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Auftraggeber dürfen auf Bieterangaben vertrauen

Update Real Estate & Public 04/2021

April 2021

Hintergrund

Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb die Übernahme, den Transport, die Sortierung und die Verwertung von Wertstoffen aus. Zum Nachweis ihrer Leistungsfähigkeit mussten die Bieter ihre „Anlage und das Sortierverfahren mit Anlagenkapazität, Ausgangsmengen und -quali-täten“ darstellen. Nach Mitteilung des Auftraggebers, den Zuschlag einem anderen Bieter erteilen zu wollen, rügte ein unterlegener Bieter u. a., dass der für den Zuschlag vorgesehene Bieter nicht über eine Anlage verfüge, in der die Recyclingquote von mindestens 50 Masseprozent nach § 16 Abs. 4 VerpackG eingehalten werde. Der Auftraggeber nahm die Rüge der mangelnden Leistungsfähigkeit zum Anlass, nochmals bei dem für den Zuschlag vorgesehenen Bieter nachzufragen und sich nochmals bestätigen zu lassen, dass der Bieter zur Ausführung der Leistung gemäß den Vergabeunterlagen in der Lage sei. Der Bieter bestätigte dies.

Die Entscheidung

Die Vergabekammer Baden-Württemberg und nachfolgend das OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.05.2020 – 15 Verg 2/20 –, wiesen den Nachprüfungsantrag und die gegen die Entscheidung der Vergabekammer eingelegte sofortige Beschwerde zurück. Zur Begründung führen sie aus, dass ein Auftraggeber sich grundsätzlich ohne weitere Überprüfung auf das Leistungsversprechen der Bieter verlassen darf. Lediglich, wenn konkrete Tatsachen das Leistungsversprechen als nicht plausibel erscheinen lassen, muss der Auftraggeber seine Beurteilung überprüfen und effektiv verifizieren. Durch die nochmalige Nachfrage beim Bieter und dessen Bestätigung, zur Ausführung der Leistung gemäß den Vergabeunterlagen in der Lage zu sein, sei der Auftraggeber dieser Pflicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Ebenso entschieden haben bereits das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 15.01.2020 – Verg 20/19) und die VK Bund (Beschluss vom 13.09.2019 – VK 1-57/19).

Tipp für die Praxis

Von den oben genannten Ausnahmen abgesehen darf ein öffentlicher Auftraggeber auf die Leistungsversprechen der Bieter vertrauen. Erweist sich das Vertrauen des Auftraggebers später als unberechtigt und ist der Auftragnehmer nicht in der Lage, die ausgeschriebene Leistung zu erfüllen, ergeben sich die Konsequenzen nicht aus dem Vergaberecht, sondern aus dem Zivilrecht (Kündigung, Schadensersatz etc.).  

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Autoren

Dr. Volkmar Wagner