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Com­pli­ance-Ma­nage­ment- Systeme

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Eine Reise nach Bangkok, eine brüderliche Auftragsvergabe und eine Flasche Wein – vom Leben mit und ohne Compliance 

Case Study zur Implementierung eines Compliance-Management-Systems 

Es kommt nicht selten vor, dass bei einer DD im Rahmen des Kaufs eines Unternehmens diverse Compliance-Risiken identifiziert werden. Eine institutionalisierte Compliance kostet, eine institutionalisierte Compliance entsteht nicht von selbst, man ist schnell gewachsen und „es hat auch ohne immer gut funktioniert“ – dies sind nur vier von zahlreichen Gründen, warum insbesondere viele deutsche Mittelständler hier Schwächen haben.

So auch in unserem Fall. Wir stießen auf Richtlinien, die nicht dem State of the Art eines Compliance-Management-Systems entsprachen. Wir fanden heraus, dass Mitarbeiter nicht für Compliance-relevante Themen sensibilisiert werden. Wir sahen eine Organisationsform bzw. Governance-Struktur, in der unklar ist, wie und von wem Compliance-Maßnahmen entwickelt, implementiert und umgesetzt werden sollen. 

Der Käufergesellschaft war dies ein Dorn im Auge. Sie hat eine andere Compliance-Kultur. Ein professionelles Compliance-Management-System ist für sie Marktstandard und Teil der ordnungsgemäßen Unternehmensführung. Das Fehlen eines solchen beim Target kam ihr in den Kaufpreisverhandlungen entgegen. Sie möchte aber nun im gekauften Unternehmen Compliance-Strukturen implementieren. Haftungsrisiken, die sich sowohl für das Unternehmen als auch für die Unternehmensleitung aus den unzureichenden Strukturen ergeben können (es drohen im schlimmsten Fall Bußgelder von bis zu EUR 10 Mio.), müssen aus ihrer Sicht dringend reduziert werden. Das regelkonforme Verhalten aller Unternehmensangehörigen soll sichergestellt werden. 

Geschäftsführer des gekauften Unternehmens und Mitarbeiter sind wenig begeistert über diesen Ansatz. Sie äußern Bedenken. Unnötige Kosten, unnötiger Aufwand, unnötige Ausgaben für externe Berater werden angeführt. Die Führungskräfte fürchten, dass Compliance ihre tägliche Arbeit behindert. „Compliance-Vorgaben beanspruchen zu viel Zeit, sodass man zu sonst nichts anderem mehr kommt“. Die Mitarbeiter sprechen auf dem Flur vom „Überwachungsstaat“, in dem man nichts mehr darf. Und als Totschlagargument von Geschäftsführung, Führungskräften, Mitarbeitern und Betriebsrat wird angeführt, man habe doch gar keine Probleme – warum also nicht einfach weiter machen wie immer?  

In derartigen Situationen, in denen zwei Welten aufeinanderprallen, ist es wichtig, in Dialog zu treten. Denn funktionierende Compliance muss sich nicht nur nach Größe, Internationalität, Branchenspezifika und Risikofeldern ausrichten, sondern auch an der Unternehmenskultur ansetzen. Hierbei gilt es, neben den Führungskräften insbesondere auch die Beschäftigten, die die Compliance-Kultur letztlich leben sollen, abzuholen, ihnen die Vorteile von Compliance zu erläutern und sie bei der Gestaltung des Compliance-Management-Systems einzubinden. Ferner müssen praxisnahe und vor allem auf das konkrete Unternehmen maßgeschneiderte Lösungen gefunden werden. Compliance soll keine Belastung darstellen, sondern das Unternehmen, die Leitung und die Mitarbeiter schützen, wenn nicht sogar ihren Arbeitsalltag vereinfachen, durch klare Regelungen der Dos and Don’ts. 

Zähneknirschend nahm das Unternehmen das Projekt in Angriff. Wir kamen als externe Berater ins Spiel, beginnend mit Workshops, in denen wir mit dem Unternehmen über wesentliche Aspekte und Sorgen gesprochen haben, gefolgt von Compliance-Quick-Checks für bestimmte Bereiche, um einen Eindruck zu bekommen, wo die Lücken liegen. Dabei haben wir Interviews mit Key Stakeholdern aus den wichtigsten Bereichen durchgeführt sowie über unser Tool Unterlagen effizient ausgewertet. 

Wenig überraschend für uns, aber vielmehr für die Unternehmensleitung, wurden nicht nur Schwächen, sondern auch peinliche, compliance-relevante Vorfälle identifiziert, die teils mit wirtschaftlichen Nachteilen für das Unternehmen einhergingen. Mitarbeiter der Business-Development-Abteilung wurden regelmäßig von Geschäftspartnern eingeladen, unter anderem eine Woche nach Bangkok zum Verbandstreffen. Weihnachtsgeschenke im Sales nahmen finanzielle Ausmaße an, die nicht mehr vertretbar waren. Im Einkauf wurde regelmäßig ein Bauunternehmen beauftragt, dessen Geschäftsführer zufälligerweise der Bruder des Chef-Einkäufers unseres Mandanten war. In der Finanzabteilung wurden Mahnungen einfach weggeschmissen, Doppelzahlungen geleistet – vielleicht, weil kein passendes IT-System existierte. In der Personalabteilung berichtete man uns von Krankheitsausfällen wegen Mobbing, die man sich nicht zu melden traute, da Hinweisgeberschutz oder das HSchG Fremdwörter zu sein schienen. Nachhaltigkeit sei linker Blödsinn und in der Lieferkette wäre man sowieso nicht haftbar, wollte uns eine Rechtsabteilung weiß machen, die noch nie vom LkSG gehört hatte. 

Das Bild, das sich vor unseren Augen ausbreitete, war ein ganz anderes als dasjenige, das die Unternehmensleitung und viele Mitarbeiter hinsichtlich der Compliance hatten. Hier bestand erheblicher Handlungsbedarf. Mit diesem Spirit und Rückenwind machten wir uns an den Aufbau einer Compliance-Organisation (insb. Einstellung eines Compliance-Beauftragten). Verhaltensgrundsätze, Richtlinien zu Korruption und zu Interessenskonflikten wurden erstellt, ein System zum Geschäftspartner-Screening, eine Unterschriftenrichtlinie mit Dokumentations-/Ablagesystem sowie ein Meldesystem eingeführt. Durch verschiedene Maßnahmen stellten wir die Compliance mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz angemessen sicher und entwickelten ein modernes Schulungskonzept, das Mitarbeiter dauerhaft und nachweislich sensibilisieren soll.

Kurz vor Weihnachten erhielten wir Post. Post der Geschäftsführung des Unternehmens, der wir ein Jahr lang intensiv geholfen hatten, ein Compliance-Management-System einzuführen. Mit einer guten Flasche Wein, was dem Angemessenheitsgrundsatz zufolge unproblematisch ist, wenn man ein Jahr eng zusammengearbeitet hat. Viel mehr blieb uns aber die Karte in Erinnerung. Man bedankte sich für die Zusammenarbeit und freute sich auf die Projekte im Folgejahr. Von Zähneknirschen keine Spur mehr. Inzwischen schien man sogar ein wenig dankbar, da mit unserem Projekt das ein oder andere durchaus persönliche Haftbarkeitsrisiko im Vergleich zur Ursprungssituation behoben werden konnte.

Unser Beratungsportfolio

Wir beraten vollumfänglich zu Compliance-Management-Systemen, unter anderem zu:

  • Entwicklung, Implementierung und Optimierung von Compliance-Programmen
  • Beratung der Organe zu Legalitäts- und Organisationspflichten und Corporate-Governance-Strukturen
  • Aufbau der Compliance-Organisation (Zuständigkeiten etc.)
  • Risikoanalyse und -management (Compliance Due Diligence, Business Partner Screenings, Compliance-Klauseln) 
  • Einrichtung und Betreuung von Hinweisgebersystemen
    (Whistleblower-Hotline, Ombudsmann) 
  • Erstellung von Compliance-Richtlinien sowie Schulungen und Trainings

Der Weg zu einem Compliance Management System
 

 

Was andere über uns sagen: 

„Kompetent, kunden- und lösungsorientiert.“

The Legal 500, 2023

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11/12/2024
Compliance & Vergaberecht - Compliance & Vergaberecht – Risiken und Er­folgs­fak­to­ren...
Compliance Sessions 2024 | Teil 7
04/12/2024
EUDR – sorgfältige Vorbereitung und Umsetzung essenziell
Die EU-Ent­wal­dungs­ver­ord­nung (EUDR) stellt weitreichende Anforderungen an Unternehmen, die bestimmte Produkte in die EU importieren, dort handeln oder exportieren. Die EUDR zielt darauf ab, den Beitrag der EU zur globalen Entwaldung zu verringern und die biologische Vielfalt zu schützen. Unternehmen müssen dabei umfangreiche Sorg­falts­pflich­ten erfüllen und eine transparente Nach­ver­folg­bar­keit ihrer Lieferketten ge­währ­leis­ten. Ur­sprüng­lich für den 30. Dezember 2024 geplant, gilt die EUDR nun voraussichtlich erst ab dem 30. Dezember 2025 für große und mittlere Unternehmen und ab dem 30. Juni 2026 für kleine und Kleinst­un­ter­neh­men. Die Kommission hatte die Verschiebung aufgrund vehementer Forderungen der EU-Mit­glied­staa­ten, aber auch von Drittstaaten im Oktober 2024 vorgeschlagen. Im Zuge dessen hatte das Europäische Parlament zunächst weitere inhaltliche Änderungen der EUDR gefordert (Schaffung einer neuen Kategorie im Rahmen des Län­der­bench­mar­kings), für die sich im Rat allerdings keine Mehrheit fand. Die Institutionen haben sich am 3. Dezember 2024 auf eine (reine) Verschiebung des Geltungsbeginns ohne inhaltliche Änderungen geeinigt. Damit die Verschiebung in Kraft treten kann, muss der vereinbarte Text vor Jahresende sowohl vom Parlament als auch vom Rat gebilligt und im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Voraussichtlich Ende 2025 werden die zum Teil völlig neuartigen Verpflichtungen aus der EUDR dann unverändert zur Anwendung kommen. Betroffene Produkte und Branchen Die Verordnung umfasst nicht nur Holzprodukte, sondern sämtliche in Anhang I der EUDR gelisteten Rohstoffe und Produkte, die besonders häufig auf Flächen angebaut werden, die von Entwaldung betroffen sind. Damit sind die un­ter­schied­lichs­ten Branchen betroffen. Hierzu zählen unter anderem die Holz-, Möbel-, Lebensmittel- und Au­to­mo­bil­in­dus­trie sowie Unternehmen der chemischen und pharmazeutischen Branchen. Zu den betroffenen Rohstoffen zählen:Holz und Holz­pro­duk­te­Kau­tschuk­So­ja und PalmölKaffee und Kakao Umfassende Sorg­falts­pflich­ten für Unternehmen und mögliche Sanktionen sollten im Blick behalten werden Betroffene Unternehmen müssen ihre gesamte Lieferketten in Bezug auf Ent­wal­dungs­frei­heit umfassend prüfen und dokumentieren und dabei grundsätzlich folgende zentrale Sorg­falts­pflich­ten im Blick be­hal­ten:Nach­ver­folg­bar­keit: Geo­lo­ka­li­sie­rungs­da­ten der Rohstoffquellen müssen bereitgestellt werden, um die Herkunft der Produkte bis zum genauen Erzeugungsort nachzuvollziehen und nachzuweisen, dass die Produkte entwaldungsfrei hergestellt worden sind. Einhaltung relevanter Rechts­vor­schrif­ten: Unternehmen müssen die relevanten Rechts­vor­schrif­ten des Erzeugerlandes einhalten, wie beispielsweise Ar­beit­neh­mer­rech­te, völkerrechtlich geschützte Menschenrechte und Land­nut­zungs­vor­schrif­ten. Risikobewertung und Risikominderung: Zur Einhaltung der Vorschriften müssen Unternehmen mögliche Risiken entlang ihrer Lieferketten bewerten und Maßnahmen zur Reduzierung dieser Risiken umsetzen. Sorg­falts­er­klä­rung: Unternehmen müssen im EU-In­for­ma­ti­ons­sys­tem eine Erklärung abgeben, dass die Produkte, die importiert, gehandelt oder exportiert werden, der EUDR entsprechen. Eine Anmeldung im EU-In­for­ma­ti­ons­sys­tem ist bereits jetzt möglich und sollte dazu genutzt werden, sich mit dem System vertraut zu machen. Bei Nicht­kon­for­mi­tät mit der EUDR dürfen die Produkte nicht auf dem Markt bereitgestellt werden. Andernfalls riskieren Unternehmen Bußgelder in Höhe von mindestens 4 % des unionsweiten Gesamtumsatzes. Dazu kommen Sanktionen wie die Einziehung von Waren und der Ausschluss von öffentlichen Ver­ga­be­ver­fah­ren. Vorbereitende Maßnahmen bleiben essenziell Auch wenn die geplante Verschiebung des Geltungsbeginns der Verordnung voraussichtlich einen gewissen Aufschub gewähren wird, sollte es Ziel für Unternehmen sein, die konkreten Verpflichtungen unter der EUDR und ggf. auch die Erleichterungen, die die EUDR vorsieht, zu identifizieren, interne Prozesse schnellst­mög­lich anzupassen und ganzheitliche Strategien zur Umsetzung zu entwickeln, um Bußgelder und andere Sanktionen zu vermeiden. Dies gilt nicht zuletzt, da sich die Anforderungen unter der EUDR bezüglich Umfang und Systematik zum Teil deutlich von Vor­gän­ger­re­ge­lun­gen oder anderen Rechtsakten der Lie­fer­ket­ten-Com­pli­ance unterscheiden. Zur Erfüllung der EU­DR-An­for­de­run­gen bieten wir bran­chen­über­grei­fen­de Com­pli­ance-Lö­sun­gen an, unter anderem durch unsere Kooperation mit dem Sa­tel­li­ten-Start-Up LiveEO. Während LiveEO die Bewertung von Entwaldung und die technische Plattform bietet, ermöglichen wir die rechtliche Begleitung. Hierbei kooperieren wir mit unseren weltweiten Büros bzw. Part­ner­kanz­lei­en, um unsere Mandantinnen und Mandanten umfassend – beispielsweise auch hinsichtlich der relevanten Rechts­vor­schrif­ten des Erzeugerlandes – beraten zu können.
04/12/2024
Barrierefreiheit wird auch für die Privatwirtschaft Pflicht
Bisher mussten nur öffentliche Stellen einen barrierefreien Internetauftritt anbieten, um allen Menschen Zugang zu ermöglichen. Durch das Bar­rie­re­frei­heits­stär­kungs­ge­setz (BFSG) werden die Pflichten zur Barrierefreiheit aufgrund europäischer Vorgaben nun erheblich ausgeweitet. Ab dem 28. Juni 2025 müssen Unternehmen in großem Umfang Dienstleistungen und Produkte für Verbraucherinnen und Verbraucher barrierefrei gestalten. Betroffen sind Dienstleistungen und Produkte, die die digitale Teilhabe ermöglichen. Diese sollen zukünftig auch Menschen mit kognitiven oder körperlichen Be­ein­träch­ti­gun­gen offenstehen. Der An­wen­dungs­be­reich des Gesetzes ist sehr weit gefasst und reicht vom Smartphone und Notebook bis zum On­line-Shop.Höchs­te Zeit also, sich mit der Thematik zu befassen. Barrierefreiheit in der ganzen EU Mit dem BFSG hat der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie (EU) 2019/882 über Bar­rie­re­frei­heits­an­for­de­run­gen für Produkte und Dienstleistungen – auch bekannt als European Accessibility Act (kurz: EAA) – größtenteils eins zu eins in nationales Recht umgesetzt. Auch in den anderen EU-Mit­glied­staa­ten ist die Umsetzung des EAA gleichermaßen in nationales Recht erfolgt.  Einen Überblick über die wichtigsten Änderungen finden Sie in unserem Blog in dem Beitrag Bar­rie­re­frei­heits­stär­kungs­ge­setz: Der Countdown läuft. Was ist barrierefrei zu gestalten? Die Anforderungen des BFSG betreffen vor allem Ver­brau­cher­pro­duk­te aus dem Informations- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­reich. So sind beispielsweise Computer, einschließlich Notebooks, Tablets und Smartphones, Fernsehgeräte mit Internetzugang, E-Reader, Router sowie Geldautomaten, Fahrausweis- und Check-in-Au­to­ma­ten erfasst. Zudem stellt das BFSG für die folgenden (Ver­brau­cher-)Dienst­leis­tun­gen Bar­rie­re­frei­heits­an­for­de­run­gen auf: Telefon- und Mes­sen­ger-Diens­te, Bank­dienst­leis­tun­gen, E-Books, Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem überregionalen Personenverkehr (unter anderem Webseiten, Apps, elektronische Tickets) sowie Dienstleistungen im E-Commerce (einschließlich Online-Shops und On­line-Markt­plät­zen). Dienste, die den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten ermöglichen, wie zum Beispiel Vi­deo-on-De­mand-Diens­te, sind in Deutschland allerdings über den Me­di­en­staats­ver­trag erfasst. Auswirkungen für den E-Commerce Die neuen Pflichten für Hersteller, Händler, Importeure und Dienst­leis­tungs­an­bie­ter sind umfangreich. Neben den neuen Pro­dukt­an­for­de­run­gen steht vor allem der E-Commerce im Fokus. Darunter fallen alle Dienst­leis­tun­gen, die über Websites oder Apps angeboten werden und online auf individuelle Anfrage einer Verbraucherin oder eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Ver­brau­cher­ver­trags erbracht werden. Das bedeutet, dass Online-Shops, On­line-Markt­plät­ze und sonstige Webseiten, auf denen Verbraucherinnen und Verbraucher (auch) Verträge über Produkte oder Dienstleistungen schließen können, ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei gestaltet sein müssen. Aber auch Websites, die einen Vertragsschluss maßgeblich vorbereiten, beispielsweise durch das Anbieten einer On­line-Ter­min­bu­chung, können je nach genauer Gestaltung den BFSG-Pflichten unterliegen. Dasselbe gilt für Werbewebsites, Online-Kataloge und On­line-Kon­fi­gu­ra­ti­ons­mög­lich­kei­ten (beispielsweise für Fahrzeuge). Wie sind die Bar­rie­re­frei­heits­an­for­de­run­gen umzusetzen? Nach der gesetzlichen Definition sind Produkte und Dienstleistungen barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Wie die Anforderungen konkret umzusetzen sind, wird in der Verordnung zum Bar­rie­re­frei­heits­stär­kungs­ge­setz (BFSGV) näher beschrieben. In der Praxis dürften aber insbesondere (zukünftige) technische Standards eine große Bedeutung haben. Relevant ist besonders die harmonisierte europäische Norm (EN) 301 549, die Bar­rie­re­frei­heits­an­for­de­run­gen für Informations- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik und entsprechende Dienste festlegt. Weitere technische Vorgaben und Spezifikationen enthalten die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), ein internationaler Standard zur barrierefreien Gestaltung von In­ter­net­an­ge­bo­ten. Sanktionen und Klagerecht Die Aufsicht über die Einhaltung der Anforderungen obliegt den Markt­über­wa­chungs­be­hör­den der Bundesländer, wobei eine zentrale Stelle auf Bundesebene geplant wird. Bei Verstößen können die Markt­über­wa­chungs­be­hör­den die Wirt­schafts­ak­teu­re verpflichten, Kor­rek­tur­maß­nah­men zu ergreifen, oder die Bereitstellung des Produktes oder der Dienstleistung einschränken oder insgesamt untersagen. Ein Novum ist, dass Verbraucherinnen und Verbraucher und qualifizierte Einrichtungen die Einleitung von Verfahren gegen einen Wirt­schafts­ak­teur bei den Markt­über­wa­chungs­be­hör­den beantragen können und diese dann darüber entscheiden müssen. Zusätzlich können Verbraucherinnen und Verbraucher qualifizierte Einrichtungen damit beauftragen, Verstöße gerichtlich in ihrem Namen zu verfolgen. Da die BFSG-Pflichten wohl auch Markt­ver­hal­tens­re­geln darstellen, drohen zudem wett­be­werbs­recht­li­che Abmahnungen. Schließlich stellen Verstöße gegen bestimmte Bar­rie­re­frei­heits­an­for­de­run­gen Ord­nungs­wid­rig­kei­ten dar, die mit Bußgeldern von bis zu EUR 100.000 geahndet werden können.
04/12/2024
KI – ein Aus- und Rückblick auf wichtige Rechts­ent­wick­lun­gen
Das vergangene Jahr war geprägt von bedeutenden Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI), die Unternehmen neue Chancen bieten, sie aber auch vor Her­aus­for­de­run­gen stellen. So trat mit der KI-Verordnung (KI-VO) am 2. August 2024 in der EU der weltweit erste umfassende Rechtsrahmen zur Regulierung von KI in Kraft. Schon zuvor, am 24. Januar 2024, wurde das bei der EU-Kommission angesiedelte EU AI-Office eingerichtet, das eine Schlüsselrolle bei der Durchsetzung der KI-VO insbesondere mit Blick auf GPAI-Modelle (KI-Modelle mit allgemeinem Ver­wen­dungs­zweck) einnehmen wird. Im Mai 2024 hat der Europarat das Rah­men­über­ein­kom­men über künstliche Intelligenz verabschiedet, das sicherstellen soll, dass KI-Systeme mit Menschenrechten, Demokratie und Rechts­staat­lich­keit vereinbar sind. Zudem hat das LG Hamburg im September 2024 in einem bedeutenden Urteil erstmals in Deutschland die ur­he­ber­recht­li­chen Implikationen des KI-Trainings beleuchtet. 2025 – erstmals Anwendung verschiedener Re­ge­lungs­kom­ple­xe der KI-Verordnung Das Jahr 2025 wird für zahlreiche Unternehmen, welche KI-Systeme bzw. -Modelle entwickeln oder einsetzen, wesentliche Veränderungen bringen. Wenngleich die Vorschriften der KI-VO gemäß Art. 113 überwiegend erst ab dem 2. August 2026 Anwendung finden, gelten einige Normen der KI-VO schon ab Februar bzw. August 2025. KI-Kompetenz – Wissen und Fähigkeiten für den KI-Einsatz Ab dem 2. Februar 2025 wird Art. 4 KI-VO anwendbar sein, der bestimmt, dass Anbieter und Betreiber aller KI-Systeme Maßnahmen zur KI-Kompetenz ihres Personals zu ergreifen haben, unabhängig von der Ri­si­koklas­si­fi­zie­rung der KI-Systeme unter der KI-VO. Die Maßnahmen sollen sicherstellen, dass Personen, die im Auftrag der Anbieter und Betreiber mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen. Der Begriff „KI-Kom­pe­tenz“ meint gemäß Art. 3 Nr. 56 KI-VO den Sachverstand, KI-Systeme fachkundig einzusetzen und sich zugleich der Chancen und Risiken von KI sowie der möglichen Schäden, welche sie verursachen kann, bewusst zu sein. Dies bedeutet praktisch, dass jedes Unternehmen, welches KI-Systeme anbietet oder bei sich nutzt, sein Personal „nach besten Kräften“ schulen sollte, damit es die erforderlichen technischen Kenntnisse und die Fähigkeiten zum sicheren Einsatz von KI-Systemen erwirbt. CMS veröffentlicht zu diesem Zweck in Kürze ein neues E-Learning, welches die Grundlagen und Basiskompetenz nach Art. 4 KI-VO allen Mitarbeitenden eines Unternehmens vermitteln kann, die bei ihrer Arbeit mit KI in Berührung kommen. Verbotene KI-Systeme Ebenfalls ab dem 2. Februar 2025 wird das Anbieten und Nutzen von KI-Systemen, die ein unannehmbares Risiko für die in der EU geschützten Grundrechte darstellen, nach Art. 5 KI-VO vollständig verboten. Betroffen von dieser Regelung, die Ausfluss des risikobasierten Ansatzes der KI-VO ist, sind etwa KI-Systeme für Social Scoring, Emo­ti­ons­er­ken­nungs­sys­te­me am Arbeitsplatz zur Überwachung der Stimmung und Produktivität der Mitarbeitenden oder auch biometrische Ka­te­go­ri­sie­rungs­sys­te­me zur Kategorisierung anhand sensibler Daten. Ein Zuwiderhandeln gegen diese „verbotenen Praktiken“ kann zu Bußgeldern von bis zu EUR 35 Millionen oder von bis zu 7 % des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens führen. Unternehmen, die KI-Systeme anbieten oder nutzen, die potenziell als ein verbotenes KI-System eingestuft werden könnten, sollten sich daher Gewissheit über die Klassifizierung ihrer KI-Systeme verschaffen und ggf. deren Angebot bzw. Nutzung einstellen.  KI-Modelle mit allgemeinem Verwendungszweck Die KI-VO regelt ebenfalls sogenannte „KI-Modelle mit allgemeinem Ver­wen­dungs­zweck“ (GPAI-Modelle). Damit ist der Algorithmus gemeint, welcher in einem KI-System Einsatz findet. GPAI-Modelle stellen die Grundlage für generative KI-Systeme dar und werden normalerweise mithilfe großer Datensätze trainiert.Für die Anbieter von GPAI-Modellen regelt die KI-VO verschiedene Compliance-, Dokumentations- und Trans­pa­renz­pflich­ten, die grundsätzlich ab dem 2. August 2025 Anwendung finden werden. Gemäß Art. 53 Abs. 1 lit. c) KI-VO müssen Anbieter von GPAI-Modellen etwa eine Strategie zur Einhaltung des Urheberrechts der Union und damit zu­sam­men­hän­gen­der Rechte auf den Weg bringen. Diese Strategie soll sicherstellen, dass die Rechte von Urheberinnen und Urhebern, insbesondere im Hinblick auf die verwendeten und urheberrechtlich geschützten Trai­nings­in­hal­te, gewahrt wer­den. An­bie­ter, die ihre GPAI-Modelle bereits vor dem 2. August 2025 in den Verkehr gebracht haben, genießen nach Art. 111 Abs. 3 KI-VO Bestandsschutz und müssen diese Pflichten erst ab dem 2. August 2027 erfüllen. Ausblick: allgemeine Geltung und Hochrisiko-KI Die meisten Vorschriften der KI-VO, insbesondere die Anforderungen an sogenannte Hoch­ri­si­ko-KI-Sys­te­me und die weitreichenden Pflichten für ihre Anbieter und Betreiber, gelten grundsätzlich erst ab dem 2. August 2026. Dennoch sollten sich Anbieter und Betreiber von KI-Systemen frühzeitig mit den einschlägigen Pflichten befassen, damit sichergestellt ist, dass die jeweiligen Vorschriften der KI-VO ab ihrer Geltung auch eingehalten werden. Fazit 2025 ist das erste Jahr nach dem Inkrafttreten der KI-VO, in dem Pflichten für Anbieter und Betreiber von KI-Systemen und -Modellen Anwendung finden. Spätestens jetzt sollten sich Unternehmen mit den Anforderungen aus­ein­an­der­set­zen, um rechtzeitig zum Zeitpunkt des Inkrafttretens einzelner Re­ge­lungs­kom­ple­xe der KI-VO compliant zu sein.
03/12/2024
Fit für die EUDR: Erfolgreiche Umsetzung und aktuelle Entwicklungen
Die neue EU-Ent­wal­dungs­ver­ord­nung ist in Kraft getreten – unabhängig davon, ab wann die EU-Ent­wal­dungs­ver­ord­nung letztendlich gelten wird, wird 2025 ein wichtiges Jahr sein, um sich mit der Umsetzung der Anforderungen der EUDR aus­ein­an­der­zu­set­zen. Doch was bedeutet das konkret für Unternehmen? Welche Produkte sind betroffen, und welche Maßnahmen müssen jetzt ergriffen werden, um konform zu bleiben?In unserem Webinar beleuchten wir die zentralen Aspekte der Verordnung, diskutieren die jüngsten Entwicklungen und zeigen gemeinsam mit unserem Ko­ope­ra­ti­ons­part­ner LiveEO praxisnahe Lösungsansätze auf, wie Unternehmen sich optimal auf die neuen Anforderungen vorbereiten können.
27/11/2024
Internal Investigations aus Arbeitgebersicht – how to prepare best
Compliance Sessions 2024 | Teil 6
26/11/2024
Die Neuregelung zur Bemessung der Be­triebs­rats­ver­gü­tung
Am 25. Juli 2024 trat die Neuregelung der Be­triebs­rats­ver­gü­tung in Kraft. Viele Unternehmen erhofften sich hiervon Antworten auf offene Fragen und die Beseitigung (vermeintlicher) Rechts­un­si­cher­hei­ten. Allerdings hat der Gesetzgeber vor allem Klarstellungen vorgenommen. Der vielseits erhoffte größere Spielraum bei der (Aus-)Gestaltung der Be­triebs­rats­ver­gü­tung besteht auch nach der Neuregelung nur bedingt. Ver­gleichs­grup­pen­bil­dung Nach § 37 Abs. 4 BetrVG kann die Erhöhung der Vergütung eines Be­triebs­rats­mit­glieds wegen der be­triebs­üb­li­chen beruflichen Entwicklung vergleichbarer Ar­beit­neh­me­rin­nen und Arbeitnehmer geboten sein. Als maßgeblicher Zeitpunkt für die hierfür notwendige Ver­gleichs­grup­pen­bil­dung nennt das Gesetz nunmehr ausdrücklich die Amtsübernahme. Neu ist die Möglichkeit der Neubildung der Vergleichsgruppe bei Vorliegen eines sachlichen Grundes. Als solchen nennt die Begründung beispielhaft den beruflichen Aufstieg eines Amtsträgers. Daneben sind weitere sachliche Gründe denkbar, zum Beispiel die Vereinbarung einer geringer dotierten Stelle. Die nähere Ausgestaltung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs bleibt aber der Rechtsprechung überlassen. Fehlen von Ver­gleichs­per­so­nen Fehlen im Betrieb Ver­gleichs­per­so­nen, soll nach der Ge­set­zes­be­grün­dung auf vergleichbare Mitarbeitende eines anderen Betriebs desselben Unternehmens und – fehlen die Ver­gleichs­per­so­nen auch dort – auf die Entwicklung der „nächst­ver­gleich­ba­ren“ Gruppe von Mitarbeitenden abgestellt werden. Diese Überlegung steht im Widerspruch zum Ge­set­zes­wort­laut, der auf die betriebsübliche Entwicklung abstellt. Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung damit umgeht. Abschluss kon­kre­ti­sie­ren­der Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen § 37 Abs. 4 S. 4 BetrVG regelt nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit, Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen über ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Ar­beit­neh­me­rin­nen und Arbeitnehmer abzuschließen. Diese können von den Gerichten nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Eine solche soll jedenfalls vorliegen, wenn die durch die Rechtsprechung vorgegebenen Kriterien der Vergleichbarkeit missachtet, sachwidrige Kriterien benannt, wesentliche Kriterien außer Acht gelassen oder die Kriteren im Verhältnis zueinander eindeutig unzureichend oder mit eindeutig verfehlter Gewichtung berücksichtigt werden. Damit verbleibt letztlich ein begrenzter Spielraum, der durch solche Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen genutzt werden kann. Dennoch sollte diese Möglichkeit genutzt werden, um das Verfahren der Ver­gleichs­grup­pen­bil­dung transparent zu gestalten und auf diese Weise das Verständnis und die Akzeptanz der betroffenen Arbeitnehmenden bzw. Be­triebs­rats­mit­glie­der zu fördern. Fähigkeiten und Qualifikationen aus der Be­triebs­rats­tä­tig­keit Die Frage, ob und in welchem Umfang Fähigkeiten und Qualifikationen aus der Be­triebs­rats­tä­tig­keit bei der Bemessung der Be­triebs­rats­ver­gü­tung Be­rück­sich­ti­gung finden können, ist einer der größten Dis­kus­si­ons­punk­te in der Praxis gewesen und wurde in der Rechtsprechung unterschiedlich bewertet. Die Ge­set­zes­be­grün­dung stellt klar, dass die Be­rück­sich­ti­gung solcher Fähigkeiten und Qualifikationen im Rahmen des § 78 S. 2 BetrVG grundsätzlich möglich ist, allerdings nicht un­ein­ge­schränkt. Hier dürften sich in der Praxis schwierige Ab­gren­zungs­fra­gen stellen. Bei der Ver­gleichs­grup­pen­bil­dung im Rahmen des § 37 Abs. 4 BetrVG wird eine Be­rück­sich­ti­gung allerdings weiterhin ausscheiden; für die gegenteilige Auffassung finden sich weder im Gesetz noch in der Begründung Anhaltspunkte. Be­nach­tei­li­gungs- und be­güns­ti­gungs­frei­es Entgelt Nach § 78 S. 2 BetrVG muss dem Be­triebs­rats­mit­glied eine berufliche Entwicklung gewährleistet werden, die derjenigen entspricht, die es ohne Amtstätigkeit durchlaufen hätte. In § 78 S. 3 BetrVG wurden nunmehr Kriterien ergänzt, an denen sich die be­nach­tei­li­gungs- und be­güns­ti­gungs­freie Ent­gelt­ge­wäh­rung orientieren kann. Entscheidend ist, dass (1) eine konkret zu besetzende Position vorhanden ist, (2) der Amtsträger über die erforderlichen Qualifikationen für diese Position verfügt und (3) ein anderer Bewerber aus Sicht des Arbeitgebers aus sachlichen Gründen nicht vorzugswürdig ist. Eine Gehaltsanpassung soll nach der Begründung zudem zulässig sein, wenn sich das Be­triebs­rats­mit­glied auf eine Stelle in einem anderen Betrieb des Unternehmens bewirbt, das Stellenangebot aber ablehnt, um die Kontinuität der Be­triebs­rats­ar­beit zu gewährleisten. Dies überzeugt nicht, denn die Annahme des angebotenen Arbeitsplatzes wäre mit einer Beendigung des Be­triebs­rats­man­dats verbunden, da die Stelle außerhalb der Zuständigkeit des Betriebsrats liegt. Soll eine solche fiktive Beförderung nunmehr eine Anpassung der Vergütung rechtfertigen, erhält das Be­triebs­rats­mit­glied eine Ent­gelt­er­hö­hung, die mit der Fortsetzung des Be­triebs­rats­am­tes unvereinbar wäre. Dies stellt eine Begünstigung wegen des Be­triebs­rats­man­dats dar. Ausblick Die Möglichkeit kon­kre­ti­sie­ren­der Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen sollte genutzt werden, um ein transparentes Verfahren zu schaffen und die Akzeptanz zu erhöhen. Unternehmen sollten aufgrund der verbliebenen Unsicherheiten und unbestimmten Rechtsbegriffe zudem unbedingt die Rechtsprechung im Blick behalten, die in den kommenden Jahren alte und neue Unklarheiten beseitigen und offene Fragen beantworten müssen wird. Weitere Informationen zur Be­triebs­rats­ver­gü­tung finden Sie in unseren Blogs.
26/11/2024
EU-Ent­gelt­trans­pa­renz­richt­li­nie
Der Uni­ons­ge­setz­ge­ber hat im vergangenen Jahr zahlreiche Verschärfungen und zusätzliche Pflichten zur Schließung des Gender Pay Gap beschlossen. Die am 6. Juni 2023 in Kraft getretene Ent­gelt­trans­pa­renz­richt­li­nie muss vom deutschen Gesetzgeber spätestens bis zum 7. Juni 2026 umgesetzt werden. Die Richtlinie sieht unter anderem folgende Neuerungen vor:Vorgaben für die Durchführung von Be­wer­bungs­ver­fah­re­nEr­wei­ter­ter Aus­kunfts­an­spruch für Mit­ar­bei­ten­de­Infor­ma­ti­ons­pflich­ten für Ar­beit­ge­be­rEr­wei­ter­te Be­richts­pflich­ten für Ar­beit­ge­ber­Scha­dens­er­satz­an­spruch für Mit­ar­bei­ten­deSank­tio­nen für Arbeitgeber bei VerstößenDiese Änderungen lösen bereits im Jahr 2025 erheblichen Handlungsbedarf aus. Welche Vorgaben gelten im Be­wer­bungs­ver­fah­ren? Unabhängig von der Un­ter­neh­mens­grö­ße müssen bereits im Be­wer­bungs­ver­fah­ren Informationen zum Einstiegsentgelt (einschließlich variabler Ver­gü­tungs­be­stand­tei­le) oder dessen Spannbreite zur Verfügung gestellt werden. Zudem ist es untersagt, Bewerbende nach ihrem aktuellen oder vorherigen Entgelt zu fragen (auch nicht über Dritte, beispielsweise Headhunter). Worüber können Mitarbeitende zukünftig Auskunft verlangen? Mitarbeitende können Auskunft über die individuelle Entgelthöhe und die durch­schnitt­li­che Entgelthöhe der Mitarbeitenden des Unternehmens verlangen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit leisten, aufgeschlüsselt nach Geschlechtern. Arbeitgeber mit mehr als 50 Mitarbeitenden müssen diese außerdem jährlich über das Auskunftsrecht informieren und ihnen die objektiven und ge­schlechts­neu­tra­len Kriterien für die Festlegung ihres Entgelts mitteilen. Welche Be­richts­pflich­ten haben Arbeitgeber zukünftig? Arbeitgeber mit mindestens 100 Mitarbeitenden müssen regelmäßig (mit zahlreichen Auf­schlüs­se­lun­gen) über das Gender Pay Gap in Bezug auf das jeweils vorangegangene Kalenderjahr be­rich­ten:Un­ter­neh­men mit mindestens 250 Mitarbeitenden ab dem 7. Juni 2027 jähr­lich­Un­ter­neh­men mit 150 bis 249 Mitarbeitenden ab dem 7. Juni 2027 alle drei JahreUnternehmen mit 100 bis 149 Mitarbeitenden ab dem 7. Juni 2031 alle drei JahreDie Berichte sind den Mitarbeitenden, den Mit­ar­bei­ten­den­ver­tre­tun­gen und den Auf­sichts­be­hör­den zur Verfügung zu stellen und werden durch die Auf­sichts­be­hör­de veröffentlicht. Ergibt dieser Bericht eine ge­schlech­ter­be­zo­ge­ne Ent­gelt­dis­kre­panz von 5 % in einer Gruppe von Mitarbeitenden, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, ist diese Diskrepanz nicht im Einzelfall zu rechtfertigen und wird sie gleichwohl auch nicht innerhalb von sechs Monaten korrigiert, dann muss eine gemeinsame Entgeltbewertung mit der zuständigen Mit­ar­bei­ten­den­ver­tre­tung (sogenanntes „Joint Pay Assessment“) durchgeführt werden. Diese hat neben der Bewertung des Ist-Zustands auch Maßnahmen zur Beseitigung und zukünftigen Verhinderung rechtswidriger Ent­gelt­dif­fe­ren­zen vorzusehen. Was sind die Rechtsfolgen bei Verstößen? Bei ge­schlechts­spe­zi­fi­scher Ent­gelt­dis­kri­mi­nie­rung haben Mitarbeitende Anspruch auf angemessenen sowie „ab­schre­cken­den“ Schadensersatz und Entschädigung (insbesondere Nachzahlung von Festgehalt und ggf. entgangener variabler Vergütung). Ferner müssen Arbeitgeber im Streitfall nachweisen, dass eine solche ge­schlechts­spe­zi­fi­sche Ent­gelt­dis­kri­mi­nie­rung nicht vorliegt (Umkehr der Darlegungs- und Beweislast). Darüber hinaus können nicht unerhebliche Sanktionen, einschließlich empfindlicher Geldbußen bis hin zu einem Ausschluss von öffentlichen Ver­ga­be­ver­fah­ren, verhängt werden. Welche Maßnahmen sollten Arbeitgeber bereits jetzt ergreifen? Folgende Maßnahmen sollten Arbeitgeber bereits im Jahr 2025 er­grei­fen:Kon­kre­te Erhebung des Entgelts der Mitarbeitenden, einschließlich variabler Ver­gü­tungs­be­stand­tei­le (Ermittlung des Status quo)Evaluation der Rechtsgrundlagen (Tarifvertrag, Be­triebs­ver­ein­ba­rung, Arbeitsvertrag etc.)Bildung von Ver­gleichs­grup­pen zur Bestimmung, welche Mitarbeitenden gleiche oder gleichwertige Arbeit leistenPrüfung des Gender Pay Ga­pEr­for­der­li­chen­falls Anpassung der Ent­gelt­struk­tu­ren in Anwendung „objektiver und ge­schlechts­neu­tra­ler Kriterien“ sowie Wahrung der Be­tei­li­gungs­rech­te des Be­triebs­rats­Er­stel­lung von Mus­ter­do­ku­men­ten, zum Beispiel In­for­ma­ti­ons­schrei­ben für Mitarbeitende und Bewerbende, Musterschreiben an Auf­sichts­be­hör­den, Mus­ter(-Be­triebs­ver­ein­ba­rung) für die gemeinsame Ent­gelt­be­wer­tung, ggf. Anpassung der Ar­beits­ver­trä­ge, Com­pli­ance-Schu­lun­gen
26/11/2024
CSRD: Das sollten große Unternehmen jetzt beachten
Das Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren zum CSRD-Um­set­zungs­ge­setz (CSRD-UG-E) ist trotz Ablauf der Umsetzungsfrist und Einleitung eines Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­rens durch die EU-Kommission nicht abgeschlossen. Mit dem Ende der Ampel-Regierung ist zudem un­wahr­schein­lich, dass das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet wird. Auch ob es bei der im Re­gie­rungs­ent­wurf vorgesehenen 1:1-Umsetzung (mit einer wesentlichen Abweichung von der CSRD) bleibt, ist unklar. Ungeachtet dieser Unsicherheiten sind insbesondere erstmals be­richts­pflich­ti­ge Unternehmen gut beraten, die Be­richt­erstat­tung anhand der bereits vorhandenen Materialien so gut wie möglich vorzubereiten, um nach Inkrafttreten des Um­set­zungs­ge­set­zes gesetzeskonform zu berichten. Was ist vorab zu beachten? Vorab hat jedes Unternehmen zu klären, ob und wann es in den An­wen­dungs­be­reich des CSRD-UG-E fällt. Eine Berichtspflicht kann als individuelle Berichtspflicht für ein Ein­zel­un­ter­neh­men (§ 289 b Abs. 1 HGB-E) oder / und als konsolidierte Berichtspflicht für ein sogenanntes Mut­ter­un­ter­neh­men einer Un­ter­neh­mens­grup­pe (§ 315 b Abs. 1 HGB-E) bestehen. Zeitlich gestaffelt sind für ab dem 1. Januar 2024 beginnende Geschäftsjahre insbesondere (Mut­ter-)Un­ter­neh­men verpflichtet, die bilanzrechtlich groß sowie ka­pi­tal­markt­ori­en­tiert sind und im Jah­res­durch­schnitt mehr als 500 Mitarbeitende beschäftigen. Für ab dem 1. Januar 2025 beginnende Geschäftsjahre fallen auch alle anderen bilanzrechtlich großen (Mut­ter-)Un­ter­neh­men in den An­wen­dungs­be­reich. In den darauffolgenden Geschäftsjahren werden auch ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­te KMU und im Anschluss Dritt­staa­ten-(Mut­ter-)Un­ter­neh­men mit inländischen Toch­ter­un­ter­neh­men oder Zweig­nie­der­las­sun­gen und einer relevanten EU-Wirt­schafts­tä­tig­keit verpflichtet. Besteht eine Berichtspflicht, kann gleichwohl eine Befreiung von dieser in Betracht kommen, wenn die Gruppe entscheidet, einen konsolidierten Nach­hal­tig­keits­be­richt durch ein anderes EU-Mut­ter­un­ter­neh­men oder ein Dritt­staa­ten-Mut­ter­un­ter­neh­men (§ 289 b Abs. 2 / Abs. 3 HGB-E bzw. § 315 b Abs. 2 / Abs. 3 HGB-E) zu erstellen und das Toch­ter­un­ter­neh­men hier zu inkludieren. Was sollte der erste Schritt auf dem Weg zur Be­richt­erstat­tung sein? Damit ein Unternehmen den Be­richts­pflich­ten nachkommen kann, ist zunächst eine Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie festzulegen und im Rahmen des gesetzlichen Spielraums zu entscheiden, welche konkreten Nach­hal­tig­keits­in­for­ma­tio­nen offengelegt werden. Dies ist für jedes Unternehmen individuell zu erarbeiten. Eine Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie formuliert Nach­hal­tig­keits­zie­le, legt Prioritäten und Meilensteine für deren Erreichung fest, definiert die diesbezügliche Ri­si­ko­be­reit­schaft und bettet dies in die gesamte Un­ter­neh­mens­stra­te­gie ein. Ausgangspunkt für die Strategie bildet die im CSRD-UG-E und den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) verankerte sogenannte doppelte We­sent­lich­keits­ana­ly­se: Zu bewerten ist, welche Nach­hal­tig­keits­aspek­te sich wesentlich auf das Unternehmen auswirken und welche wesentlichen Auswirkungen dessen Ge­schäfts­tä­tig­keit auf die Gesellschaft und die Umwelt hat. Vorgeschaltet ist eine Stake­hol­der-Ana­ly­se, mit der deren Bedeutung für das Unternehmen sowie deren Interessen festgestellt werden. Zur Umsetzung einer ganzheitlichen Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie sind weitere Schritte erforderlich, wie beispielsweise interne Richtlinien, die Etablierung in die Pro­zess­land­schaft und nicht zuletzt die Förderung einer entsprechenden Un­ter­neh­mens­kul­tur. Was ist bei der praktischen Umsetzung besonders wichtig? Eine Umsetzung des CSRD-UG-E erfordert eine Aus­ein­an­der­set­zung mit der ESG-Governance: Es müssen klare Ver­ant­wort­lich­kei­ten und Berichtslinien für die gesamte „Pro­zess­ket­te“ der Be­richt­erstat­tung geschaffen werden, von der Ebene der Ge­schäfts­lei­tung bis zur operativen Ebene in allen betroffenen Un­ter­neh­mens­be­rei­chen. Insoweit ist zudem zu klären, ob neue personelle Ressourcen erforderlich sind und ob die bisherigen finanziellen Mittel ausreichen. Des Weiteren sollte vor allem bei den erstmals be­richts­pflich­ti­gen Unternehmen vor dem Hintergrund der Regelungsdichte des CSRD-UG-E dem Thema „Capacity Building“ eine große Bedeutung beigemessen werden. Hier gilt es, zum einen Trainings für die operativen Einheiten zu gewährleisten und zum anderen Ausbildungs- und Fort­bil­dungs­maß­nah­men der Ge­schäfts­lei­tungs- und Über­wa­chungs­or­ga­ne zu etablieren, um ein angemessenes Qua­li­fi­ka­ti­ons­ni­veau sicherzustellen. An welche Themen ist bei der Umsetzung auch zu denken? Um eine effiziente und res­sour­cen­scho­nen­de Implementierung von Nach­hal­tig­keits­the­men zu fördern, sollte geprüft werden, inwieweit bestehende Governance-, Risk- und Com­pli­ance-Struk­tu­ren genutzt werden können und das Nach­hal­tig­keits­sys­tem in diese integriert werden kann. Par­al­lel­struk­tu­ren ohne Schnittstellen sollten vermieden werden. Die gesetzeskonforme Erstellung eines Nach­hal­tig­keits­be­richts erfordert die Erhebung, Speicherung und Bereitstellung einer Fülle von Daten und Informationen. Vor allem Unternehmen, die erstmals einen Nach­hal­tig­keits­be­richt erstellen, sollten unverzüglich nach Durchführung der doppelten We­sent­lich­keits­ana­ly­se mit einer strukturierten Sammlung der relevanten Daten im Unternehmen beginnen, entsprechende Systeme aufsetzen und Berichtswege definieren, um die Verfügbarkeit sowie die Qualität der Daten zu gewährleisten. Welche besonderen Her­aus­for­de­run­gen birgt das CSRD-UG-E? Da die CSRD und das CSRD-UG-E in vielerlei Hinsicht Neuland betreten, begegnen Unternehmen trotz der Granularität vieler Regelungen an anderer Stelle Her­aus­for­de­run­gen: So stellt sich beispielsweise die Frage, wie die vorgesehene Ar­beit­neh­mer­be­tei­li­gung zu erfolgen hat. Auch im Rahmen der Kon­so­li­die­rungs­op­tio­nen sind Detailfragen noch ungeklärt. Im gesamten Prozess empfiehlt es sich daher, frühzeitig die Abstimmung mit der zuständigen Prüferin oder dem zuständigen Prüfer vorzunehmen; dies umso mehr vor dem Hintergrund, dass insoweit bisher noch keine etablierte Praxis gegeben ist. 
26/11/2024
Zunehmende Anforderungen an CO2-Compliance
Auch 2025 bleibt es für viele Unternehmen weiterhin relevant, die regulatorischen Vorgaben zur Verminderung von Treib­haus­gas­emis­sio­nen zu beachten. Es stehen zahlreiche Neuerungen an, die übergreifend dem Ziel zugeordnet werden können, die CO2-Emissionen in der EU zu reduzieren:Durch die Reform des EU-Emis­si­ons­han­dels kommen 2025 neue Verpflichtungen auf Unternehmen zu. Beim CO2-Grenz­aus­gleichs­me­cha­nis­mus (CBAM) müssen Unternehmen sich auf die Bepreisungsphase vorbereiten. Mit dem neuen Emissionshandel EU-ETS 2 müssen regulierte Unternehmen bis Mitte 2025 einen Emissionsbericht für das vergangene Jahr vorlegen. CBAM: ab 2025 Anmeldung im CBAM-Register 2023 hat die EU den CO2-Grenz­aus­gleichs­me­cha­nis­mus eingeführt. Ziel ist es, dem EU-Emis­si­ons­han­dels­sys­tem (EU-ETS) unterliegende Industrien in Europa vor einem unfairen Preisdruck zu schützen und Carbon Leakage zu verhindern. Durch CBAM unterliegen aus Drittstaaten importierte Produkte der Grundstoffe Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel, Wasserstoff und Strom zukünftig der gleichen CO2-Bepreisung wie in der EU hergestellte Produkte. Die Zuteilung kostenloser Emis­si­ons­zer­ti­fi­ka­te endet bis 2034. Noch läuft die Erprobungsphase, während derer zwar Quar­tals­be­rich­te, aber keine Zertifikate abzugeben sind. Ab 2026 müssen CBAM-Zertifikate abgegeben werden, deren Preis sich nach dem Preis der Zertifikate des EU-ETS richtet. Auf den Start der Bepreisungsphase zum 1. Januar 2026 sollten sich Unternehmen daher im Jahr 2025 vorbereiten und sich beispielsweise rechtzeitig als zugelassener CBAM-Anmelder registrieren. Die Zulassung ist ab diesem Zeitpunkt Voraussetzung für den Import von CBAM-Waren aus Drittstaaten. Daneben gibt es 2025 auch bereits Neuerungen: Die zu meldenden Emissionen müssen schon ab 2025 nach der in Anhang IV CBAM-Verordnung definierten Methodik, der sogenannten EU-Methode, berechnet werden. Die bislang zugelassenen vereinfachten Be­rech­nungs­me­tho­den sind dann nicht mehr erlaubt und Standardwerte sind nur noch für 20 % an komplexen Waren gestattet. TEHG-Entwurf: neue Be­richts­pflich­ten für den EU-ETS Nachdem die EU-Emis­si­ons­han­dels­richt­li­nie bereits 2023 novelliert wurde und die EU-Kommission wegen verspäteter Umsetzung der Richtlinie ein Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­ren gegen die Bundesrepublik eingeleitet hat, liegt seit dem 11. Oktober 2024 ein Re­gie­rungs­ent­wurf (TEHG-Eu­ro­pa­rechts­an­pas­sungs­ge­setz 2024) vor, der die Neuerungen des europäischen Emissionshandels ins deutsche Recht umsetzen soll. Das Treib­haus­gas-Emis­si­ons­han­dels­ge­setz (TEHG) wird novelliert und das Brenn­stoff­emis­si­ons­han­dels­ge­setz (BEHG) angepasst. Das TEHG gilt im Wesentlichen für Anlagen der En­er­gie­wirt­schaft und der en­er­gie­in­ten­si­ven Industrie. Im BEHG ist bisher ein vom europäischen Emissionshandel unabhängiger nationaler, ausschließlich in Deutschland geltender Emissionshandel für weitere Sektoren geregelt. Die im Re­gie­rungs­ent­wurf umgesetzten Änderungen umfassen einerseits Anpassungen am EU-ETS im Bereich stationärer Anlagen und des Luftverkehrs sowie die Einbeziehung des Seeverkehrs in den EU-ETS. So werden etwa ab dem 1. Januar 2025 Luft­fahr­zeug­be­trei­ber verpflichtet, zusätzlich sogenannte Nicht-CO2-Ef­fek­te zu ermitteln und zu melden. Auch auf Schiff­fahrts­un­ter­neh­men kommen zusätzliche Be­richts­pflich­ten zu. EU-ETS 2: Tätigwerden bereits ab 2025 erforderlich Die EU-Emis­si­ons­han­dels­richt­li­nie sieht außerdem ein neues Emis­si­ons­han­dels­sys­tem vor (sogenannter EU-ETS 2). Dieses umfasst insbesondere die Sektoren En­er­gie­wirt­schaft, verarbeitendes und Baugewerbe, Verkehr (Straße, Schiene und nicht­ge­werb­li­cher Schiffs- und Flugverkehr), Gebäudeheizung sowie Land- und Forstwirtschaft. Inverkehrbringer von Brennstoffen sind zur Teilnahme verpflichtet. Der EU-ETS 2 ist damit strukturell vergleichbar mit dem in Deutschland bereits bestehenden BEHG, das zukünftig obsolet wird, soweit die Verpflichteten vom EU-ETS 2 erfasst sind. Auch wenn die Pflicht zur Abgabe von Emis­si­ons­zer­ti­fi­ka­ten nach dem EU-ETS 2 erst ab dem 1. Januar 2028 für das Berichtsjahr 2027 vorgesehen ist, bestehen schon für 2025 erste Be­richts­pflich­ten. So muss bereits ab 2025 für jede Handelsperiode ein Über­wa­chungs­plan eingereicht werden. Außerdem muss bereits zum 30. April 2025 ein Bericht über die 2024 verursachten Emissionen übermittelt werden. In der Übergangsphase 2025 und 2026 können damit für Verpflichtete sowohl Be­richts­pflich­ten aus dem BEHG als auch aus dem neuen EU-ETS 2 bestehen. Weitere CO2-Com­pli­ance-Re­gu­lie­run­gen in Aussicht Die Regulierung kli­ma­schäd­li­cher Emissionen wirkt sich weiterhin stark auf Unternehmen aus. Auch abseits des Emissionshandels sind im Rahmen der CO2-Compliance Änderungen zu erwarten. So sieht etwa die EU-Net­to-Null-In­dus­trie Verordnung – unter direkter Verpflichtung von Öl- und Gasproduzenten – den rasanten Aufbau einer europäischen Infrastruktur zur geologischen Speicherung von CO2 (CCS) vor. Der sich im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren befindende Entwurf der Novelle des Koh­len­di­oxid-Spei­che­rungs­ge­set­zes soll den Rechtsrahmen dafür in Deutschland schaffen – laut einem gemeinsamen Appell von In­dus­trie­ver­bän­den, Gewerkschaften und NGOs unbedingt noch vor den Neuwahlen.
26/11/2024
Sorg­falts­pflich­ten in Lieferketten
Nach dem Lie­fer­ket­ten­sorg­falts­pflich­ten­ge­setz (LkSG) müssen große deutsche Unternehmen Maßnahmen zur Feststellung und Vermeidung men­schen­recht­li­cher und umweltbezogener Risiken ergreifen und darüber jedes Jahr öffentlich berichten. Versuche, das LkSG wegen des damit verbundenen Aufwands aufzuheben, sind im Bundestag bislang gescheitert. Änderungen der LkSG-Be­richts­pflicht Änderungen gibt es jedoch bei der Berichtspflicht: Verspätete Berichte werden bis zum 31. Dezember 2025 vom BAFA nicht sanktioniert. Grund dafür ist der Entwurf des Durch­füh­rungs­ge­set­zes zur EU-Richtlinie für Nach­hal­tig­keits­be­richt­erstat­tung (CSRD), wonach Unternehmen den LkSG-Bericht durch den CSRD-Bericht ersetzen können. Die Entwicklungen des Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­rens sollten LkSG-pflichtige Unternehmen daher im Auge behalten – es wird zügig voranschreiten, da die Frist zur Umsetzung der CSRD abgelaufen ist und die EU-Kommission gegen Deutschland ein Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­ren eingeleitet hat. Risikoanalyse und Grund­satz­er­klä­rung im Visier des BAFA Das BAFA hat Unternehmen bislang im Hinblick auf den An­wen­dungs­be­reich, das Risikomanagement und das Be­schwer­de­ver­fah­ren geprüft. In 2025 werden sich die Aus­kunfts­er­su­chen voraussichtlich auf die Risikoanalyse und die Grund­satz­er­klä­rung konzentrieren. Nach unserer Einschätzung hat das BAFA die Einhaltung der Sorg­falts­pflich­ten bisher zwar detailliert geprüft, ist dabei aber in der Regel mit Augenmaß vorgegangen. Es ist zu erwarten, dass die Aus­kunfts­er­su­chen zur Risikoanalyse dennoch für viele Unternehmen zur Herausforderung werden, da es sich um einen komplexen Prozess mit rechtlichen Unklarheiten handelt. Die neue Prüfungswelle wird zeigen, welche Anforderungen das BAFA an Risikoanalyse und Grund­satz­er­klä­rung stellt – und damit mehr Rechtssicherheit bringen. Erleichterungen des LkSG können gegen EU-Recht verstoßen Ob die von der inzwischen gescheiterten Ampel-Koalition angekündigte Wachs­tums­in­itia­ti­ve und damit die drastische Reduzierung der Zahl der LkSG-pflichtigen Unternehmen noch kommt, bleibt abzuwarten, erscheint aber unwahrscheinlich – zumal die EU-Lie­fer­ket­ten­richt­li­nie (CSDDD) ein sogenanntes Ver­schlech­te­rungs­ver­bot enthält, wonach die Richtlinie den Mitgliedstaaten nicht als Rechtfertigung dafür dienen darf, das nationale Schutzniveau für Menschenrechte und Umwelt abzusenken. Änderungen durch die CSDDD Aufgrund der CSDDD muss der deutsche Gesetzgeber bis zum 26. Juli 2026 das LkSG anpassen. Dazu muss ein erster Än­de­rungs­ent­wurf zeitnah erstellt werden, der unter anderem folgende wesentliche Unterschiede zwischen LkSG und CSDDD be­rück­sich­tigt:Die CSDDD erfasst mehr men­schen­recht­li­che und umweltbezogene Risiken als das geltende LkSG. Die Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern wird durch einen stärker risikobasierten Ansatz für alle Zulieferer ersetzt. Die Unternehmen müssen daher ihre vorgelagerten Lieferketten vollständig im Blick haben. Der Umfang der nachgelagerten Lieferketten bleibt dagegen nahezu unverändert. Alle Unternehmen – nicht wie bisher nur Ober­ge­sell­schaf­ten – müssen die Sorg­falts­pflich­ten auch in ihren Toch­ter­ge­sell­schaf­ten ausrollen. Betroffene Personen sind in die Sorg­falts­maß­nah­men ein­zu­be­zie­hen.Über die Sorg­falts­pflich­ten hinaus müssen Unternehmen künftig einen Klimaplan im Hinblick auf die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C erstellen und umsetzen. Diese Pflicht ist allerdings auch in der CSRD vorgesehen, sodass der Klimaplan für viele Unternehmen keine zusätzliche Aufgabe darstellen wird. Besonders groß sind die Unterschiede auf der Rechts­fol­gen­sei­te: Die Höchstgrenze des Bußgeldes für einen Verstoß gegen die Sorg­falts­pflich­ten muss künftig mindestens 5 % – statt derzeit 2 % – des weltweiten Umsatzes betragen. Zudem führt die Richtlinie eine zivilrechtliche Haftung ein und sieht die Ver­öf­fent­li­chung behördlicher Entscheidungen über Bußgelder vor (sogenanntes „naming and shaming“). Unternehmen sollten frühzeitig prüfen, welche Gesellschaften der Gruppe – innerhalb und außerhalb der EU – in den An­wen­dungs­be­reich der CSDDD fallen oder indirekt betroffen sind, da sie Toch­ter­ge­sell­schaf­ten oder Zulieferer von CSDDD-pflich­ti­gen Unternehmen sind. So können sie rechtzeitig entscheiden, ob Sorg­falts­pflich­ten konzernweit einheitlich erfüllt werden sollen, und entsprechende Vorbereitungen treffen. Neue produktbezogene Lie­fer­ket­ten-Sorg­falts­pflich­ten in 2025 Im kommenden Jahr treten zudem produktbezogene Lie­fer­ket­ten-Sorg­falts­pflich­ten in Kraft: Die Sorg­falts­pflich­ten der Bat­te­rie­ver­ord­nung (ab 18. August 2025) und der Ent­wal­dungs­ver­ord­nung (EUDR), deren Anwendungsbeginn voraussichtlich auf den 30. Dezember 2025 verschoben wird. In beiden Fällen sollten betroffene Unternehmen die kommenden Monate zur Vorbereitung nutzen. Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit am Horizont Etwas mehr Zeit bleibt zur Vorbereitung auf die am 19. November vom Rat der EU final beschlossene Verordnung zum Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit (EUFLR), die in drei Jahren anwendbar ist. Gleichwohl empfiehlt sich, die Verordnung bereits jetzt zu be­rück­sich­ti­gen, etwa bei langfristigen Verträgen oder Risikoanalysen, da es meist lange dauert, einen Einblick in die gesamte Lieferkette zu erhalten. Ähnlich wie die EUDR regelt die EUFLR im Kern ein Verkaufsverbot: Stellt die Behörde fest, dass das Produkt oder einer seiner Bestandteile in Zwangsarbeit hergestellt wurde, muss dieses vom Markt genommen oder darf nicht in die EU eingeführt werden. Neue Sorg­falts­pflich­ten begründet die EUFLR zwar nicht. Wer aber die bestehenden Sorg­falts­pflich­ten in Bezug auf Zwangsarbeit (zum Beispiel nach LkSG / CSDDD) umsetzt, erhöht seine Chancen, die Behörde im Falle einer Untersuchung davon zu überzeugen, dass kein Zwangs­ar­beits­ri­si­ko besteht.
26/11/2024
2025 - Themen, die Sie bewegen werden
Das Jahr 2024 war herausfordernd für Unternehmen in Deutschland. Zahlreiche rechtliche Neuerungen mit hohem Um­set­zungs­auf­wand, (geo-)politische Unsicherheiten und die wirtschaftliche Entwicklung forderten alle Branchen. Zudem lassen aktuelle internationale Entwicklungen, wie der Ausgang der Prä­si­dent­schafts­wahl in den USA, für das Jahr 2025 Änderungen in der Zollpolitik und steigende Kosten im Handel erwarten. Das Ende der Ampel-Regierung hat weitreichende Auswirkungen. Viele Ge­setz­ge­bungs­vor­ha­ben werden vor der Neuwahl voraussichtlich nicht mehr abgeschlossen und das Fehlen eines Haus­halts­ge­set­zes für das Jahr 2025 wirkt sich u.a. auf staatliche Förderungen von De­kar­bo­ni­sie­rungs­vor­ha­ben für emis­si­ons­in­ten­si­ve Industrien aus. Gleichzeitig gilt es weiterhin, die Folgen der fortschreitenden Digitalisierung, des Einsatzes von künstlicher Intelligenz und des Umgangs mit Daten zu meistern und zunehmende Trans­pa­renz­pflich­ten umzusetzen. Das Jahr 2025 fordert Weitsicht, Innovationskraft und Optimismus. Wir unterstützen Sie dabei, Chancen früh zu erkennen, potenzielle Risiken realistisch einzuschätzen und Rechtssicherheit für Ihr Unternehmen zu schaffen. Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit Ihnen Ihre Her­aus­for­de­run­gen zu meistern und danken für Ihr Vertrauen und die erfolgreiche Zusammenarbeit.