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Handlungsbedarf durch neue FAQ des Bundesverwaltungsamtes zum Transparenzregister

Update Gesellschaftsrechtliche Gestaltung 10/2020

Oktober 2020

Mit Stand vom 19. August 2020 hat das Bundesverwaltungsamt (BVA) seine Hinweise „Transparenzregister – Fragen und Antworten zum Geldwäschegesetz (GWG)“, kurz: FAQ, neu gefasst. Die Neufassung enthält neben notwendigen Ergänzungen infolge von Gesetzesänderungen und einzelnen Erleichterungen vor allem wesentliche Neuorientierungen der Verwaltungspraxis bei der Behandlung von Vetorechten, Sperrminoritäten und der Zurechnung mittelbarer Beteiligungen. Sie zwingt zu einer Überprüfung sowohl von bereits erfolgten als auch von bislang noch nicht für erforderlich gehaltenen Mitteilungen an das Transparenzregister.

Vetorechte und Sperrminoritäten

Wirtschaftliche Berechtigung entsteht gemäß § 3 Abs. 2 GwG zunächst über (un-)mittelbares Halten bzw. Kontrollieren von mehr als 25 % der Kapitalanteile bzw. Stimmrechte oder durch Kontrolle „auf vergleichbare Weise“. Das BVA spricht hingegen nunmehr auch von Kontrolle „auf sonstige Weise“ und stellt zunächst darauf ab, ob ein einzelner Gesellschafter ein Vetorecht oder eine Sperrminorität innehat. Dabei setzt das BVA unter B.III.4 der FAQ voraus, dass das Vetorecht bzw. die Sperrminorität Grundlagenbeschlüsse verhindern kann, die regelmäßig eine Mehrheit von 75 % erfordern (beispielsweise Satzungsänderungen, Kapitalherabsetzungen und Fusionsbeschlüsse). Ist im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung oder einer Gesellschaftervereinbarung eine höhere qualifizierte Mehrheit als 75 % vorgesehen, können nach Auffassung des BVA auch Beteiligungen von 25 % oder weniger eine Sperrminorität und damit eine wirtschaftliche Berechtigung begründen. Im Extremfall eines Einstimmigkeitserfordernisses ist gemäß den FAQ jeder Gesellschafter unabhängig von der Anzahl seiner Stimmrechte als wirtschaftlich Berechtigter zu behandeln (FAQ, B.III.4, Abs. 1).

Daher sollten natürliche Personen, die mit 25 % oder weniger des Kapitals oder der Stimmrechte an einer Gesellschaft beteiligt sind, sorgfältig prüfen, ob sie gleichwohl eine Sperrminorität halten und daher, jedenfalls nach Auffassung des BVA, meldepflichtig sind. Die gesetzliche Fiktion der Erfüllung der Meldung (zum Beispiel über Gesellschafterlisten) greift hier regelmäßig nicht, weil die Sperrminorität entweder im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung oder einer Gesellschaftervereinbarung geregelt ist; diese Dokumente gehören nicht zu den elektronischen Dokumenten, die nach §§ 22 Abs. 1, 20 Abs. 2 GwG von einer Meldepflicht befreien können.

Neu ist, dass laut BVA dem Gesellschafter der Muttergesellschaft bei Beteiligungsketten nicht (mehr) die Mehrheit des Kapitals oder der Stimmrechte der Muttergesellschaft gehören muss, um auch wirtschaftlich Berechtigter der Tochtergesellschaft zu sein. Vielmehr reicht nach Auffassung des BVA nunmehr die soeben beschriebene Sperrminorität auf Ebene der Muttergesellschaft aus.

Konsequenterweise ist es für das Bundesverwaltungsamt in Beteiligungsketten für die jeweilige Zurechnung ausreichend, wenn „die Muttervereinigung an der Tochtervereinigung mehr als 25 % der Stimmrechte / Kapitalanteile kontrolliert oder eine Kontrolle auf sonstige Weise ausübt“ (FAQ, B.III.4, Abs. 3; siehe auch B.IV.1, Abs. 3). Eine mittelbare wirtschaftliche Berechtigung an einer Zielgesellschaft besteht nach dieser – sehr weit gehenden – Verwaltungsauffassung offenbar bereits dann, wenn die Beteiligungskette (nur) aus Sperrminoritäten besteht. So setzt das BVA „vergleichbare Weise“ und „sonstige Weise“ der Kontrollausübung gleich und fasst unter „beherrschenden Einfluss“ nunmehr offenbar jedwede vom BVA als „Verhinderungsbeherrschung“ bezeichnete Konstellation.

Ob die mit dieser Auffassung einhergehende Erweiterung des Beherrschungsbegriffs des § 3 Abs. 2 S. 2 GwG rechtlich Bestand haben wird, wird die Zukunft zeigen. Wer bei Konzernsachverhalten hinsichtlich der wirtschaftlichen Berechtigung bislang nur auf Mehrheitsbeteiligungen abgestellt hat, muss diese Haltung des BVA aber berücksichtigen und sollte die Ergebnisse noch einmal gründlich überprüfen: Bestehen nach dieser Auffassung möglicherweise Sperrminoritäten bei Zwischengesellschaften, die bisher noch nicht für Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister berücksichtigt wurden?

Erleichterungen

Die neuen FAQ bieten aber auch eine Erleichterung: 

Tochtergesellschaften einer börsennotierten Muttergesellschaft können bei Erfüllung aller sonstigen, bisher schon geltenden Voraussetzungen bereits dann von einer Pflicht zur Mitteilung des wirtschaftlich Berechtigten befreit sein, wenn die Muttergesellschaft mindestens 50 % der Kapitalanteile oder der Stimmrechte kontrolliert und keine weiteren wirtschaftlich Berechtigten bei der Tochtergesellschaft existieren (FAQ, A.3). Bislang hatte hierfür eine Schwelle von mindestens 75 % gegolten. Des Weiteren mussten diese Beteiligungen an Kapital und Stimmrechten bisher kumulativ vorliegen; dies scheint nach der neuen Formulierung nicht mehr erforderlich zu sein.

Fazit

Erleichterungen durch die neuen FAQ halten sich in Grenzen. Inhaber von Vetorechten und Sperrminoritäten sollten ihre Mitteilungspflichten mit Blick auf die aktuelle Rechtsauffassung des BVA sorgfältig überprüfen. Dies gilt auch für Beteiligungsketten, wenn diese bislang nur auf Mehrheitsbeteiligungen hin untersucht worden sind.

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Autoren

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Dr. Thomas Sonnenberg
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Köln
Peter Rempp