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Keine zweite Chance: Kann ein Bieter Widersprüchliche nicht aufklären, ist eine weitere Aufklärung unzulässig

Update Real Estate & Public 04/2021

April 2021

Hintergrund

Der Auftraggeber (AG) veröffentlichte eine unionsweite Bekanntmachung zur Vergabe einer Rahmenvereinbarung über die Lieferung von Büromöbeln. Der Leistungsbeschreibung zufolge durften die zugehörigen Schallschutzelemente höchstens 50 mm dick sein. Die offerierten Schallschutzelemente eines Bieters wiesen laut beigefügtem Gutachten seines Subunternehmers jedoch eine Dicke von 54 mm auf. Gleichzeitig sicherte der Bieter allerdings die Einhaltung der Vergabeunterlagen ausdrücklich zu. Nach erfolgter Aufklärung, in der der Bieter erneut auf das Gutachten verwiesen hatte, schloss der AG den Bieter mit der Begründung aus, das Angebot sei nicht zweifelsfrei und er habe Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen. Im Rahmen der Angebotswertung sei festgestellt worden, dass die Vorgaben zur Wandstärke der Schallschutzelemente nicht eingehalten worden seien. Daraufhin stellte der Bieter einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Bundes (VK Bund).

Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Der Ausschluss des Angebots des Bieters erfolgte zu Recht, da der Ausschlusstatbestand nach § 57 Abs. 1 Nr. 3 VgV erfüllt war. Hiernach werden Angebote ausgeschlossen, wenn Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen nicht zweifelsfrei sind, was erst recht gelten muss, wenn das Angebot selbst nicht zweifelsfrei ist.

Die VK Bund stellt klar, dass Widersprüche im Angebot vor dem Hintergrund, dass ein Angebotsausschluss aus formellen Gründen zu vermeiden ist, innerhalb der Grenzen des Vergaberechts vom AG grundsätzlich aufzuklären sind. Ein Angebot sei jedoch dann auszuschließen, wenn sich diese Zweifel auch nach Aufklärung nicht ausräumen lassen. Das Angebot des Bieters wurde mit der über das Gutachten vorgenommenen Konkretisierung des angebotenen Produkts, das eine von der Leistungsbeschreibung abweichende Stellwanddicke von 54 mm auswies, und der gleichzeitigen Zusicherung, dass alle Leistungsanforderungen erfüllt werden, widersprüchlich. Diesen Widerspruch konnte der Bieter auch im Rahmen der Aufklärung nicht ausräumen, da er auf die bereits vorgelegten Gutachten verwiesen und diese erneut beigefügt hatte. Der AG hatte das Angebot des Bieters daher zu Recht ausgeschlossen. Eine erneute Nachfrage hätte im vorliegenden Fall die Grenze zur unzulässigen Nachverhandlung i. S. d. § 15 Abs. 5 S. 2 VgV überschritten. Zwar wäre eine Korrektur des Angebots noch bis zum Ablauf der Angebotsfrist möglich gewesen, diese blieb durch den Bieter jedoch aus.

Tipp für die Praxis

Die Entscheidung der VK Bund verdeutlicht die Schwierigkeit für öffentliche Auftraggeber, die Grenze zwischen einer zulässigen Aufklärung von widersprüchlichen Angeboten und einer unzulässigen Nachverhandlung einzuhalten.

Bieter sollten in jedem Fall eine präzise Prüfung ihrer Angebote vor Angebotsabgabe vornehmen, um sicherzustellen, dass allen Kriterien der Leistungsbeschreibung entsprochen wird, sodass Widersprüche von Beginn an vermieden werden. Insbesondere wenn das Angebot durch beigefügte Gutachten oder externe Zertifikate konkretisiert wird, sollte geprüft werden, ob diese inhaltlich den Anforderungen der Leistungsbeschreibungen entsprechen. Innerhalb der Aufklärungsfristen sollten Unklarheiten schnellstmöglich und effektiv beseitigt werden, um einen Ausschluss des Angebotes zu vermeiden.

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Autoren

Foto vonTobias Sdunzig
Dr. Tobias Sdunzig