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Neue Anforderungen an Clean-Team-Vereinbarungen bei Kooperationen und Unternehmenskäufen

Update Compliance 09/2020

September 2020

Regelmäßig ist es im Rahmen von Unternehmenstransaktionen erforderlich, auch wettbewerblich sensible Daten zwischen erwerbendem Unternehmen und Zielunternehmen auszutauschen. Gleiches gilt für Kooperationen zwischen im Wettbewerb stehenden Unternehmen, beispielsweise bei einem gemeinsamen Einkauf. In diesen Fällen sollten die betroffenen Unternehmen ein sog. Clean Team einrichten, also spezielle Mitarbeiter auswählen, die bestimmte wettbewerblich relevante Informationen erhalten und diese sichten dürfen. 

Die Einrichtung von Clean Teams, insbesondere bei Kontakten mit Wettbewerbern, ist gängige Praxis, wenngleich die kartellrechtlichen Anforderungen an solche Clean Teams mangels entsprechender Aussagen der Kartellbehörden und -gerichte häufig im Unklaren liegen. Umso relevanter sind daher die jüngsten Aussagen in dem Vorsitzendenschreiben der 4. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes vom 9. Juni 2020 zum „Corona-Restrukturierungsverfahren“ des Verbandes der Automobilindustrie e.V. (VDA) zu den kartellrechtlichen Anforderungen und Grenzen von Clean Teams. 

Bestätigung der bisherigen Praxis

Das Bundeskartellamt weist auf die Notwendigkeit der Einhaltung der bereits anerkannten Grundsätze bei einem Austausch von wettbewerbsrelevanten Daten mittels Clean Teams hin. Es betont dabei, dass auch zwischen Clean Teams kein unbegrenzter Informationsaustausch stattfinden darf, sondern nur dasjenige ausgetauscht werden darf, was für den konkreten (legitimen) Zweck erforderlich ist. Außerdem sollen – auch zwischen Clean Teams – Informationen vorzugsweise aggregiert ausgetauscht und taugliche Chinese Walls innerhalb der Unternehmen errichtet werden.

Taugliche Mitglieder von Clean Teams

Ein in der Praxis häufig anzutreffendes Thema ist die Frage, welche Personen aus der Sphäre der Unternehmen einem Clean Team angehören dürfen. Insbesondere ist dabei relevant, ob auch Vertriebsmitarbeiter taugliche Clean-Team-Mitglieder sein können. Das Bundeskartellamt hält das für grundsätzlich denkbar, wenn die folgenden Absicherungsmaßnahmen erfüllt sind: 

  • Die in der Eigenschaft als Clean-Team-Mitglied erlangten Informationen dürfen nicht für die weitere Vertriebstätigkeit verwendet werden und
  • es ist eine Cooling-off-Phase von einem Jahr ab Beendigung der Clean-Team-Mitgliedschaft vorzusehen. Dies bedeutet, dass das Clean-Team-Mitglied innerhalb dieser Zeitspanne nicht an Einkaufs- oder Verkaufsverhandlungen teilnehmen darf. So würde man das Bundeskartellamt jedenfalls verstehen.

Das Erfordernis „spürbarer Sanktionen“

Clean-Team-Vereinbarungen müssen – jedenfalls nach Vorstellung des Bundeskartellamtes – zudem „spürbare Sanktionen“ für Verstöße insbesondere gegen die Vertraulichkeitspflichten enthalten. Um die Einhaltung der Clean-Team-Vereinbarung sicherzustellen, hält es das Bundeskartellamt also für erforderlich, eine spürbare Sanktionsmöglichkeit für die Unterzeichner vorzusehen. Ob dem Erfordernis der Spürbarkeit mit rein finanziellen Sanktionen Genüge getan ist oder ob hierzu auch arbeitsrechtliche Konsequenzen oder sonstige Sanktionen erwogen werden müssen, lässt sich dem Vorsitzendenschreiben nicht entnehmen. Allerdings müsste insbesondere bei (rein) finanziellen Sanktionen beachtet werden, dass die Spürbarkeit individuell höchst unterschiedlich ist, sodass vermutlich für jedes Mitglied des Clean Teams die Sanktion individuell festgelegt werden müsste.

Fazit

Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass das Bundeskartellamt die Eignung von Clean Teams zur Vermeidung von Kartellverstößen anerkennt. Bei der Erstellung von Clean-Team-Vereinbarungen muss künftig ein besonderes Augenmerk auf die Cooling-off-Phase und die Sanktionen bei Verstößen gegen die Geheimhaltungspflicht gelegt werden. Hinsichtlich der Cooling-off-Phase ist zu bedenken, dass diese sich anhand der Anforderungen des jeweiligen Einzelfalls bestimmt und – abhängig von der jeweiligen Situation – sowohl kürzer als auch länger als ein Jahr sein kann. 

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Autoren

Foto vonPeter Giese
Peter Giese
Principal Counsel
Stuttgart