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Novellierung der Preisangabenverordnung: neue Vorgaben für die Werbung mit Preisermäßigungen

Update Gewerblicher Rechtsschutz & Kartellrecht 12/2021

Dezember 2021

Die im Januar 2020 in Kraft getretene Richtlinie (EU) 2019/2161 (sogenannte Omnibus-Richtlinie) veranlasst nicht nur den Gesetzgeber dazu, das UWG anzupassen – hierüber wurde bereits in der letzten Ausgabe des IP-Updates berichtet –, sondern durch ihre Änderungen der Preisangaben-Richtlinie (Richtlinie 98/6/EG) auch die Bundesregierung, federführend das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), die deutsche Preisangabenverordnung (PAngV) zu überarbeiten.

Die Omnibus-RL enthält zwei Änderungen der Preisangaben-RL. Zum einen die – besonders praxisrelevante – Einführung einer neuen Regelung zur Werbung mit Preisermäßigungen und zum anderen Konkretisierungen zu den Sanktionen bei Verstößen gegen die Preisangabenvorschriften. Diese Änderungen sind bis zum 28. November 2021 von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen und ab dem 28. Mai 2022 anzuwenden.

Die Umsetzung der Preisangaben-RL ist in Deutschland Aufgabe der Bundesregierung bzw. des BMWi – hierfür belässt es der deutsche Verordnungsgeber aber nicht bei einer punktuellen Modifizierung seiner PAngV, sondern nimmt bei dieser Gelegenheit gleich eine Novellierung der gesamten Verordnung vor. Die Bundesregierung hat am 3. November 2021 die neue Fassung der PAngV nach dem Maßgabenbeschluss des Bundesrates vom 8. Oktober 2021 (Drucksache 669/21) beschlossen. Diese wird am 28. Mai 2022 in Kraft treten.

Neue Regeln für die Werbung mit Preisermäßigungen

Die neue Regelung zur Werbung mit Preisermäßigungen findet sich auf europäischer Ebene in Art. 6 a der Preisangaben-RL. Der europäische Gesetzgeber gibt damit vor, dass bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung der vorherige Preis anzugeben ist, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen bestimmten Zeitraum angewandt hat. Der vorherige Preis wird definiert als der niedrigste Preis, den der Händler innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor der Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat. Diesen Zeitraum können die Mitgliedsstaaten grundsätzlich selbst bemessen, laut Richtlinie muss er aber mindestens 30 Tage betragen. Nur für Erzeugnisse, die seit weniger als 30 Tagen auf dem Markt sind, können die Mitgliedsstaaten auch einen kürzeren Zeitraum festlegen. Zudem sieht der europäische Gesetzgeber die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten vor, für schnell verderbliche Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit abweichende Regelungen zu treffen. Schließlich können die Mitgliedsstaaten festlegen, dass im Falle einer schrittweise ansteigenden Preisermäßigung der vorherige Preis der nicht ermäßigte Preis vor der ersten Anwendung der Preisermäßigung ist.

Zur Umsetzung von Art. 6 a der Preisangabe-RL in deutsches Recht setzt § 11 PAngV n. F. in Abs. 1 als Zeitraum für die Bestimmung des älteren Vergleichspreises 30 Tage vor Anwendung der Preisermäßigung, also das von der Omnibus-RL vorgegebene Mindestmaß, fest. Wird eine Ware seit weniger als 30 Tagen angeboten, dann ist laut Verordnungsbegründung der Zeitraum maßgeblich, in dem die Ware bisher tatsächlich im Angebot ist. Zudem sieht § 11 Abs. 2 PAngV n. F. zur Begrenzung des Aufwands der Händler und nicht zuletzt auch aus Nachhaltigkeitserwägungen vor, dass bei einer schrittweisen Preisreduzierung maßgebliche Referenz der entsprechend bestimmte Preis vor der ersten Reduzierung sein darf.

In § 11 Abs. 3 PAngV n. F. wird klargestellt, dass die neu eingeführte Informationspflicht auch auf die Bekanntgabe von Preisermäßigungen für lose Waren und den für diese maßgeblichen Grundpreis Anwendung findet, sodass danach auch solche Unternehmer aus § 11 PAngV n. F. verpflichtet sind, die nur den Grundpreis (und nicht auch den Gesamtpreis) für ihre losen Waren angeben müssen.

Ausweislich § 11 Abs. 4 PAngV n. F. soll die Preisangaben-RL nicht für individuelle (d. h. auf Basis von Verhandlungen oder aus Kulanz im Einzelfall gewährte) Preisnachlässe gelten. Zudem wird in Abs. 4 von der Öffnungsklausel für schnell verderbliche Waren und Waren von kurzer Haltbarkeit Gebrauch gemacht. Eine weitere ausdrückliche Ausnahme ist in § 13 Abs. 1 Satz 4 PAngV n. F. für Gaststätten und Beherbergungsbetriebe vorgesehen, für die § 11 PAngV n. F. demnach ebenfalls nicht gelten soll. Begründet wird das mit der Vermeidung von erheblichem Mehraufwand für die Betroffenen und möglichen Abgrenzungsschwierigkeiten, die bei Anwendung der Norm auf diese Fälle entstehen könnten.

Außerdem hat die Bundesregierung aus Nachhaltigkeitserwägungen von der sich nach ihrer Auffassung aus der Öffnungsklausel für schnell verderbliche Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit ergebenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, generell in Bezug auf Preisermäßigungen abweichende Regelungen zu treffen: § 9 Abs. 1 Nr. 3 PAngV n. F. sieht insofern vor, dass bei einer Preisermäßigung von solchen Waren keine Pflicht zur Angabe eines neuen Gesamtpreises oder Grundpreises besteht, wenn der geforderte Gesamtpreis wegen einer drohenden Gefahr des Verderbs oder eines drohenden Ablaufs der Haltbarkeit herabgesetzt und der Verbraucher auf die Gründe der Preisherabsetzung in geeigneter Weise hingewiesen wird.

(Offene) Fragen in Bezug auf die Auslegung der Regelung

Bisher wurde diskutiert, ob die neue Informationspflicht für die Werbung mit Preisermäßigungen auch die am Markt weitverbreitete Werbung mit unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers („UVP“) betrifft. Nach der Begründung des Verordnungsgebers in der Kabinettfassung des Verordnungsentwurfes vom 25. August 2021 soll dies wohl nicht der Fall sein (dies war im vorausgehenden Referentenentwurf noch weniger deutlich). Dort heißt es nun, dass es den Händlern mit Blick auf § 11 PAngV n. F. unbenommen bleibe, unter Einhaltung der Vorgaben des UWG mit einem Preisvergleich, wie bspw. einer UVP, zu werben, sofern auch hier für Verbraucher klar erkennbar ist, dass es sich lediglich um einen Preisvergleich und nicht um eine Preisermäßigung des eigenen Preises handelt. Der Verordnungsgeber unterscheidet demnach den bloßen Preisvergleich von einer Preisermäßigung (auch wenn sich beides nicht denknotwendig ausschließt).

Unklar war zunächst auch die Ermittlung des korrekten Referenzpreises. So stellte sich die Frage, welcher frühere Preis zugrunde zu legen sein wird, wenn die Ware vom Verpflichteten über verschiedene Vertriebskanäle oder in unterschiedlichen Ausführungen (z. B. verschiedenen Größen) zu unterschiedlichen Preisen angeboten wird. Die Begründung des Verordnungsentwurfes stellt insofern nun klar, dass der niedrigste Gesamtpreis des jeweiligen Vertriebskanals maßgeblich sein soll, für den die Preisermäßigung erfolgt. Bei Ware in unterschiedlichen Varianten (z. B. Schuhe in verschiedenen Größen) und unterschiedlichen Preisen für die einzelnen Varianten soll auf das Produkt mit denselben Produkteigenschaften (d. h. bspw. die jeweilige Schuhgröße) abzustellen sein, für das die Preisermäßigung erfolgt.

Die Regelung des § 11 PAngV n. F. soll nicht nur für die Preisermäßigung einzelner Waren, sondern auch für die Preisermäßigung von Warengruppen oder des gesamten Sortiments gelten. Danach ist es erforderlich, dass die von der Preisermäßigung betroffenen Waren klar in Bezug genommen werden. Bei der Werbung mit „20 % auf alle Winterjacken“ sei es bspw. notwendig, dass an allen betroffenen Produkten der jeweils niedrigste Preis i. S. d. Vorschrift angegeben sei.

Nicht geklärt ist hingegen bisher, in welchem Verhältnis § 11 PAngV n. F. zur Regelung des § 5 Abs. 4 UWG stehen soll. § 5 Abs. 4 UWG statuiert die Vermutung einer Irreführung durch die Werbung mit der Herabsetzung eines Preises, wenn der (herabgesetzte) Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist, und kann sich somit in seinem Anwendungsbereich mit § 11 PAngV n. F. überschneiden. Ebenfalls spannend ist die Frage, ob es im Falle einer über längere Zeit hingezogenen, schrittweisen Preisermäßigung eine zeitliche Beschränkung gibt, in der mit dem ursprünglichen Preis gemäß § 11 Abs. 2 PAngV n. F. geworben werden darf, und wie lange dieser Zeitraum ggf. zu bemessen sein soll.

Nach der Begründung des Verordnungsentwurfs sollen außerdem folgende Konstellationen nicht in den Anwendungsbereich des § 11 PAngV n. F. fallen:

  • allgemeine Preisaussagen ohne konkrete Angabe einer Preisermäßigung, wie die Bewerbung von „Knallerpreisen“, „Sale“ oder „Niedrigpreisen“,
  • die bloße Angabe des ermäßigten Preises ohne Angabe eines vorherigen Preises,
  • Werbung für Produkte, die der Händler neu in sein Sortiment aufnimmt,
  • Werbeaktionen wie „1 + 1 gratis“, „Kaufe 3, zahle 2“ etc., da es sich dabei nicht um die Werbung mit auf einzelne Waren bezogenen Preisnachlässen handele,
  • und schließlich ohne nähere Begründung: Rabatte aufgrund von Loyalitätsprogrammen.

(Keine) Änderung der Sanktionsvorschriften

Die Sanktionsvorschriften werden von der Omnibus-RL durch eine Änderung des Art. 8 der Preisangaben-Richtlinie konkretisiert. Hier sieht der Verordnungsgeber keinen Umsetzungsbedarf, da die in Art. 8 Preisangaben-RL genannten Zumessungskriterien für die Höhe von Geldbußen bereits nach § 17 Abs. 3 OWiG bzw. dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zu berücksichtigen seien. Aufgenommen wurde in die neue PAngV jedoch eine Bußgeldvorschrift für Verstöße gegen die Bekanntgabe einer Preisermäßigung.

Nicht unmittelbar durch die Omnibus-RL veranlasste Änderungen der PAngV

Die neue PAngV sieht daneben weitere Anpassungen und Klarstellungen vor, die nicht unmittelbar auf die Umsetzung der Omnibus-RL, sondern – laut Verordnungsgeber – zum Teil auf nationale Gerichtsverfahren zurückzuführen seien. Sie sollen hier nur kurz erwähnt werden:

In § 4 Abs. 1 PAngV n. F. entfällt nun die Vorgabe, dass der Grundpreis in „unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises“ anzugeben ist. Bestimmt wird hingegen, dass der Grundpreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar angegeben werden muss. Diese Änderung erfolgt laut Verordnungsgeber zur sprachlichen Anpassung an die Preisangaben-RL. Sie stelle nur eine Klarstellung dar, die wohl angesichts der ohnehin geltenden Grundsätze der Preiswahrheit und Preisklarheit kaum praktische Relevanz entwickeln dürfte. So sei es nach wie vor unzulässig, wenn der Grundpreis im Online-Handel nur durch einen separaten Link anwählbar oder nur durch das Mouse-over-Verfahren sichtbar ist oder wenn im stationären Handel eine Liste mit Grundpreisen an einem anderen Ort ausgehängt ist.

Die Möglichkeit, die im Verordnungsentwurf in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtslage zunächst noch in § 5 Abs. 1 Satz 2 PAngV vorgesehen war, bei Waren, deren Nenngewicht üblicherweise 250 g oder 250 ml nicht übersteigt, als Mengeneinheit für den Grundpreis anstatt 1 kg oder 1 l auch die Bezugsgrößen 100 g oder 100 ml anzugeben, wurde ersatzlos gestrichen.

In § 5 Abs. 3 i. V. m. § 2 Nr. 7 PAngV n. F. ist vorgesehen, dass bei dem Angebot der Abgabe von flüssiger loser Ware, die durch die Verbraucher selbst in die jeweilige Umverpackung abgefüllt wird („Selbstabfüllung“), die Angabe des Grundpreises jedenfalls auch nach Gewicht erfolgen kann. Hiermit soll ein praktikabler Weg eröffnet werden, flüssige lose Waren rechtskonform anzubieten. Bei der Selbstabfüllung durch Verbraucher sollen (bereits vorhandene) Umverpackungen verwendet werden können, sodass auf die Vorhaltung von sonst erforderlichen konformitätsbewerteten Flüssigkeitsmaßen oder Volumenmessanlagen zugunsten eines Verkaufs nach Gewicht verzichtet werden kann.

In § 7 PAngV n. F. ist vorgesehen, dass Pfandbeträge bei der Berechnung des Grundpreises nicht zu berücksichtigen sind und deren Höhe neben dem Gesamtpreis anzugeben ist. Die Frage nach der korrekten Angabe von Pfandbeträgen ist derzeit beim BGH anhängig (Aktenzeichen I ZR 135/20; mit Beschluss vom 29. Juli 2021 hat der BGH nun dem EuGH Fragen zur Zulässigkeit der gesonderten Ausweisung von Flaschenpfand vorgelegt), da auch die bisherige Fassung der PAngV in § 1 Abs. 4 bereits eine vergleichbare Regelung enthält. Ob die Auffassung des Verordnungsgebers durch den BGH bzw. EuGH bestätigt wird, bleibt abzuwarten.

In § 10 Abs. 1 und Abs. 2 PAngV n. F. werden § 4 Abs. 1 und Abs. 2 PAngV a. F. sprachlich neu gefasst. Danach sind Waren, die von Verbrauchern unmittelbar entnommen werden können, durch Preisschilder oder Beschriftung der Waren auszuzeichnen. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 PAngV n. F. soll dies auch für das sichtbare Anbieten von Waren in Schaufenstern, Schaukästen etc. gelten.

Die PAngV wird schließlich um eine Regelung in § 14 Abs. 2 PAngV n. F. ergänzt, wonach Anbieter eines öffentlich zugänglichen Ladepunktes, der Verbrauchern das punktuelle Aufladen von Elektromobilen ermöglicht, an dem jeweiligen Ladepunkt den Arbeitspreis anzugeben haben.

Darüber hinaus erfolgt insgesamt eine systematische Umstrukturierung, ohne dass damit aber eine weitergehende inhaltliche Änderung verbunden sein soll.

Fazit

Die neue PAngV enthält neben einer Neustrukturierung der Vorschriften somit vor allem eine durchaus praxisrelevante Änderung zur Werbung mit Preisermäßigungen. Angesichts der weiten Verbreitung dieser Werbeform dürften diese neuen Regeln für einen Großteil der Händler – sei es stationär oder online – bedeutsam sein. Es ist daher an den Händlern, rechtzeitige Vorkehrungen zu treffen, um den neuen Vorgaben zu entsprechen und ein Bußgeld- und Abmahnrisiko zu vermeiden. Dabei ist absehbar, dass vor allem die noch offenen Fragen zur Auslegung des § 11 PAngV n. F. im Einzelfall Schwierigkeiten mit sich bringen werden. Ob darüber hinaus die Position des Verordnungsgebers zur Angabe von Pfandbeträgen haltbar ist, wird voraussichtlich demnächst auf höchstrichterlicher Ebene geklärt – auch hier ist es nicht ausgeschlossen, dass eine Änderung der bisher ganz überwiegenden Marktpraxis der separaten Auszeichnung von Pfandbeträgen erforderlich wird.

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Autoren

Foto vonHeike Blank
Dr. Heike Blank
Partnerin
Köln
Simon Biermann