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Haftungsfalle bei Vorauszahlungen im Kaufvertrag, arras oder bloße Anzahlung?

Update Deutsch-Spanische Gruppe 12/2020

Dezember 2020

Bei Immobiliengeschäften ist es in Spanien üblich, dass der Käufer eine Vorauszahlung an den Verkäufer leistet, bevor ein Kaufvertrag unterschrieben wird. Diese Zahlung kann eine bloße Anzahlung (señal) oder ein contrato de arras sein. Wer in Spanien ein Haus in der Sonne erwerben will, sollte unbedingt den Unterschied kennen. Sonst droht die böse Überraschung, wenn man erfährt, dass man zwar niemals einen als „Kaufvertrag“ bezeichneten Vertrag unterschrieben hat – aber trotzdem einen verbindlichen Kaufvertrag abgeschlossen hat, mit entsprechenden finanziellen Verpflichtungen.

Mit einer señal wird lediglich die zukünftige Kaufbereitschaft demonstriert, ohne dass sich der Kaufinteressent rechtlich zum Kauf verpflichtet. Werden jedoch arras vereinbart, kommt gleichzeitig ein wirksamer Kaufvertrag zustande, was zu entsprechenden finanziellen Verpflichtungen und Risiken führt. Dieser Kaufvertrag kommt zustande, ohne dass man jemals einen als „Kaufvertrag“ bezeichneten Vertrag gesehen hätte. Das kann insbesondere beim Immobilienkauf für deutsche Kaufinteressenten eine böse Überraschung darstellen, weil in Deutschland – im Gegensatz zu Spanien – Immobilienkaufverträge stets beim Notar abgeschlossen werden müssen. 

Die bloße señal ist eine Teilzahlung auf den Kaufpreis, der später im Kaufvertrag vereinbart wird. Die Rechtsfolge ist nicht nur, dass die Zahlung auf den Kaufpreis angerechnet wird, sondern dass der Verkäufer das Geld nur dann behalten darf, wenn am Ende tatsächlich ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Wird kein Kaufvertrag abgeschlossen, weil sich eine oder beide Parteien dagegen entschieden haben, muss die señal in jedem Fall zurückgezahlt werden. Weder dem Käufer noch dem Verkäufer steht eine weitere Entschädigung zu (Urteil 193/2008 des Obersten Gerichtshofs vom 6. März).

Anders liegt es bei den arras. Denn mit dem contrato de arras kommt automatisch auch ein Kaufvertrag zustande. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind die arras nämlich ein akzessorischer Vertrag zum Kaufvertrag und als solche immer mit einem Kaufvertrag verknüpft (Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 29. Juli 1997).

Um die Wirkung der arras zu veranschaulichen, muss zwischen den unterschiedlichen Arten von arras unterschieden werden.

Mit den arras confirmatorias („bestätigende arras“) wird der Vertragsschluss bestätigt. Sie dienen als ein starker Beweis dafür, dass die Parteien einen verbindlichen Kaufvertrag abschließen wollten. Sowohl Käufer wie auch Verkäufer können in diesem Fall Vertragserfüllung verlangen.

Die arras penales („Strafarras“) haben die gleiche Beweiswirkung wie die arras confirmatorias. Sie führen also ebenfalls dazu, dass beide Parteien die Erfüllung des Kaufvertrages verlangen können. Allerdings wirken sie auch als eine Art Vertragsstrafe, mit welcher der Schadensersatz vorab pauschalisiert festgelegt wird, falls eine der Parteien den Vertrag nicht erfüllen will oder kann. Das heißt konkret: Wenn der Käufer seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, kann der Verkäufer Vertragserfüllung verlangen oder die gezahlten arras einbehalten. Weigert sich der Verkäufer, das Eigentum an der Kaufsache zu übertragen, kann der Käufer auf Vertragserfüllung bestehen oder den doppelten Betrag der arras verlangen. 

Die arras penitenciales („Rücktrittsarras“) führen ebenfalls zu einem wirksamen Kaufvertrag, erlauben aber jeder Partei den einseitigen Rücktritt vom Kaufvertrag, ohne dass dafür ein besonderer Grund vorliegen muss. Der „Preis“ des Rücktritts ist der vereinbarte Betrag der arras: Tritt der Käufer zurück, kann der Verkäufer die gezahlten arras endgültig behalten. Tritt der Verkäufer zurück, muss er den doppelten Betrag zurückzahlen. Weitere Schadensersatzansprüche stehen keiner der Parteien zu, sie können auch nicht die Vertragserfüllung bestehen.

In der Praxis steht im contrato de arras oft nicht ausdrücklich, welche Art der arras vereinbart wird. Wie ermittelt man in diesem Fall, welche Art von arras vorliegt?

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegen arras penitenciales nur dann vor, wenn die Parteien dies eindeutig vereinbart haben, das heißt, wenn aus dem Vertrag ohne Zweifel hervorgeht, dass ein Rücktrittsrecht gewährt werden soll. Ansonsten ist von arras confirmatorias auszugehen (Urteil 583/2018 des Obersten Gerichtshof vom 17. Oktober). Wenn sich die Parteien mit den arras ein Rücktrittsrecht eröffnet wollen, muss dieser Parteiwille im Vertrag klar und eindeutig formuliert werden.

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass mit besonderer Vorsicht bei Anzahlungen von zukünftigen Käufen vorgegangen werden muss. Was anfangs als Anzahlung bzw. Kaution erschien, kann sich dann als tatsächlicher Kaufvertrag herausstellen, was zur Folge hätte, dass die Parteien nicht zurücktreten können aufgrund der Rücktrittsklausel.

Vor diesem Hintergrund gilt: Bevor man Vorauszahlungen zustimmt, muss sorgfältig geprüft werden, was genau vereinbart werden soll. Ansonsten kann sich die unverbindliche Anzahlung als ein echter Kaufvertrag entpuppen, den man nicht mehr ohne weiteres loswerden kann. 

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Autoren

Foto vonGonzaga Guerrero García-Jarana
Gonzaga Guerrero García-Jarana
Senior Associate
Madrid