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Umweltinformationsanspruch auf „interne Mitteilungen“?

Update Real Estate & Public 04/2021

April 2021

Hintergrund

Grundsätzlich hat gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Umweltinformationsgesetz (UIG) jede Person Anspruch auf freien Zugang zu behördlichen Umweltinformationen. Einschränkungen gibt es bei „internen Mitteilungen“ im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG. Der EuGH hat mit seinem Urteil vom 20.01.2021 – C-619/19 – geklärt, dass interne behördliche Informationen grundsätzlich auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht im Wege eines Umweltinformationsanspruchs herausverlangt werden können.

Der Kläger begehrte vom Staatsministerium Baden-Württemberg verschiedene Unterlagen im Zusammenhang mit Baumfällungen für das Verkehrs- und Städtebauprojekt „Stuttgart 21“, u. a. eine interne Information für die Ministeriumsspitze über den Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung eines Polizeieinsatzes sowie Vermerke zum Schlichtungsverfahren.

Die nach erfolglosem Antrag erhobene Klage wies das VG Stuttgart ab. Der VGH BW verpflichtete das Land Baden-Württemberg hingegen, dem Kläger die genannten Unterlagen zugänglich zu machen. Der Auskunftsanspruch könne nicht zum Schutz „interner Mitteilungen“ abgelehnt werden. Ein solcher Schutz bestehe nur während des – hier bereits abgeschlossenen – behördlichen Entscheidungsprozesses. Hiergegen erhob das Land Revision.

Das BVerwG setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung der Umweltinformationsrichtlinie vor (Vorlagebeschluss vom 08.05.2019 – 7 C 28/17). Konkret ging es darum, wie der Begriff der „internen Mitteilungen“ zu verstehen ist und ob der Schutz „interner Mitteilungen“ zeitlich unbegrenzt ist oder beispielsweise nur bis zu einer behördlichen Entscheidung bzw. einem sonstigen Abschluss des Verwaltungsvorgangs reicht.

Die Entscheidung

Der EuGH lehnte eine zeitliche Beschränkung des Schutzes „interner Mitteilungen“ auf die Dauer des behördlichen Entscheidungsprozesses ab.

Der Begriff der „internen Mitteilungen“ erfasse alle Informationen, die innerhalb einer Behörde im Umlauf seien und zum Zeitpunkt des Informationsbegehrens den Binnenbereich der Behörde nicht verlassen hätten. Dies könne unter bestimmten Umständen auch Informationen von externen Quellen umfassen. Der interne Charakter einer Mitteilung gehe auch nicht deshalb verloren, weil die Umweltinformation den Binnenbereich der Behörde möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt – etwa durch Veröffentlichung – verlassen könnte. Obwohl der EuGH für die Beurteilung des konkreten Falles an sich nicht zuständig gewesen wäre, hat er die Qualifizierung der streitgegenständlichen Informationen des Staatsministeriums als „interne Mitteilungen“ für möglich gehalten.

Nach Ansicht des EuGH ist die Ablehnung von Umweltinformationsansprüchen zum Schutz „interner Mitteilungen“ nach der Umweltinformationsrichtlinie zeitlich nicht begrenzt, selbst wenn später eine abschließende behördliche Entscheidung ergeht oder der Verwaltungsvorgang auf sonstige Weise abgeschlossen wird. Der unbegrenzte Schutz „interner Mitteilungen“ solle Behörden einen geschützten Raum für interne Überlegungen und Debatten schaffen. Allerdings müsse die auskunftspflichtige Behörde aufgrund der geforderten Interessenabwägung stets prüfen, ob der Schutz der begehrten Informationen (noch) gerechtfertigt sei. Dabei seien der Inhalt der „internen Mitteilung“ sowie die seit Erstellung vergangene Zeit – etwa im Hinblick auf die Aktualität und die Vertraulichkeit der Information – zu berücksichtigen.

Praxistipp

Die Entscheidung ist wegen der Klarstellung, dass der Schutz behördeninterner Informationen auch noch nach Abschluss eines Verfahrens besteht, zu begrüßen. Behörden können Informationen zu „internen Mitteilungen“ daher grundsätzlich auch über den Entscheidungsprozess hinaus verweigern. Interessant an den Urteilen der Vorinstanzen ist auch, dass diese die angefragten Informationen überhaupt als Umweltinformationen einstuften, weil die Arbeit des Untersuchungsausschusses oder der Schlichtung Auswirkungen auf das Regierungshandeln und dieses wiederum Folgen für das „Projekt Stuttgart 21“ haben könnte. Dass dies „Daten über eine sich auf die Umwelt auswirkende Maßnahme“ betrifft, hätte man wegen des doch sehr entfernten Zusammenhangs der Information mit Umweltbestandteilen auch anders sehen können.

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Autoren

Tobias Feeß