06/12/2023
Restrukturierung in der Immobilien- und Baubranche
Gestiegene Zinsen, Inflation und höhere Baukosten stellen die Immobilien- und Baubranche aktuell vor große Herausforderungen, sodass Restrukturierungen auch dort eine immer größere Bedeutung erlangen. Nicht nur zahlreiche Projektentwicklungsgesellschaften, sondern auch Bestandshalter und andere Unternehmen aus der Immobilien- und Baubranche sehen wegen der geänderten Rahmenbedingungen am Immobilienmarkt schwierigen Zeiten entgegen. Sanierungsoptionen in Deutschland Aus der Sicht eines jeden Unternehmens gilt: je früher eine Krisensituation erkannt und die Restrukturierung eingeleitet wird, desto mehr Handlungsoptionen bestehen und desto wahrscheinlicher ist ein Sanierungserfolg. Dieser Grundsatz gilt auch und insbesondere in der Immobilien- und Baubranche. Die Implementierung einer funktionsfähigen Krisen-Compliance im Unternehmen, also vornehmlich die laufende Prüfung und Überwachung etwaiger Insolvenzgründe ist deswegen zwingend erforderlich und für die Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften sogar gesetzlich vorgeschrieben. Handelt die Geschäftsführung zu spät, sind die Wege einer außergerichtlichen Sanierung und eines StaRUG-Verfahrens versperrt. In Deutschland stehen für die Sanierung derzeit vier Verfahren zur Verfügung: die außergerichtliche Sanierung, das StaRUG-Verfahren, die Sanierung in Eigenverwaltung (mit optionalem Schutzschirmverfahren) sowie das Insolvenzverfahren. Eine ausführliche tabellarische Übersicht mit den Verfahrenszielen sowie den Voraussetzungen finden Sie hier. Absicherung gegen die Krise von Geschäftspartnern Ein weiterer wichtiger Baustein einer effektiven Krisen-Compliance ist die Absicherung gegen Krisen wichtiger Geschäftspartner. Diese können sich schnell negativ auf die eigene wirtschaftliche Lage auswirken. So kann die Insolvenz einer Projektentwicklungsgesellschaft und die damit oft verbundenen Baustopps schnell zu existenzbedrohenden Situationen bei baubeteiligten Unternehmen führen. Genauso kann umgekehrt die Insolvenz eines Generalunternehmers oder eines Käufers einer Immobilie die Insolvenz eines Projektentwicklers auslösen. Dementsprechend sind folgende Schritte zur Vorbeugung eines solchen Domino-Effekts besonders hervorzuheben:decimalRegelmäßiges und engmaschiges Monitoring der Vertragsbeziehung mit dem Geschäftspartner. Bei Projektentwicklungen ist der Baufortschritt und der pünktliche Eingang von Abschlags- oder Ratenzahlungen zu kontrollieren. Aufgrund des anfechtungsrechtlichen Bargeschäftsprivilegs sind möglichst kurze Zahlungsfristen empfehlenswert, sodass zwischen Leistung und (Abschlags-)Zahlung nicht mehr als 30 Tage liegen. Sicherungsrechte sind zu vereinbaren, welche bei Insolvenz des Geschäftspartners ein Aus- oder Absonderungsrecht gewähren oder zumindest sicherstellen, dass ein Dritter einsteht. Für Waren sind verlängerte Eigentumsvorbehalte vorzusehen. Mietverhältnisse sind mit üblichen Mietsicherheiten abzusichern. Um Anfechtungsrisiken zu vermeiden, sind Sicherheiten bereits bei Vertragsschluss und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt zu stellen.Möglichkeiten der vorzeitigen Vertragsbeendigung sind zu prüfen. Bei Werkverträgen, sowie Bau-, Architekten- und Ingenieurverträgen sieht das Gesetz nach § 648 BGB ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Bestellers vor. Insolvenzabhängige Beendigungsklauseln werden insofern mehrheitlich für wirksam erachtet. Für Mietverträge gilt dagegen, dass eine Kündigung allein aufgrund der Insolvenz eines der beiden Vertragspartner nicht zulässig ist. Eine Besonderheit besteht dagegen in dem Fall, in dem eine vermietete Immobilie durch den Insolvenzverwalter des Vermieters veräußert wird. Dem Erwerber steht dann einmalig ein Sonderkündigungsrecht nach § 111 InsO zu. Gleiches gilt nach § 57a ZVG für den Ersteher im Rahmen einer Zwangsversteigerung. Umstritten ist, ob ein solches Sonderkündigungsrecht auch bei Erwerb der Geschäftsanteile an einer Vermietergesellschaft gelten soll. Hintergrund der Diskussion ist, dass für Investoren ein Share Deal oftmals interessanter ist als ein Asset Deal. Allerdings führt der Gesellschafterwechsel nicht zu einem Eigentümerwechsel auf Ebene des Vermieters. Der neue Gesellschafter selbst wird nicht Eigentümer der jeweiligen Immobilie, sodass auch kein Eintritt in das Mietverhältnis erfolgt. Das Sonderkündigungsrecht besteht daher allein aufgrund des Gesellschafterwechsels nicht. Sollte die erworbene Vermietergesellschafter allerdings ihrerseits bereits insolvent sein, so könnte der Insolvenzverwalter von seinem Wahlrecht über die Fortsetzung des Mietverhältnisses Gebrauch machen und das Mietverhältnis kündigen. Finanzierungsspezifische Tendenzen und Empfehlungen Die typischerweise (zumindest anteilige) Fremdkapital-Finanzierung von Immobilientransaktionen bringt einen weiteren Player an den Verhandlungstisch. Für die Restrukturierung spielen Kapitalgeber und deren Sicherungsrechte eine große Rolle. Die Positionen von Mezzanine- und Senior-Darlehensgebern sind im Restrukturierungsfall zudem häufig nicht deckungsgleich. So sehen sich aktuell Mezzanine-Darlehensgeber u.a. zur Umstrukturierung der Finanzierung und/oder Gewährung von Haircuts gezwungen. Für sämtliche relevanten Parteien und die Frage, ob, wie und welche Sicherheiten gezogen werden können, ist i.d.R. die Interkreditoren-Vereinbarung entscheidend. Bereits im Vorfeld einer Restrukturierung empfiehlt sich daher für alle Parteien eine detaillierte Befassung mit diesem Vertrag. Häufig finden sich hier auch transaktionsspezifische Besonderheiten. Bei der Bewertung und Verwertung von Sicherheiten kommt zudem die Frage auf, ob und wie der Kapitalgeber die faktische Kontrolle über den Darlehensnehmer erlangen kann. Die Antwort hierauf fällt, abhängig von Sicherheitenstruktur und konkreter Gesellschaftsform des Darlehensnehmers, unterschiedlich aus. Es bleibt u.a. abzuwarten, ob die aktuelle Entwicklung zu einer Ausweitung von loan-to-own Strategien führen wird.
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