06/12/2023
Mindestbesteuerung bereits ab 2024
Die Einführung der globalen effektiven Mindestbesteuerung durch Pillar II stellt eine der komplexesten und größten Steuerreformen im Unternehmensbereich dar. Kurz gesagt geht es um ein zusätzliches, global eingeführtes Besteuerungssystem, das die Besteuerung der betroffenen Unternehmensgruppen mit einer effektiven Steuer von mindestens 15% (Mindeststeuer) weltweit sicherstellen soll. Eine detaillierte Darstellung der Konzeption und Funktionsweise der Mindeststeuer finden Sie hier. Pillar II betrifft Unternehmensgruppen mit einem Jahresumsatz von EUR 750 Millionen und soll EU-weit ab dem 1. Januar 2024 gelten. Hierzu hat sich Deutschland im Dezember 2022 zusammen mit den anderen EU-Mitgliedstaaten im Rahmen einer gemeinsamen Richtlinie geeinigt, welche bis zum 31. Dezember 2023 in nationales Recht umzusetzen ist. Die Umsetzung hat für den deutschen Gesetzgeber hohe Priorität. Am 16. August 2023 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf (Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen) beschlossen. Am 10. November 2023 hat der Bundestag das Gesetz auf Vorlage des Finanzausschusses (Beschlussempfehlung und Bericht) vom 8. November 2023 beschlossen. Wegen der hohen Komplexität der Regelungen stehen betroffene Unternehmensgruppen wie auch die deutsche Finanzverwaltung vor großen Herausforderungen. Daher spielen insbesondere Vereinfachungsregelungen im Mindeststeuergesetz (sog. Safe Harbours) eine sehr wichtige Rolle: Welche Safe Harbours sind im Mindeststeuergesetz enthalten? Im Gesetzesentwurf sind derzeit vor allem folgende Safe Harbours vorgesehen:§ 79 MinStG-E: Mögliche Reduzierung des Steuererhöhungsbetrages auf null auf der Grundlage zugelassener vereinfachter Berechnungen gemäß § 80 MinStG-E und bei Erfüllung bestimmter Tests für eine Unternehmensgruppe. Hierbei handelt es sich um:einen Routinegewinn-Test, der sich am substanzbasierten Freibetrag (Substanz: berücksichtigungsfähige Beschäftigte / Lohnkosten sowie berücksichtigungsfähige Vermögenswerte) orientierteinen Wesentlichkeitsgrenze-Test, der sich am durchschnittlichen Mindeststeuer-Gesamtumsatz und dem durchschnittlichen Mindeststeuer-Gesamtgewinn / Gesamtverlust orientiert odereinen Effektivsteuersatz-Test, in dem es darum geht, dass der nach den Vorschriften des MinStG-E ermittelte effektive Steuersatz mindestens dem Mindeststeuersatz entspricht. § 80 MinStG-E: Wahlrecht für die Zugrundelegung einer vereinfachten Ausgangsgröße bei unwesentlichen Geschäftseinheiten auf Basis des länderbezogenen Berichts (CbCR) für den Mindeststeuer-Umsatz, den Mindeststeuer-Gewinn und den Betrag der angepassten erfassten Steuern. Unwesentliche Geschäftseinheiten sind Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe, die aufgrund von Wesentlichkeitserwägungen für das Geschäftsjahr nicht in einen durch einen externen Prüfer testierten Konzernabschluss einbezogen worden sind. Dieses Wahlrecht wurde insofern angepasst, als die vereinfachten Ausgangsgrößen nur für Zwecke der vereinfachten Berechnung nach § 79 MinStG-E verwandt werden können.§ 81 MinStG-E: Mögliche Reduzierung des Steuererhöhungsbetrages für ein Steuerhoheitsgebiet bezogen auf einen Teil der Unternehmensgruppe auf null, wenn eine anerkannte nationale Ergänzungssteuer im betreffenden Geschäftsjahr besteht. In einem solchen Fall ist nämlich eine Anhebung der Steuerschuld im Hinblick auf den dortigen bereinigten Mindeststeuer-Gesamtgewinn auf den Mindeststeuersatz sichergestellt. Die anerkannte nationale Ergänzungssteuer soll in Übereinstimmung mit dem sog. Ergänzungssteuer-Rechnungslegungsstandard, dem Ergänzungssteuer-Konsistenzstandard und dem Ergänzungssteuer-Administrationsstandard erhoben werden, so wie diese Begriffe im MinStG-E definiert sind. Der Antrag ist für jeden Teil der Unternehmensgruppe, für den eine separate Ermittlung des effektiven Steuersatzes vorzunehmen ist, gesondert zu stellen. In der aktuellen Fassung des Gesetzes sind bestimmte Fälle vorgesehen, in denen der Antrag nicht zulässig ist, u.a. bei transparenten Einheiten, Investmenteinheiten etc.§§ 84 ff. MinStG-E: Mögliche Anwendung von drei Tests (vereinfachter Wesentlichkeitstest, vereinfachter Effektivsteuersatztest, Substanztest) auf Basis der Daten qualifizierter länderbezogener Berichte (CbCR); bei Erfüllung einer der drei Tests Ansatz des Steuererhöhungsbetrags (einschließlich des zusätzlichen Steuererhöhungsbetrags) für ein Steuerhoheitsgebiet mit EUR 0 (für eine Übergangszeit die am oder vor dem 31. Dezember 2026 beginnt und vor dem 1. Juli 2028 endet).§ 89 MinStG-E: Einführung einer zeitlich befristeten Safe-Harbour-Regelung für den Sekundärergänzungssteuerbetrag für Geschäftsjahre, die nicht mehr als zwölf Monate umfassen und am oder vor dem 31. Dezember 2025 beginnen und vor dem 31. Dezember 2026 enden. Nach dieser Regelung wird auf Antrag der Steuererhöhungsbetrag für den Belegenheitsstaat der obersten Muttergesellschaft auf null reduziert, wenn der kombinierte nominelle Körperschaftsteuersatz in diesem Steuerhoheitsgebiet im jeweiligen Geschäftsjahr mindestens 20 % beträgt. Wird allerdings ein Antrag nach dieser Safe-Harbour-Regelung gestellt, ist die Unternehmensgruppe für dieses Steuerhoheitsgebiet für alle nach Ablauf der Regelung folgenden Geschäftsjahren von der Anwendung des CbCR-Safe-Harbour ausgeschlossen (der wiederum auch zeitlich befristet ist, also anwendbar für Geschäftsjahre, die am oder vor dem 31. Dezember 2026 beginnen und vor dem 1. Juli 2028 enden). Nachdem die Diskussionen zur Umsetzung der Mindeststeuer auf internationaler Ebene noch laufen und bis zum Ende des deutschen Gesetzgebungsverfahrens noch nicht abgeschlossen sein werden, hat der Finanzausschuss – auch auf der Basis der Empfehlungen des Bundesrats sowie der Berater und Verbände – in § 99 MinStG-E zwei Öffnungsklauseln eingefügt, nämlich
(i) eine Ermächtigung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), mit Zustimmung des Bundesrats Vorschriften durch Rechtsverordnung zum Umfang, zur näheren Ausgestaltung und zum Informationsaustausch betreffend des Mindeststeuer-Berichts zu erlassen (§ 99 Abs. 3 MinStG-E), sowie (ii) eine Öffnungsklausel für weitere Safe-Harbour-Regelungen durch das BMF, die durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats zu den Voraussetzungen und zu dem Umfang der Rechtsfolge (gesamte Unternehmensgruppe oder Teil der Untergruppe) der Safe-Harbour erlassen werden können (§ 99 Abs. 4 MinStG-E). In dem Bericht des Finanzausschusses wird erläutert, dass damit eine rechtssichere Umsetzung der Verwaltungsleitlinien zur Administration der GloBe-Mustervorschriften vom 13. Juli 2023 sowie von zukünftig vom Inclusive Framework on BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) angenommener Verwaltungsleitlinien auch mittels einer Rechtsverordnung erfolgen kann. Die Zustimmung des Bundesrates ist für den 15. Dezember 2023 geplant. Das Gesetz dürfte damit – nach Ausfertigung und Verkündung – zum 1. Januar 2024 in Kraft treten.
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