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Zum Notwegerecht bei fehlender Anbindung an öffentlichen Weg

Update Real Estate & Public 04/2021

April 2021

Hintergrund

In seinem Urteil vom 11.06.2020 – 3 U 24/19 – hat sich das OLG Rostock mit der Frage befasst, ob dem Kläger ein Notwegerecht zusteht, der mehrere zusammenhängende Grundstücke jeweils einzeln so bebaut hat, dass ein „gefangenes“ Grundstück weiterhin auf einen (Not‑)Weg über das Grundstück des beklagten Nachbarn angewiesen ist. Es hatte zudem zu beantworten, ob die Festsetzung eines „Geh- / Fahr- / Leitungsrechts“ in einem Bebauungsplan eine zivilrechtliche Wirkung zwischen den beteiligten Eigentümern entfaltet.

Die Entscheidung

Nach dem Urteil des OLG Rostock kann der Eigentümer des gefangenen Grundstücks keinen Anspruch auf Eintragung eines Geh- und Fahrrechts im Grundbuch aus den Festsetzungen des Bebauungsplans herleiten. Diese Festsetzungen begründen keine unmittelbare Duldungspflicht des Eigentümers des belasteten Grundstücks. Vielmehr sind diese Festsetzungen die öffentlich-rechtliche Grundlage dafür, das Grundstück zur Begründung eines solchen Rechts notfalls im Enteignungswege in Anspruch zu nehmen. Die Benutzung eines Weges über sein Grundstück hat der betroffene Grundstückseigentümer also nur zu dulden, wenn er hierzu kraft Gesetzes, eines Vertrages oder eines dinglichen Rechts verpflichtet ist.

Das Gericht gestand jedoch dem Kläger als Eigentümer des gefangenen Grundstücks ein Notwegerecht nach § 917 BGB über das Grundstück seines Nachbarn zu; der Nachbar war also kraft Gesetzes verpflichtet, die Nutzung des Weges zu dulden. Dem stand nicht entgegen, dass dem Kläger ein anderes Grundstück gehört hat, über das er das gefangene Grundstück mit dem öffentlichen Weg hätte verbinden können. Ein Eigentümer mehrerer zusammenhängender Grundstücke muss nicht in jedem Fall seine Grundstücke so bebauen, dass das bereits gefangene Grundstück über die übrigen Grundstücke eine Verbindung zu einem öffentlichen Weg erhält. Denn der Eigentümer mehrerer Grundstücke darf im Rahmen einer wirtschaftlichen Nutzung seiner Grundstücke gegenüber dem Eigentümer nur eines Grundstücks nicht schlechtergestellt werden. Vorliegend bestand bereits eine Verbindung vom gefangenen Grundstück zum öffentlichen Weg über einen – rechtlich nicht gesicherten – Privatweg über das Grundstück des Nachbarn. Der Kläger hatte also nach § 918 BGB die Notlage seines gefangenen Grundstücks nicht willkürlich herbeigeführt: Mit der Bebauung seiner übrigen Grundstücke hatte er keine bestehende Verbindung aufgehoben, unterbrochen oder erschwert.

Tipp für die Praxis

Grundstückseigentümer müssen trotz der Festsetzung eines Geh-, Fahr- oder Leitungsrechts im Bebauungsplan darauf achten, dass ihnen auch zivilrechtlich ein solches Recht in Form einer Dienstbarkeit gegen den betroffenen Nachbarn zusteht.

Der Eigentümer eines gefangenen Grundstücks braucht nicht eine Verbindung zum öffentlichen Weg über angrenzende, ihm gehörende Grundstücke herzustellen, wenn er darauf vertrauen darf, weiterhin den Privatweg über das Grundstück seines Nachbarn nutzen zu dürfen.

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Autoren

Foto vonDennis Julien Rein
Dr. Dennis Julien Rein