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Reform und Ausweitung des Geldwäschestraftatbestandes: erheblich gestiegene Compliance-Risiken für Unternehmen

Update Compliance 09/2020

September 2020

In Deutschland beträgt das Geldwäschevolumen laut Schätzungen rund EUR 100 Mrd. pro Jahr. Zur Stärkung der staatlichen Strafverfolgung von Geldwäsche hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einen Referentenentwurf vorgelegt, der eine erhebliche Ausweitung des Geldwäschestraftatbestandes (§ 261 StGB) vorsieht. Bislang macht sich wegen Geldwäsche strafbar, wer kriminelle Profite in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf einschleust, die aus einer in der Strafnorm katalogartig aufgeführten bestimmten Vortat herrühren. Die zum Katalog gehörenden Vortaten sind z. B. gewerbsmäßig begangene Untreue-, Betrugs- oder Korruptionsdelikte. Der Referentenentwurf schafft diesen selektiven Vortatenkatalog ab. Als taugliche Vortat einer Geldwäsche sollen nunmehr alle Straftaten gelten. Im Gegenzug wird die Begehungsvariante der bloß leichtfertigen – d. h. grob fahrlässigen – Geldwäsche abgeschafft.

Rekord bei Geldwäscheverdachtsfällen

Aus dem kürzlich veröffentlichten Jahresbericht der für die Entgegennahme und Auswertung von Verdachtsmeldungen zuständigen Financial Intelligence Unit für 2019 geht hervor, dass die Zahl der Geldwäscheverdachtsmeldungen binnen eines Jahres um fast 50 % auf 114.914 Verdachtsfälle angestiegen ist – ein Rekord. Demgegenüber stehen nach Auskunft des Deutschen Richterbunds lediglich 1.000 Aburteilungen wegen Geldwäsche pro Jahr. Grund für die mangelnde Effektivität der strafrechtlichen Verfolgung sollen Nachweisschwierigkeiten im Zusammenhang mit den selektiven Vortaten sein, an welche die Geldwäsche bislang anknüpft.

All-Crime-Ansatz: Jedes Delikt ist eine mögliche Vortat

Das Problem der Nachweisbarkeit soll zukünftig dadurch gelöst werden, dass Vermögenswerte aus sämtlichen Straftaten Gegenstand einer Geldwäsche sein können. Dieser All-Crime-Ansatz führt dazu, dass eine Geldwäschestrafbarkeit deutlich häufiger greifen wird als zuvor. Eine Strafbarkeit ist zukünftig bereits dann möglich, wenn illegale Profite aus häufig vorkommenden Alltagsdelikten in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf eingeschleust werden. Wirtschaftsakteure sehen sich demnach grundsätzlich bei jeder Geschäftstätigkeit dem Risiko einer strafbaren Geldwäsche ausgesetzt, wenn sie nicht ausschließen können, dass es sich bei dem eingesetzten Eigen- und / oder dem erhaltenen Fremdvermögen um sog. schmutziges Geld handelt. Erwirtschaftet z. B. ein Vertragspartner durch eine „einfache“ Betrugstat sog. inkriminiertes Vermögen und verwendet dieses zur Begleichung seiner Schuld, kann dies für den Geschäftspartner in Zukunft bereits ein strafbares „Sichverschaffen“ im Sinne der Geldwäschevorschrift sein, wenn er eine illegale Mittelherkunft zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm (sog. bedingter Vorsatz). In der Praxis wird der bedingte Vorsatz von den Strafverfolgungsbehörden häufig vorschnell angenommen.

Deutlich gestiegene Compliance-Risiken

Die Neuregelung hat erhebliche Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben und den Umgang im geschäftlichen Verkehr. Die Einbeziehung von Alltagsdelikten führt dazu, dass sich Unternehmen deutlich gestiegenen Compliance-Risiken gegenübersehen. Zur Vermeidung einer Strafbarkeit wegen Geldwäsche müssen sich die für das Unternehmen handelnden Personen grundsätzlich stets fragen, ob die vom Vertragspartner verwendeten Zahlungsmittel in redlicher Weise erworben wurden. Die Überprüfung der Redlichkeit des Geschäftspartners wird noch mehr, als dies bislang ohnehin schon der Fall war, zur Compliance-Aufgabe. Die Unternehmen werden daher ihre Maßnahmen zur strukturierten Überprüfung ihrer Geschäftspartner (Business-Partner-Screening) weiter ausbauen müssen. Im Falle der Verletzung dieser Pflicht kann eine Strafbarkeit der handelnden Personen wegen Geldwäsche sowie eine Unternehmensgeldbuße wegen der vorsätzlichen Straftat einer Leitungsperson in Höhe von bis zu EUR 10 Mio. oder mehr drohen (§§ 30, 17 Abs. 4 OWiG). 

Zu dem Gesetzesentwurf konnten Länder und Verbände bis zum 7. September 2020 Stellung nehmen. 

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Autoren

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Dr. Daniel Kaiser
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Stuttgart
Sophie Bruckner