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Regierungsentwurf zum Verbandssanktionengesetz

Update Compliance 09/2020

September 2020

Am 16. Juni 2020 hat die Bundesregierung den Entwurf zum viel diskutierten Verbandssanktionengesetz (Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft, VerSanG-E) veröffentlicht. 

Der Regierungsentwurf enthält im Wesentlichen die folgenden Regelungen:

Einführung eines Unternehmensstrafrechts 

Die Sanktionierung von Unternehmen soll künftig nicht mehr nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) erfolgen, sondern nach dem sog. Verbandssanktionengesetz. Mit dem VerSanG E will die Bundesregierung eine eigene gesetzliche Grundlage für die Ahndung von unternehmensbezogenen Straftaten (sog. Verbandstaten) schaffen, deren Sanktionierung dem sog. Legalitätsprinzip (Verfolgungspflicht beim Verdacht unternehmensbezogener Straftaten) unterwerfen und verbesserte Ahndungsmöglichkeiten eröffnen. Durch die Einführung des Legalitätsprinzips wird ein Absehen von der Strafverfolgung nur noch in Ausnahmefällen möglich sein.

Sanktionierung der Unternehmen 

Als Verbandssanktionen nennt der aktuelle Referentenentwurf die Verbandsgeldsanktion sowie die Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt. Der Sanktionsrahmen soll für Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als EUR 100 Mio. bei einer vorsätzlichen Tat auf bis zu 10 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes erhöht werden können. Insbesondere bei weltweit tätigen Konzernen kann dies existenzbedrohend sein, da sich die Verbandsgeldsanktion an den Umsätzen des Konzernverbundes und nicht am betroffenen Einzelunternehmen orientiert. Unternehmen sollen ferner mit einem Verbandssanktionsvorbehalt verwarnt und mit Auflagen oder Weisungen belegt werden können, um eine „Straffälligkeit“ künftig zu vermeiden. Hierzu zählt insbesondere der Nachweis wirksamer Compliance-Maßnahmen durch Bescheinigung einer sachkundigen Stelle (wie etwa des im US-amerikanischen System vorgesehenen Monitors). Bei einer großen Zahl von Geschädigten kann das Gericht neben der Verhängung der Verbandsgeldsanktion die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung des Verbandes anordnen.

Implementierung von Compliance-Maßnahmen 

Präventive Compliance-Maßnahmen reduzieren das Risiko unternehmensinterner Straftaten sowie der persönlichen Haftung der Unternehmensführung. Der VerSanG-E normiert nun sogar den gesetzlichen Auftrag zur Implementierung von Compliance-Maßnahmen im Unternehmen. Dabei sollen sowohl präventive Compliance-Bemühungen zur Vermeidung von Straftaten als auch nachträgliche adaptive Compliance-Bemühungen bei der Sanktionsbemessung (kumulativ) berücksichtigt werden.

Herausforderungen bei internen Untersuchungen  

Der VerSanG-E normiert erstmals den gesetzlichen Auftrag zur Durchführung interner Untersuchungen und schafft hierfür ein umfangreiches Anreizsystem. Kooperiert das betroffene Unternehmen uneingeschränkt mit den Verfolgungsbehörden, kommt es zu Sanktionsmilderungen und das Bemühen des Unternehmens wird bei der Sanktionsbemessung berücksichtigt. Im VerSanG-E werden jedoch sehr strenge und teilweise auch unklare Vorgaben für Unternehmen dazu aufgestellt, wie eine interne Untersuchung durchzuführen ist: Insbesondere hervorzuheben ist, dass der VerSanG-E eine bislang nie da gewesene Trennung von Unternehmensverteidigung und internen Untersuchungen vorschreibt, was vor allem die Gefahr der Benachteiligung mittelständischer Unternehmen aufgrund der daraus resultierenden hohen finanziellen Belastung mit sich bringt. Zudem ist bislang ungeklärt, ob ein Unternehmen bei Gesetzesverstößen während interner Ermittlungen noch in den Genuss einer Sanktionsmilderung kommen kann und welchen Maßstab der Gesetzgeber hier anlegen wird. Auch werden im VerSanG-E viele unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, die es dem Unternehmen erschweren werden, im Sinne des Gesetzes zu handeln. 

Fazit 

Der Regierungsentwurf geht nach der Sommerpause ins parlamentarische Verfahren. Ungeachtet teils heftiger Kritik am Entwurf ist davon auszugehen, dass das Verbandssanktionengesetz spätestens Anfang nächsten Jahres beschlossen wird. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme den Gesetzesentwurf zwischenzeitlich grundsätzlich gebilligt und ist der Beschlussempfehlung des Wirtschafts- und Rechtsausschusses, den Gesetzesentwurf insgesamt abzulehnen, nicht gefolgt. Dies bedeutet, dass sich für Unternehmen bereits jetzt Aufbau bzw. Weiterentwicklung eines Compliance-Management-Systems lohnen.

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Dr. Harald W Potinecke
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Laura Posch, LL.B., M.A.
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