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Case Study | Gruppenweite IT-Projekte und ihre Tücken
Es ist eine geradezu typische Situation: Die ausländische Konzernmutter beschließt die Einführung einer neuen HR-Software in allen Ländergesellschaften zu einem bestimmten Stichtag, der in nicht allzu ferner Zukunft liegt. Die Konzerngesellschaften in den einzelnen Ländern stehen vor einem Dilemma: Einerseits ist die Erwartungshaltung der Konzernspitze kommuniziert, der Einführungstermin steht – zumindest aus deren Sicht – unveränderlich fest. Andererseits gilt es, zahlreiche rechtliche und praktische Hürden auf nationaler Ebene zu nehmen.
Schnell sein, aber gleichzeitig sorgfältig und überlegt agieren
Auch unser deutscher Mandant befand sich in dieser Zwickmühle. Um den von der ausländischen Konzernspitze gewünschten Einführungsstichtag der HR-Software überhaupt halten zu können, war schnelles Handeln gefordert, ohne dabei jedoch die nötige Sorgfalt außer Acht zu lassen. Im ersten Schritt musste der Sachverhalt weiter aufgeklärt und in eine aussagekräftige Dokumentation überführt werden, unter Einbeziehung der IT-Abteilung des Mandanten und (soweit erforderlich) des Softwareanbieters selbst (d. h.: Welche Module der Software sollen genutzt werden? Welche Schnittstellen zu anderen IT-Lösungen gibt es? Welche personenbezogenen Daten werden verarbeitet und für welche Zwecke? Welche Auswertungen, Reports, Kontrollen etc. ermöglicht die Software? Erfolgt eine Übermittlung der Daten an weitere Konzerngesellschaften, ggf. ins Ausland? Etc.). Neben der Unterstützung bei der Sachverhaltsaufklärung bestand unsere wesentliche Aufgabe zu diesem Zeitpunkt darin, den ersten Entwurf einer Betriebsvereinbarung zur Einführung der HR-Software zu erstellen. Denn Softwaretools sind quasi der „Musterfall“ technischer Überwachungseinrichtungen, bei deren Einführung dem Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht zusteht.
Nur: Wie sage ich es meinem Betriebsrat?
Klar war aber auch, dass der Betriebsrat des Mandanten von dem geplanten „Überfall“ (knappe Zeitschiene bis zur geplanten Einführung der Software) wenig begeistert sein würde. Hier galt es, den Betriebsrat behutsam „abzuholen“, ihm die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Einführung der HR-Software zu vermitteln und ihn bestmöglich über den bestmöglichen Nutzungsumfang und die beabsichtigten Nutzungszwecke der Software aufzuklären. Dies geschah im Wege einer Infoveranstaltung für die Betriebsratsmitglieder, in deren Rahmen die wesentlichen „Key Facts“ anhand einer PowerPoint-Präsentation vorgestellt und Rückfragen beantwortet wurden. So gelang es, den Betriebsrat davon zu überzeugen, dass eine moderne Unternehmensführung ohne eine zeitgemäße HR-Software faktisch ausgeschlossen ist – eine gute Ausgangslage für den weiteren Prozess!
Gut verhandelt ist halb gewonnen!
Kurz darauf wurde dem Betriebsrat der von uns erstellte Entwurf der Betriebsvereinbarung vorgelegt. Dabei war dem Mandanten aufgrund unserer Beratung schon im Vorfeld klar, welche Regelungsinhalte vom Betriebsrat „durchgewunken“ und welche auf erheblichen Widerstand stoßen würden. Und so war es wenig überraschend, dass intensiv über die Sicherstellung des Beschäftigtendatenschutzes, die Möglichkeiten einer Leistungs- und Verhaltenskontrolle und das Zugriffs- und Berechtigungskonzept gestritten wurde. Das vom Betriebsrat geforderte umfassende Beweisverwertungsverbot bei einer Missachtung der Vorgaben der Betriebsvereinbarung konnte glücklicherweise ebenso abgewendet werden wie der Ausschluss ganzer Softwaremodule, die der Betriebsrat (zunächst) als problematisch angesehen hatte. Ganz ohne Zugeständnisse ging es dann aber doch nicht: Der Arbeitgeber erklärte sich zu einem umfassenden Schulungspaket bereit und musste zudem zusichern, dass eine Übermittlung von Beschäftigtendaten in Drittländer nicht ohne vorherige Rücksprache mit dem Betriebsrat erfolgt.
Ende gut, alles gut?
Diese (geringfügigen) Einschnitte nahm der Mandant aber gerne in Kauf, hatte er doch sein eigentliches Ziel erreicht: die rechtzeitige Einführung der HR-Software unter Wahrung der Mitbestimmungsrechte seines Betriebsrats. Klar ist aber ebenfalls, dass derartige Projekte auch einen ganz anderen Verlauf (bis hin zur zeit- und kostenintensiven Einigungsstelle) nehmen können, wenn sich der Betriebsrat überrumpelt fühlt und bei ihm der Eindruck entsteht, er solle unter dem Vorwand des „Konzerndrucks“ zu überhasteten Entscheidungen gebracht werden. Arbeitgeber sind daher gut beraten, ihren Betriebsrat trotz knapper Zeitschiene nicht zu sehr zu bedrängen – schließlich führt am Ende des Tages im IT-Bereich kaum ein Weg an ihm vorbei.
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