für viele Unternehmen kostenträchtig. Wenn sich kranke Mitarbeiter ins Büro schleppen, um trotz schwerer Erkrankung ihren Pflichten nachzukommen, sind sie nicht nur weniger produktiv. Sie stecken unter Umständen auch Kollegen mit ihrer Krankheit an. Schlimmstenfalls kann der Arbeitgeber für von solchen Beschäftigten verursachte Schäden sogar haftbar gemacht werden.

Häufige Fragen zu Ihren Rechten bei beiden Fallkonstellationen haben wir im Folgenden für Sie beantwortet:

Wie lange hat der Arbeitnehmer Zeit, seinen Arbeitgeber über eine Erkrankung zu informieren?

§ 5 Abs. 1 S. 1 EFZG bestimmt, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Das Gesetz regelt in § 121 BGB, was unter dem Begriff „unverzüglich“ zu verstehen ist. Die Mitteilung muss „ohne schuldhaftes Zögern“ erfolgen. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Mitteilung „sofort“ erfolgen muss. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls zu betrachten. Grundsätzlich sollte die Mitteilung dem Arbeitgeber aber zu Beginn des ersten Arbeitstages gemacht werden, an dem der Arbeitnehmer aufgrund seiner Krankheit abwesend ist.

Das Gesetz macht keine Vorgaben für die Form der Mitteilung. Der Arbeitnehmer kann – soweit dies unternehmensintern nicht anders geregelt ist – die Mitteilung telefonisch, per SMS oder per E-Mail anzeigen. Nicht mehr unverzüglich dürfte hingegen aufgrund der Zustellzeiten die Anzeige per normalem Brief sein.

Der Mitarbeiter muss auch mitteilen, wie lange die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich andauern wird. Hat er im Zeitpunkt der Mitteilung noch keinen Arzt konsultiert, reicht es aus, wenn er eine eigene Einschätzung zur Dauer seiner Erkrankung abgibt.

Die Arbeitnehmer sollten über diese Erfordernisse informiert werden und einen sicher erreichbaren Ansprechpartner im Unternehmen haben, bei dem sie sich wie zuvor beschrieben krankmelden können.

Ist der Arbeitgeber berechtigt, Informationen über die Art der Erkrankung abzufragen?

Angaben zur Art der Erkrankung kann der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verlangen. Eine Ausnahme besteht dann, wenn es sich um eine schwerwiegende ansteckende Krankheit handelt, die die Einleitung von Schutzmaßnahmen zugunsten anderer Personen erfordert.

Wenn ein Mitarbeiter von einem Dritten geschädigt wurde und infolgedessen arbeitsunfähig ist, besteht ein Recht auf Information (siehe § 6 Abs. 2 EFZG). Denn in diesem Fall kann der Arbeitgeber eventuell Schadensersatzansprüche wegen geleisteter Entgeltfortzahlung gegen den Dritten haben. Detaillierte Angaben über die Art der Erkrankung wird der Arbeitgeber aber auch hier nicht fordern können.

Handelt es sich bei der gemeldeten Erkrankung um eine sogenannte „Fortsetzungserkrankung“ nach § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG, entfällt unter Umständen die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Insoweit hat er auch in solchen Fällen ein Auskunftsrecht, aber nur im Hinblick auf die Frage, ob es sich um eine Fortsetzungserkrankung oder eine andere Art der Erkrankung handelt, nicht aber dahingehend, woran der Mitarbeiter leidet. Die Antwort ergibt sich im Übrigen schon aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung selbst.

Bis wann muss eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werden?

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage (nicht Werktage!), hat der Mitarbeiter nach dem Gesetz spätestens am vierten Tag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen (§ 5 Abs. 1 S. 2 EFZG), wenn dieser Tag ein Arbeitstag im Betrieb ist. Es kommt nicht darauf an, dass der Arbeitnehmer an diesem Tag auch tatsächlich hätte arbeiten müssen. Der Arbeitgeber kann jedoch verlangen, dass die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits früher, z. B. schon ab dem ersten Tag der Krankheit, vorgelegt wird (§ 5 Abs. 1 S. 3 EFZG). Ein sachlicher Grund ist dafür nicht erforderlich. Insbesondere muss kein begründeter Verdacht gegen den Mitarbeiter vorliegen, dass er in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgespielt hat (BAG vom 14. November 2012 – 5 AZR 886/11). Die Anordnung kann bei jeder einzelnen Krankheit oder z. B. durch eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag abstrakt für jede Arbeitsunfähigkeit im Vorfeld erfolgen. Sie darf nur nicht rechtsmissbräuchlich oder willkürlich sein. 

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, ist eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen (§ 5 Abs. 1 S. 4 EFZG). 

Demnächst soll dieses Einreichen des „gelben Scheins“ übrigens durch ein elektronisches Meldeverfahren ersetzt werden, wie im aktuellen Referentenentwurf des „Dritten Bürokratieentlastungsgesetzes“ vorgesehen. Künftig sollen die Krankenkassen den Arbeitgeber auf Abruf elektronisch über Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit seines gesetzlich versicherten Arbeitnehmers sowie über den Zeitpunkt des Auslaufens der Entgeltfortzahlung informieren. Siehe dazu auch unten „Gesetzliche Neuerungen“ und unseren Blogbeitrag.

Reicht die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung via WhatsApp?

Für Furore sorgte im Frühjahr dieses Jahres ein Hamburger Start-up. Es ermöglicht die Ausstellung online beantragter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen per WhatsApp, ohne dass der Arbeitnehmer persönlich von einem Arzt untersucht wird. Dieser Service ist jedoch höchst zweifelhaft, da einem solchen Attest keine Beweiskraft dafür zukommen dürfte, dass der Mitarbeiter tatsächlich erkrankt war (siehe dazu unser Blogbeitrag). Genau dies monierte nun auch die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und leitete einen Musterprozess gegen das Unternehmen ein. Dieses werbe nämlich unzulässigerweise mit einem „100 Prozent gültigen AU-Schein“. Dies sei irreführend für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, da angesichts der Zweifel an der Beweiskraft der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Gültigkeit derselben keineswegs sicher sei (siehe dazu die Pressemitteilung der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs).

Darf der Arbeitgeber Kontakt zu seinem erkrankten Mitarbeiter aufnehmen? 

Grundsätzlich besteht während der Arbeitsunfähigkeit kein Verbot der Kontaktaufnahme durch den Arbeitgeber. Möchte der Arbeitgeber jedoch Auskunft über gewisse mit der Tätigkeit eines erkrankten Beschäftigten zusammenhängende Fragen haben, um etwa eine ordnungsgemäße Übergabe zu gewährleisten, wird er unter Umständen unverrichteter Dinge bleiben. Denn da der Arbeitnehmer aufgrund der Erkrankung nicht zur Erbringung der Arbeitsleistung verpflichtet ist, muss er auch solche Informationen nicht erteilen, kann es aber selbstverständlich auf freiwilliger Basis tun. Da viele Mitarbeiter ein eigenes Interesse daran haben, dass ihr Arbeitsfeld weiterhin reibungslos funktioniert, sollte dies im Zweifel also versucht werden. 

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber den Beschäftigten nicht während der Arbeitsunfähigkeit zu einem Personalgespräch verpflichten, auch nicht um dessen weitere Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb zu erörtern. Anders kann dies nur sein, wenn ein „berechtigtes Interesse“ des Unternehmens besteht. Dies wird aber nur angenommen, wenn ein dringender betrieblicher Anlass besteht, der keinen Aufschub der arbeitgeberseitigen Weisung auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit gestattet. Diese Voraussetzung wird in der Praxis nur äußerst selten erfüllt sein.

Darf der Arbeitgeber auf das E-Mail-Postfach seines Arbeitnehmers im Krankheitsfall zugreifen?

Soweit der Arbeitgeber die private Nutzung des E-Mail-Accounts verboten hat, dürfte der Zugriff auf das Postfach im Krankheitsfall unkritisch sein. Wurde die Nutzung jedoch auch zu privaten Zwecken gestattet, ist der Zugriff deutlich problematischer. Der Arbeitgeber muss dann nicht nur ein besonderes wirtschaftliches oder ideelles Interesse an den Informationen haben, der Zugriff auf das Postfach muss vielmehr auch erforderlich sein. Das Unternehmen sollte also vorher alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um an die benötigten Informationen zu gelangen. So sollte der Mitarbeiter im Zweifel erst einmal aufgefordert werden, die gefragten Daten herauszugeben. Erst wenn sämtliche zumutbare alternative Wege zur Kenntniserlangung ausgeschöpft sind, darf ein Zugriff erfolgen. 

Darf er seinen Mitarbeiter auffordern, überlassene Gegenstände herauszugeben?

Solange überlassene Gegenstände wie Dienstwagen, Laptop, Smartphone etc. ausschließlich zur dienstlichen Nutzung vorgesehen sind, kann das Unternehmen sie dem Mitarbeiter jederzeit, also auch im Krankheitsfall, sofort entziehen. Wurden sie aber auch zur privaten Nutzung überlassen, können sie während der Dauer der Entgeltfortzahlung nicht ohne Weiteres herausverlangt werden. Ausnahmsweise ist dies denkbar, wenn beispielsweise das Unternehmen den Dienstwagen oder die anderen Gegenstände für den vertretenden Mitarbeiter unbedingt benötigt. Dann wird dem Arbeitnehmer aber im Zweifel eine Entschädigung zustehen. Nach Ablauf der Entgeltfortzahlungspflicht ist der Entzug des Dienstwagens und anderer Arbeitsmittel bei fortdauernder Erkrankung jedoch ohne Nutzungsentschädigung möglich.

Wie geht man mit Arbeitnehmern um, die trotz (schwerer) Erkrankung arbeiten kommen („Präsentismus“)? 

Gibt es unbelehrbare Mitarbeiter, die trotz schwerer Erkrankung arbeiten kommen und dadurch unproduktiv sind bzw. Gefahr laufen, gravierende Fehler zu machen oder andere Mitarbeiter anzustecken, kann bzw. muss (!) sich der Arbeitgeber aus juristischer Sicht auf seine Fürsorgepflicht nach § 618 Abs. 1 BGB berufen und sie nach Hause schicken. Tut er dies nicht, kann er unter Umständen für daraus resultierende Schadensereignisse haftbar gemacht werden (§ 618 Abs. 3 BGB). In psychologischer Hinsicht ist es sinnvoll, den Mitarbeitern klarzumachen, dass das Unternehmen ihre Gesundheit ernst nimmt und sie keine Nachteile haben, wenn sie zu Hause bleiben.

Darf der Arbeitnehmer trotz Krankschreibung arbeiten kommen? 

Eng mit dem Thema Präsentismus verbunden ist die Frage, wie sich der Arbeitgeber zu verhalten hat, wenn ein Mitarbeiter trotz noch bestehender Krankschreibung zur Arbeit kommt.

Zunächst einmal muss man wissen, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht besagt, dass es dem Arbeitnehmer verboten ist, im angegebenen Zeitraum zu arbeiten. Es handelt sich bei einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch nicht um ein Beschäftigungsverbot für den Arbeitgeber. Sie stellt vielmehr nur fest, dass der Arbeitnehmer derzeit nicht arbeiten kann und voraussichtlich bis zum angegebenen Zeitraum auch nicht dazu in der Lage sein wird. Diese Prognose muss aber nicht unbedingt zutreffen. Unter Umständen ist eine Verlängerung der Krankschreibung erforderlich oder aber der Mitarbeiter ist früher schon wieder arbeitsfähig. In diesem Fall muss (!) er ohne Einschränkungen und Bestätigungen auch wieder arbeiten gehen. Eine „Gesundschreibung“ bzw. eine „Arbeitsfähigkeitsbescheinigung“ gibt es nicht. Die Sorge, dass die Berufsgenossenschaft bei einem eventuellen Arbeitsunfall nicht zahlt, wenn der eigentlich noch krankgeschriebene Mitarbeiter verunfallt, ist deshalb auch grundsätzlich unbegründet. Sinnvoll ist es aber in jedem Fall, wenn der Arbeitnehmer vorher ankündigt, dass er frühzeitig an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird. Kommt allerdings ein offensichtlich arbeitsunfähiger Mitarbeiter zur Arbeit, besteht die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, ihn nicht zu beschäftigen.

Darf der Arbeitgeber eine Eignungsuntersuchung im laufenden Arbeitsverhältnis anordnen? 

Wenn ein Mitarbeiter dauerhaft die geschuldete Leistung nicht erbringt, stellt sich für den Arbeitgeber nicht selten die Frage, weswegen: weil er nicht will – oder etwa, weil er nicht kann? Kann der Arbeitgeber in diesem Fall eine Eignungsuntersuchung beim Betriebs- oder Amtsarzt anordnen?

Im Öffentlichen Dienst ist diese Frage im TVöD klar geregelt. Wenn berechtigte Zweifel an der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers bestehen, muss dieser den Weg zum Arzt antreten und sich bescheinigen lassen, dass er in der Lage ist, seiner Tätigkeit nachzugehen.

Im Bereich des privaten Arbeitsrechts gibt es nur singuläre Vorschriften, die verpflichtende Untersuchungen vorschreiben (z. B. § 48 Fahrerlaubnisverordnung für die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung). Anlasslose Eignungsuntersuchungen sind ansonsten verboten, dürfen also z. B. auch nicht im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Der Arbeitgeber kann sich nur auf seine allgemeine Fürsorgepflicht nach § 618 BGB bzw. auf die Treuepflicht des Arbeitnehmers nach § 241 Abs. 2 BGB berufen, wenn es darum geht, Sicherheitsrisiken zu vermeiden. Es hat jedenfalls eine Interessenabwägung stattzufinden. Es müssen – wie auch im TVöD vorgesehen – berechtigte Zweifel an der Arbeitsfähigkeit vorliegen. Der Arbeitgeber muss dann abwägen zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht seines Mitarbeiters und seinem eigenen Informationsinteresse.

Übrigens sind Gefährdungsbeurteilungen nach dem Arbeitsschutzgesetz kein geeignetes Instrument zur Begründung von Eignungsuntersuchungen. Die Gefährdungsbeurteilung ist arbeitsplatz- bzw. tätigkeitsbezogen und grundsätzlich unabhängig von der dort tätigen Person durchzuführen. Eignungsuntersuchungen sind keine aus der Gefährdungsbeurteilung ableitbaren Arbeitsschutzmaßnahmen (siehe dazu das Merkblatt des BMAS zum Thema „Eignungsuntersuchungen“).

Es erscheint mithin ratsam, diese Frage samt Rechten und Pflichten der Beteiligten beispielsweise in einer Betriebsvereinbarung zu regeln.

Was kann der Arbeitgeber mit „dauerkranken“ Arbeitnehmern machen?

Wenn ein Mitarbeiter ständig oder dauerhaft krank ist, kann der Arbeitgeber – grob gesagt – drei verschiedene Strategien bemühen. 

Zum einen kann er sein Möglichstes tun, um ihn zurück ins Arbeitsleben zu führen. Dafür stehen dem Arbeitgeber die Mittel der Wiedereingliederung und des betrieblichen Eingliederungsmanagements zur Verfügung.

Zum anderen kann er eine Trennung von dem Arbeitnehmer prüfen. Dabei muss er sich zunächst fragen, ob der Arbeitnehmer tatsächlich krank ist oder ob er dies nur vorgibt. Denn davon hängt die Kündigungsart und damit das weitere Vorgehen ab: In ersterem Fall ist die krankheitsbedingte, in letzterem Fall die verhaltensbedingte Kündigung das Mittel der Wahl. Nicht selten wird man die Kündigung auf verhaltensbedingte und hilfsweise auf krankheitsbedingte Argumente stützen. 

Was tun bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit? 

Bestehen Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines krankgeschriebenen Mitarbeiters, hat der Arbeitgeber durchaus einige Hebel, an denen er ziehen kann. Er muss sich aber darüber im Klaren sein, dass der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von der Rechtsprechung ein hoher Beweiswert beigemessen wird. Der Arbeitgeber muss die Beweiskraft dieser Bescheinigung bei Zweifeln erschüttern. 

Zunächst muss sich der Arbeitgeber bewusst machen, dass ein krankgeschriebener Mitarbeiter nicht dazu verpflichtet ist, sich zu Hause aufzuhalten. Aus alltäglichen Verhaltensweisen wie Einkaufengehen, Spazierengehen etc. lassen sich nicht in jedem Falle Rückschlüsse auf einen Missbrauch der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ziehen. Es kommt hier auf den Einzelfall an. Der Arbeitnehmer ist lediglich verpflichtet, keinen gesundheitsschädigenden Aktivitäten nachzugehen. Da der Arbeitgeber in aller Regel die Art der Erkrankung nicht kennt, kann er dies oft nicht zuverlässig einschätzen. Sichtet er beispielsweise einen krankgeschriebenen Mitarbeiter auf einem Karnevalsumzug im Schneeregen, wird dies bei einer Erkältung durchaus gesundheitsschädigend einzustufen sein. Leidet der Beschäftigte aber an einer Depression, mag das ganz anders zu beurteilen sein. 

Ein Mittel, mit dem der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert werden kann, ist die Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) (§ 275 SGB V). Möglich ist das jedoch ausschließlich bei gesetzlich versicherten Mitarbeitern. Das Gesetz sieht eine Verpflichtung der Krankenkassen zur Einschaltung des Medizinischen Dienstes vor, wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit erforderlich ist. Zweifel sind insbesondere anzunehmen, wenn

  • Versicherte auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder
  • der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder
  • die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist.

Dies ist lediglich eine beispielhafte Aufzählung des Gesetzgebers. Weitere Fallgruppen sind denkbar, wie etwa die Arbeitsunfähigkeitsmeldung nach innerbetrieblichen Differenzen oder aber nach Ankündigung der Arbeitsunfähigkeit („Dann werde ich eben krank!“).

Selbst wenn das Ergebnis der Untersuchung eine Erkrankung des Mitarbeiters letztlich bestätigt, hat die Einschaltung des MDK eine nicht zu unterschätzende psychologische Wirkung.

Ein weiteres Mittel zur Abklärung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit ist die Einschaltung eines Privatdetektivs, um den nur vermeintlich erkrankten Arbeitnehmer im öffentlichen Raum zu observieren. Neben hohen Kosten sind strenge datenschutzrechtliche Vorgaben zu beachten. Der Einsatz eines Detektivs sollte jedenfalls erst nach sorgfältiger Prüfung erwogen werden. 

Krankenkontrollbesuche durch den Arbeitgeber sind ebenfalls möglich. Der Erkenntnisgewinn in der Praxis wird jedoch oftmals eher gering sein. Denn der Mitarbeiter ist – wie zuvor beschrieben – nicht unbedingt verpflichtet, sich in seiner Wohnung aufzuhalten. Zudem muss er seinem Arbeitgeber keinen Zutritt zur Wohnung gewähren. 

Zuletzt besteht unter Umständen für den Arbeitgeber die Möglichkeit, die Vergütung einzubehalten. Das Gesetz sieht ein Leistungsverweigerungsrecht vor, wenn der Mitarbeiter die nach § 5 Abs. 1 EFZG vorzulegende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht beibringt (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG).

Aber auch ansonsten kann er bei konkreten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit die während der Krankheit für maximal sechs Wochen fortzuzahlende Vergütung (§ 3 EFZG) zurückhalten. Sollte der Mitarbeiter sodann die Zahlung gerichtlich durchzusetzen versuchen, muss jedoch klar sein, dass die vorgelegte ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor den Gerichten einen hohen Beweiswert hat. Letztlich besteht dabei ein nicht unerhebliches Risiko, dass die Vergütung (nebst Zinsen) nachzuzahlen ist.

Darf der Arbeitgeber dem Angestellten ggf. eine andere Tätigkeit zuweisen, für die die Erkrankung nicht hinderlich ist?

Wichtig zu wissen ist hier zunächst, dass der Begriff der Arbeitsunfähigkeit nur besagt, dass der Beschäftigte seine vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Die Erkrankung als solche ist damit nicht gemeint. Genau genommen müsste jeder Arzt seinen Patienten vor einer Krankschreibung nach der genauen Tätigkeit befragen, um dann zu entscheiden, ob dieser im Hinblick auf sein Krankheitsbild den entsprechenden Belastungen gewachsen ist. In der Praxis geschieht dies aber nur selten, zumal der Arzt das Unternehmen nicht kennt und nicht beurteilen kann, ob der Patient eventuell anderweitig eingesetzt werden kann.

Der Arbeitgeber könnte dementsprechend seinem Mitarbeiter – je nach Ausgestaltung des Arbeitsvertrags – eine andere Tätigkeit zuweisen, die der Krankheit nicht entgegensteht. Dies gestattet ihm sein Direktionsrecht nach § 106 GewO. Ein eingegipstes Bein hindert beispielsweise einen Außendienstmitarbeiter daran, seine Kunden persönlich vor Ort aufzusuchen. Er wird aber unter Umständen in der Lage sein, diese telefonisch weiterhin zu beraten, Bestellungen aufzunehmen und die Abwicklung von Aufträgen zu überwachen. Liegt eine entgegenstehende ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, sollte der Arbeitgeber versuchen, mit dem behandelnden Arzt schriftlich Kontakt aufzunehmen und abzuklären, ob der vorgeschlagene Einsatz des Mitarbeiters denkbar ist.

Darf bzw. muss der Arbeitgeber langfristige oder häufige Erkrankungen im Zeugnis eines Mitarbeiters erwähnen?

Grundsätzlich dürfen Krankheiten keine Erwähnung im Zeugnis finden, da sie vom Arbeitnehmer nicht beeinflusst werden können. Sind die Ausfallzeiten andererseits aufgrund ihrer Dauer oder Lage für die Bewertungsgrundlage wesentlich, kann dies unter Umständen einmal anders aussehen: Das Zeugnis darf nicht den Eindruck erwecken, dass der zu beurteilende Arbeitnehmer eine die tatsächliche Dauer der Arbeitsleistung wesentlich übersteigende Berufserfahrung erworben hat. Der Arbeitgeber muss dann also sogar die Krankheitszeiten aufnehmen. Wann dies jedoch der Fall ist, ist immer eine Frage des Einzelfalls. Eine schematische Grenze lehnt die Rechtsprechung ab. Eine Erwähnung im Zeugnis sollte wohl nur im Falle besonders langer Krankheitszeiträume stattfinden. Denn dem Arbeitgeber drohen Schadensersatzansprüche des ehemaligen Mitarbeiters, wenn dieser aufgrund der Erwähnung seiner Krankheitszeiten einen neuen Arbeitsplatz nicht antreten kann, den er andernfalls bekommen hätte.


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