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Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie

24/12/2020

Zur Umsetzung der europäischen Restrukturierungsrichtlinie hatte die Bundesregierung im Oktober 2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) vorgelegt. Dieser enthielt neben dem Entwurf des StaRUG auch einige Änderungen der geltenden Insolvenzordnung sowie weitere Maßnahmen, um auf die Folgen der COVID-19 Pandemie zu reagieren.

Am 17. Dezember hat der Bundestag das SanInsFoG nun verabschiedet, sodass dem Inkrafttreten zum 1. Januar 2021 nichts mehr im Wege steht. Maßgebliches Instrument des StaRUG ist der neue präventive Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (auch „vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren“ genannt). Damit wird es vereinfachte Restrukturierungsmöglichkeiten außerhalb eines Insolvenzverfahrens geben. 

Verschärfte Geschäftsleiterhaftung bei drohender Zahlungsunfähigkeit

Im Interesse der Gläubiger statuiert das StaRUG eine Pflicht der Geschäftsleiter zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement. Ab Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim Restrukturierungsgericht muss die Geschäftsleitung zudem nach § 32 Abs. 1 StaRUG die Restrukturierungssache mit der "Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführerin" betreiben und Maßnahmen unterlassen, die das Restrukturierungsziel gefährden. Sie hat hierbei auch die Interessen der Gläubigergesamtheit zu wahren. Anders als noch im Regierungsentwurf vorgesehen, gilt die Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen nicht allgemein ab Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit, sondern erst ab Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache. 

Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens

Durch die neuen Regelungen werden Unternehmen künftig in die Lage versetzt, ihre Restrukturierung ab Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit außerhalb eines Insolvenzverfahrens umzusetzen und Sanierungsmaßnahmen in einem einheitlichen Prozess mit den betroffenen Beteiligten abzustimmen.

Mit dem StaRUG werden Unternehmen verschiedene Instrumente zur Verfügung gestellt, die sie nach dem Baukastenprinzip einsetzen können. Dies soll es ihnen ermöglichen, mithilfe eines einfachen und flexiblen Systems die Sanierung möglichst leise und zielgerichtet umzusetzen. Um Imageverluste durch die Einleitung einer Restrukturierung zu vermeiden, sollen Entscheidungen in Restrukturierungssachen nur dann öffentlich bekanntgemacht werden, wenn dies seitens des Schuldners beantragt wird.

Restrukturierungsplan als Kernelement des StaRUG

Das Kernelement der neuen, präventiven Restrukturierungsinstrumente ist der Restrukturierungsplan. Dieser zielt auf die Verhinderung der materiellen Insolvenz des Unternehmens und damit auf die Verhinderung eines Insolvenzverfahrens ab. In Abweichung zum Insolvenzplan müssen in den Restrukturierungsplan weder alle Forderungen noch alle Gläubiger einbezogen werden. Trotzdem ist durch den Plan – von bestimmten Ausnahmen abgesehen – eine umfassende Gestaltung von Rechtsverhältnissen zwischen dem Schuldner und den Gläubigern möglich. 

Durch eine Restrukturierung mittels eines Restrukturierungsplans wird in die Rechte der Gläubiger oder der Anteilseigner eingegriffen. Daher haben die Planbetroffenen, also insbesondere die Inhaber von Restrukturierungsforderungen, das Recht, in Gruppen über den Restrukturierungsplan abzustimmen. Für die Annahme des Plans ist dann grundsätzlich ausreichend, wenn bei der Abstimmung jeweils eine qualifizierte Mehrheit von 75 % in den Abstimmungsgruppen erreicht wird. Es ist aber auch möglich, dass die Zustimmung einzelner Gruppen ersetzt und der Restrukturierungsplan somit gegen den Willen einzelner Gläubiger umgesetzt wird.

Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens

Flankierend zu der Aufstellung des Restrukturierungsplans und seiner Abstimmung stellt das StaRUG den Unternehmen weitere Sanierungsinstrumente (Verfahrenshilfen) zur Verfügung. Diese Instrumente können grundsätzlich unabhängig voneinander in Anspruch genommen werden, um die nachhaltige Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit durch den Restrukturierungsplan zu unterstützen. So können insbesondere über eine Stabilisierungsanordnung Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verhindert werden. 

Modifizierte Verlängerung der Aussetzung der Antragspflicht und weitere Erleichterungen aufgrund der COVID-19-Pandemie

Da die Möglichkeit der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen zum 31. Dezember 2020 ausläuft, war ein zeitnahes Inkrafttreten des SanInsFoG wichtig, um COVID-19 strapazierte Unternehmen zu unterstützen. Nach dem beschlossenen Entwurf der im SanInsFoG enthaltenen Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes wird die Antragspflicht nun im Januar 2021 für zahlungsunfähige oder überschuldete Unternehmen ausgesetzt, wenn:

  • die Insolvenzreife auf der COVID-19-Pandemie beruht und
  • das Unternehmen im Zeitraum vom 1. November bis zum 31. Dezember 2020 einen Antrag auf Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben oder
  • wenn eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen innerhalb des Zeitraums nicht möglich ist, wenn das Unternehmen antragsberechtigt ist.

Die Insolvenzantragspflicht gilt ab 1. Januar 2021 trotz Beantragung staatlicher Hilfen, wenn Unternehmen offensichtlich keinen Anspruch auf die Hilfen haben oder die Hilfen nicht zur Beseitigung der Insolvenzreife ausreichen.

Zudem gelten für von der COVID-19-Pandemie betroffene Unternehmen ab 1. Januar 2021 weitere Erleichterungen. Beruht ihre Überschuldung auf der COVID-19-Pandemie, ist für die Überschuldungsprüfung ein Prognosezeitraum von nur vier Monaten statt – ab 1. Januar 2021 im Regelfall – zwölf Monaten maßgeblich. Darüber hinaus gelten für sie noch die erleichterten Voraussetzungen für die Beantragung einer Eigenverwaltung und sie können trotz Zahlungsunfähigkeit den Schutzschirm in Anspruch zu nehmen. Hierfür wird in der Regel eine Bestätigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Experten darüber benötigt, dass das Unternehmen am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war, im letzten vor 2020 abgeschlossenen Geschäftsjahr Gewinne erzielt hat und der Umsatz im Jahr 2020 um mindestens 30 Prozent eingebrochen ist. 

Die Anforderungen hierfür sind sehr hoch, sodass sorgfältig zu prüfen ist, ob Unternehmen und Gläubiger davon profitieren können.


Dieser Artikel ist Teil unserer Mandanteninformation "2021 - Themen, die Sie bewegen werden", welche Sie hier einsehen können.

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Dr. Alexandra Schluck-Amend
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